Ganz vorne Formel 1-Legende Michael Schumacher, daneben sein Bruder Ralf. Hinter dem schnellen Bruderpaar Nick Heidfeld. Die Startaufstellung zum Großen Preis von... Nein, diesmal nicht. Das Auftragsbuch von Jens Munser liest sich wie das Starterfeld der Königsklasse des Motorsport. Was Rang und Namen im Motorsport hat, trifft sich bei Jens Munser in Salzgitter.
Erste Helmlackierung trocknete in Mutters Backofen
Der gelernte Funkelektroniker Munser veredelt mit detaillierter Perfektion und mühevoller Handarbeit die schützenden Rennhelme der meisten Star-Piloten. "Besonders fasziniert mich die Kombination von Design und Motorsport", schwärmt der 36-jährige von der individuellen Lack-Kunst. Doch nicht immer gaben sich Schumi und Co die Klinke bei Munser in die Hand. Der Anfang war klein. Im Keller der Eltern begann der damalige Motocross-Pilot seinen eigenen Kopfschutz zu verschönern. "Mit der Airbrush-Pistole habe ich die Helme wie bei professionellen Werksfahrern lackiert und danach in Mamas Backofen getrocknet." Das war 1989.
Munsers originelle Helmmuster fielen auf und kamen bei den Motorradkollegen gut an. Aus dem malerischen Hobby wurde ein ernster Nebenverdienst. Die Nachfrage wuchs, die Freizeitbeschäftigung verlief immer professioneller. 1993 entwickelte sich die kreative Lackarbeit zum Hauptberuf. Gründung der Firma "Jens Munser Designs - JMD". Rund 400 Helme wollen heute im Jahr gestylt werden. Das verlangt nach helfender Unterstützung. Neben Meister Munser kreieren und sprühen vier festangestellte Mitarbeiter und drei weitere Aushilfen für JMD.
Auch Schumi schwört auf die perfekte Lackkunst
Seit 2001 schwört auch Rekord-Champion Michael Schumacher auf die schillernden Künste aus Salzgitter. Nicht nur die perfekte Kurvenfahrt zählt für den deutschen Rennheld aus Kerpen. "Ein absoluter Perfektionist. Auch beim Design geht er keine Kompromisse ein. Einmal hat Michael mich sogar auf dem Handy angerufen, um noch etwas zu ändern. Da war ich grad im Baumarkt", erzählt Munser, während er den Kohlefaser-Kopfschutz des siebenfachen Weltmeisters begutachtet.
Neben der feuerroten Lackierung zieren unter anderem zwei Drachen und vier chinesische Schriftzeichen den Kopfschutz des Ferrari-Piloten. "Die Schriftsymbole stehen für die Namen von seiner Frau Corinna und seinen beiden Kindern Gina Maria und Mick." Doch Design um jeden Preis kommt bei Schumacher nicht in Frage. "Das Gewicht der Lackierung war Michael besonders wichtig. Mehr als 25 Gramm durften es nicht sein." Normal sind 100 Gramm Lackschwere. "Früher habe ich immer geträumt, für Michael Schumacher zu lackieren. Schade, dass er nach dieser Saison aufhört", erinnert sich der Lackmeister zurück. Doch noch ist Schumi der beste Kunde von Munser. "Zwölf Einsatzhelme habe ich ihm für diese Saison lackiert. Ein Helm wird nur für zwei bis drei Rennen verwendet." Ferrari-roter Großeinsatz auch am Saisonende. 180 Helme im Schumacher-Look verschenkt der Formel-Champ als besonderes Präsent.
Design-Evolution: "Wer rastet, der rostet"
Während des Formel 1-Winterschlafs und der Motorsport-Pause fließt der Lack bei Munser in Strömen. "Ab Dezember geht es hier richtig rund. Dann stehen die neuen Lackierungen für die nächste Saison an." Wer rastet der rostet. Eine Helmbemalung wird meist nur eine Saison von den Lenkrad-Stars gefahren. Das Design wird ständig weiter entwickelt. Doch auch während der Rennsport-Jahreszeit steht die Lackpistole bei JMD nur selten still. Neben Michael Schumacher entwirft Munser auch das Muster für zehn weitere F1-Piloten, die deutsche Wüstenfahrerin Jutta Kleinschmidt und zahlreiche Tourenwagen-Rennprofis.
Die überraschendsten Aufträge kommen aber aus der Formel 1. "Manchmal kam ein Anruf am Abend und morgens war der Helm fertig. Der wurde dann schnell zum Grand Prix nachgeflogen." Lack-Express à la Munser für die Königsklasse. Und das in höchster Perfektion. Damit die edle Beschichtung auch Steinschläge und Mücken im Tiefflug bei über 300 Kilometer pro Stunde Stand hält, werden spezielle feuerfeste Acryl-Lacke verwendet. Diese sind flexibler und verhindern das Abplatzen. "Beim Wüstenrennen in Bahrain werden die Helme nahezu gesandstrahlt. Die Oberfläche leidet hier ganz besonders und der Lack wird matt." Malerische Nachtschichten sind vorprogrammiert.
Nichts ist unmöglich
Der Manufakturcharakter, wie einst im heimischen Keller, ist trotz der vollen Auftragsbücher jedoch geblieben. Jede Helmlackierung ist ein eigenes Kunstwerk. Und das schillernde Glanzstück ist in der Rennwelt sehr wichtig. Besonders in der vermarkteten Formel 1-Welt, mit fast flächendeckenden Werbebannern auf Hightech-Boliden und Fahrer-Overalls im Litfasseulen-Look, bieten Helme die einzige Fläche für individuelle Wünsche der rasenden Helden. Ein kleiner Platz für den Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und des Charakters.
Die persönliche Bemalung dient aber auch als Erkennungszeichen. Meist ist das farbliche Design des Helms einprägsamer und bekannter als der wahre Kopf hinter dem Visier. "Das Design hat sich über die Jahre sehr verändert. Vor zehn Jahren hatten die meisten Helme nur drei farbliche Streifen. Heute sind Flammen besonders angesagt", erzählt Profi-Sprayer Munser über die Vorlieben seiner Kunden. Nichts ist unmöglich. "Neulich hab ich mal einen kompletten Helm im Sonnenblumenmuster verziert."