Die Bayern sind in dieser Saison mit zehn Punkten Vorsprung Meister geworden; gefühlt sind es noch mehr. In nur zwei von 34 Spielen waren sie schlechter als der Gegner, und diese beiden, in Stuttgart und in Cottbus, haben sie verloren. Zwar gab es im Laufe der Bundesligasaison einige Unentschieden, bei denen sie - völlig untypisch - allzu großzügig mit ihren Torchancen umgingen. Doch dass Werder Bremen zur Saisonmitte punktgleich mit den Bayern an der Spitze lag, schien allein einer glücklichen Fügung gedankt zu sein, weniger einer sportlichen Gleichwertigkeit. An der fernglashaften Überlegenheit der Bayern 2007/08 gibt es keinen Zweifel. Um das neidlos einzugestehen, hätte es nicht mal der ungewohnt offensiven Spielweise der Elf bedurft.
Sowieso ist die Mannschaft, gerade im Vergleich mit der Stefan-Effenberg-Zeit, besetzt mit Sympathieträgern: Luca Toni, den „Strafraum-Stenz“ („Süddeutsche Zeitung“), muss man einfach mögen; das gleiche gilt für den gesetzlosen Franck „Dribbléry“. Auch sonst hat das Team ein paar gute Typen in seinen Reihen, allen voran Philipp Lahm, der soziales Engagement an den Tag legt und sich zunehmend mit klugen und mutigen Aussagen zur Vereinspolitik hervortut. Ich kann mich sehr wohl mit dem Gedanken anfreunden, wenn der bloß körperliche Winzling irgendwann mal Kapitän der Nationalelf werden würde. Mark van Bommel mag auf dem Feld ein Ekel sein; in Interviews wirkt er offen und echt. Und überhaupt: Geld zu investieren, ist im Fußball nicht verboten, und dass ihre Konkurrenten es dem FCB dieses Jahr so leicht gemacht haben, kann man ihm nun wirklich nicht vorwerfen.
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Oliver Fritsch (36) ist freier Journalist und Gründer der drei Online-Plattformen indirekter-freistoss.de, der täglichen Fußball-Presseschau, hartplatzhelden.de, der Video-Community für Amateurfußballer und direkter-freistoss.de, einem Zirkel ausgewählter Fußball-Blogger. Außerdem ist er beim mittelhessischen Kreisligisten RSV Büblingshausen als Spielertrainer und Libero aktiv, aber nicht übergewichtig.
Warum also hat dieser Klub unter Fans nach wie vor so viele Gegner? Oder polemisch gesagt: Hasser und Neider. Denn Hass und Neid sind ja die klassischen Vorhaltungen, mit denen Bayern-Kritiker in Misskredit gebracht werden sollen. Was es vielen Nicht-Bayern-Fans tatsächlich so schwer macht, sich mit dem Club zu freuen, sind gar nicht mal seine Finanzkraft und der dauerhafte Erfolg. Viel mehr nerven seine Medienmacht, sein humorloser Umgang mit Kritik, das Auftreten und der Ton seiner Bosse, die sich meist eine Spur zu wichtig und zu ernst nehmen. So wie jetzt Vorstand Karl-Heinz Rummenigge, der Münchens Oberbürgermeister Ude dafür rüffelte, dass er während des Meisterempfangs im Urlaub war. Udes Stellvertreter, der die Gratulationsrede hielt, musste dumm und klein dabei stehen.
Und soll man jetzt Mitgefühl mit dem schluchzenden Ottmar Hitzfeld haben? Immerhin hat er, der erfolgreichste deutsche Vereinstrainer der letzten zwanzig Jahre, gewusst, worauf er sich einlässt. Nun durfte er sich im vergangenen Herbst ein zweites Mal nach 2004 von seinen bayerischen Arbeitgebern öffentlich mobben lassen. Auch wenn der fast Sechzigjährige wohl zu Recht durch Jürgen Klinsmann abgelöst wird – er hat bessere Würdigungen verdient als die mathematik-, ja eigentlich intellektfeindlichen Äußerungen Rummenigges.
Aus aktuellem Anlass ein weiterer Beweis für die Stillosigkeit der Vereinsführung, aber auch für ihre fehlende Strategie: Michael Ballack, der als „Leader“ des FC Chelsea im Champions-League-Finale stand, wurde vor zwei Jahren in München vom Hof gejagt. Im letzten Spiel für den FCB wurde er von den Fans ausgepfiffen. Vorausgegangen waren Schmähungen durch Rummenigge und Franz Beckenbauer. In England genießt er hohe Anerkennung. Seht das Finale, ihr Bayern, und begreift! Seht und begreift!
Es sind diese Misstöne (die Reihe ließe sich fortsetzen), die den Klub Sympathiepunkte kosten. Es sind auch die Privilegien, auf die dieser Klub einen Anspruch zu haben glaubt, so wie das DFB-Abschiedsspiel für Oliver Kahn, das der Klub hinter den Kulissen durchsetzte, obwohl Abschiedsspiele beim DFB längst abgeschafft sind.
Ist man gleich ein Neider, wenn einem dies alles aufstößt, ein Hasser? Es gibt im deutschen Sport genügend Gegenbeispiele von Stars, die reich und berühmt geworden sind, ohne dass ihnen ein Übermaß an Ablehnung entgegenