"Die Höhle der Löwen" Freibeik advanced aus DHDL: Hilfe, mein Sattel wackelt! Ist das gesund?

Die Höhle der Löwen: Freibeik advanced montiert an einem Mountainbike
Um bis zu 15 Grad soll sich der Sattel auch auf dem Freibeik advanced Gelenk in jede Richtung neigen. Klingt komisch und fühlt sich erstmal ungewohnt an. Das DHDL-Produkt im stern-Check.
© Jan Sägert / stern.de
Mit einem beweglichen Sattelgelenk will eine Familie aus Bremen den Radmarkt erobern. Freibeik kippt den Sattel beim Fahren um bis zu 15° in jede Richtung. Wofür das gut sein soll? Haben wir uns auch gefragt. Freibeik im stern-Check.

Millionen Deutsche schwingen sich jeden Tag auf ihr Bike. Viele radeln ins Büro, manche zum Supermarkt und immer mehr Menschen treten in die Pedale, um fit zu bleiben. Egal ob mit oder ohne Akku an Bord. Egal ob Hobbyradler oder Radsportler: Radfahren ist gesund. Davon ist auch Iris-Sabine Langstädtler überzeugt. Im Leben der 59-jährigen Bremerin dreht sich beinahe alles ums Bike. Mit ihrem Mann Matthias führt sie das Zweiradgeschäft "Bikes & Wheels" in der Hansestadt. Und wurde von Kunden dort immer wieder auf ein Thema angesprochen. "Eines der Hauptanliegen sind Probleme mit dem Sattel", berichtet Langstädtler. "Viele klagen über Rückenschmerzen oder darüber, wie unbequem sie auf dem Rad sitzen." Und genau diesem Problem nahm sich die Einzelhandelskauffrau vor vor einigen Jahren an. "Sattel sind fest auf der Sattelstütze montiert. Diese Starrheit lässt keine Bewegung des Rückens zu", erläutert sie. Ihre zweite große Leidenschaft, das Reiten, brachte Langstädtler auf die zündende Idee.

Wer einmal auf dem Rücken eines Pferdes gesessen hat, kann zumindest erahnen, was die Erfinderin von Freibeik meint. Sie vertiefte sich also in die Welt der Biomechanik und übertrug die Beweglichkeit und Dynamik beim Reiten auf ein Tool, das genau diese Vorzüge auch beim Radfahren bieten soll. Dieses Tool taufte sie Freibeik (Hinweis: Mittlerweile wird das Sattelgelenk unter dem Namen "Freibeik advanced" verkauft. Der Clou: Langstädtler montierte auf eine gewöhnliche Sattelstütze ein rundum bewegliches Sattelgelenk mit  einer ebenso gewöhnlichen Sattelaufnahme. In der VOX-Gründershow "Die Höhle der Löwen" kämpfte sie am 2. Mai 2022 mit ihrer Tochter Carmen um die Gunst der Investoren und knapp 200.000 Kapital.

In einer Pressemitteilung hat die freibeik GmbH am 17. Juni 2022 alle "freibeik"-Sattelgelenke zurückgerufen. Demnach bestand die Gefahr, dass das Sattelgelenk brechen und Nutzer:innen mit dem Rad stürzen könnten. Ursache hierfür waren offenbar Lufteinschlüsse, zu denen es in einzelnen Fällen im Alugussteil des Sattelgelenks gekommen sein könnte. Seit Mai 2023 ist Freibeik advanced auf dem Markt, das mit einem neuen Produktionsverfahren gefertigt wird. 

Wir haben Freibeik (und Freibeik advanced) montiert und sind für einen Praxistest aufs Mountainbike gesprungen. Wie fühlt sich das Fahren mit einem wackligen Sattel an?

Unboxing: Der erste Eindruck

Freibeik aus DHDL: Die Box und der Inhalt
Insgesamt zehn große und kleine Teile fallen beim Auspacken aus der Freibeik-Verpackung. Dazu gibt's eine Gebrauchsanleitung in fünf Sprachen.
© Jan Sägert / stern.de

Öffnet man den Karton liegen darin zunächst nur drei Teile, nämlich die Sattelstütze mit dem beweglichen Gelenk sowie zwei Hülsen, mit denen das Sattelrohr an den Durchmesser von Freibeik angepasst werden kann. Dazu kommt die Gebrauchsanleitung. Wer die zum Montieren aufschlägt und sich einen 13er Maulschlüssel oder Ratsche mit entsprechender Stecknuss bereit legt, ist fürs Erste auf der sicheren Seite.

So montieren Sie das Freibeik (advanced) Sattelgelenk Schritt für Schritt:

  1. Bisherige Sattelstütze ausbauen und Sattel abschrauben.
  2. Mutter und Bolzen vom Freibeik-Sattelgelenk lösen und alle Einzelteile abnehmen.
  3. Neue Sattelaufnahmen an der Sattelunterseite ansetzen und aufs Freibeik-Gelenk schieben.
  4. Sattelfixierungen aufsetzen, mit Achsbolzen, Federring und Mutter zunächst locker anziehen.
  5. Sattelstütze ins Sattelrohr einsetzen und mindestens bis zur Markierung 9 nach unten schieben. Je nach Durchmesser des Sattelrohrs mit einer mitgelieferten Reduzierhülse arbeiten.
  6. Position des Sattels feinjustieren und Achsbolzen samt Mutter fest anziehen (Richtwert 20 Nm)

Das Auspacken, Lesen und Montieren dauerte bei uns nur wenige Minuten. Die Anleitung ist leichtverständlich und selbst unerfahrenen Bike-Schraubern dürfte dieser kleinen Eingriff in überschaubarer Zeit gelingen. Das Freibeik-Sattelgelenk ist 340 mm lang und wiegt 860 Gramm. Ein kleiner Wermutstropfen für alle, die ihr Bike jeden Tag die Kellertreppe nach oben wuchten müssen. Warum? Handelsübliche Alu-Sattelstützen schlagen nur mit etwa 250 Gramm zu Buche. Alu wurde beim Freibeik-Sattelgelenk zwar auch verbaut. Zusätzlich besteht es laut Produktbeschreibung aber aus Edelstahl, Stahl und Polyurethan. Das erklärt das Mehrgewicht. Insgesamt ist der erste Eindruck durchaus positiv. Das Freibeik-Sattelgelenk ist sauber verarbeitet, kommt in edlem Schwarz mit feiner Gravur. Die Montage ist kinderleicht. In unserem Fall half eine der ebenfalls hochwertigen Reduzierhülsen, um die Stütze ans Sattelrohr anzupassen. So viel zum Vorspiel.

Freibeik aus DHDL im Test: Blick unter das Gelenk
Hinter den vier Schrauben versteckt sich das kleine Geheimnis von Freibeik. Vermutlich eine Art Kugelgelenk, das dem Sattel und damit auch der Hüfte mehr Bewegungsspielraum bietet.
© Jan Sägert / stern.de

Aufsitzen: Der Test

Gleich vier Versprechen springen uns beim Blick auf die Verpackung vom Freibeik ins Auge. Und genau darauf haben wir das Tool auf einer Testrunde mit einem Alltags erprobten und bestens eingefahrenen Mountainbike untersucht. 

  1. Freie Hüftbewegung beim Fahren | Durch das bewegliche Gelenk direkt unter dem Sattel kippt der Sitz um bis zu 15° in jede Richtung. Das fühlt sich zunächst etwas merkwürdig und ungewohnt an. Schon beim normalen Treten mit etwas höherer Trittfrequenz ist das leichte Hin- und Herkippen des Sattels spürbar. Und mit zunehmender Zeit durchaus angenehm. Denn subjektiv schluckt das Gelenk auch kleine Wellen und Schläge. Je nach Sitzposition oder Kurvenlage des Fahrers/ der Fahrerin tariert Sattel seine Stellung aus. Und zwar erstaunlich präzise und ausgewogen. Kurzum: Die Hüfte wird vom Sattel nicht blockiert, sondern permanent freigegeben. 
  2. Größere Beweglichkeit erweitert den Sichtfeld | Dieser Punkt ergibt sich aus den eben genannten Eindrücken. Um wieviel Grad sich das Sichtfeld zum Beispiel beim wichtigen Schulterblick tatsächlich vergrößert, konnten wir nicht ermitteln. Dass die Hüftdrehung beim Sicherheitsblick nach hinten durch das leichte Kippen des Sattels zumindest etwas weniger schwer fällt, würden wir aber so unterschreiben.
  3. Erleichtert den Schulterblick und entlastet den Halsbereich | Wie erwähnt, reagiert die Hüfte beim Blick nach hinten tatsächlich etwas drehfreudiger. Das wirkt sich womöglich auf Dauer auch positiv auf den Hals- und Nackenbereich aus. Medizinisch belegen können wir das aber nicht. Noch ein Hinweis zum Schulterblick: Schaut man über die rechte Schulter nach hinten neigt sich der Sattel wegen der Gewichtsverlagerung leicht nach links und umgekehrt.
  4. Erhöht die Aktivität der schrägen Bauchmuskulatur | Auch hier können wir mit Mutmaßungen anstellen. Durch die größere Bewegungsfreiheit sollen die seitlichen Bauchmuskeln beim Fahren mit dem Freibeik-Sattelgelenk mehr gefordert und damit trainiert werden als sonst. Das klingt aus unserer Sicht durchaus plausibel. Kann nach einer knapp einstündigen Testfahrt aber weder bestätigt, noch widerlegt werden. 

Absteigen: Das Fazit

Freibeik aus DHDL im Test: Die montierte Sattelstütze von hinten aufgenommen
Freibeik unterscheidet sich von einer gewöhnlichen Sattelstütze vor allem durch das massive Zwischenstück direkt unter dem Sattel.
© Jan Sägert / stern.de

Als Revolution wollen wir die Erfindung von Iris-Sabine Langstädtler hier nicht abfeiern. Das ist uns etwas zu hoch gegriffen. Dennoch: Freibeik hat sich in unserem Test glänzend geschlagen. Vom Aufbau bis zum Absitzen. Das Tool ist selbst für ungeübte Schrauber leicht zu montieren, ausgezeichnet gearbeitet und macht das, was die Gründer versprechen. Jedenfalls soweit wir das im Rahmen des Tests verifizieren konnten. In den ersten Minuten fühlt sich das Fahren etwas ungewohnt an, doch der Sattel wackelt nicht, sondern neigt sich je nach Gewichtsverlagerung leicht nach rechts, links, vorn oder hinten. Präzise und feinfühlig. Wir haben uns sehr schnell an die neue Hüftfreiheit gewöhnt und empfanden das leichte Kippeln nie als störend. Bei einem angemessenen Preis ist das Freibeik Sattelgelenk vor allem für Radfahrer:innen mit Rückenbeschwerden, aber auch solchen, die im Sitzbereich häufiger mit Taubheit oder Scheuerstellen zu kämpfen haben, eine Option, die wir empfehlen können. Und wer keine Beschwerden dieser Art hat, bekommt mit Freibeik neben einem Stück Freiheit auch ein kleines Stück mehr Sicherheit unter den Allerwertesten. 

Freibeik vs. Freibeik advanced: Das sind die Unterschiede

Neben dem neuen Produktionsverfahren, das Lufteinschlüsse nun komplett verhindern soll, gibt es eine Handvoll kleine Dinge, die das überarbeitete "Freibeik advanced" von der zurückgerufenen Version unterscheidet.

  1. Statt in metallic silber kommen die Sattelaufnahmen, der Bolzen und die Schraube zum Befestigen in schwarz. Die Farbe leidet allerdings schon bei der Montage. Hier hat uns die ursprüngliche Variante besser gefallen.
  2. Durch das neue Produktionsverfahren wurde das zulässige Systemgewicht (Fahrer:in plus Bike plus Gepäck) von 100 auf 150 Kilogramm nach oben geschraubt. Eine gute Nachricht für die Schwergewichte unter den Bikern.
  3. Etwas gespart wurde dagegen beim Lieferumfang. Waren bei der ersten Version noch zwei Reduzierhülsen fürs Sattelrohr inklusive, steckt bei "Freibeik advanced" nur noch ein Zusatztool für Sattelrohre mit einem Durchmesser ab 27,2 mm (bis 31,6 mm) im Karton. Auch der Federring fehlt.
  4. Ganz oberflächlich betrachtet, unterscheiden sich die beiden Versionen ansonsten nur durch die logische Ergänzung "advanced", die auf der Sattelstütze und am Gelenk selbst eingraviert wurde.

 

Dieser Artikel wurde nach dem Release des neuen "Freibeik advanced" Sattelgelenks mehrmals überarbeitet. 

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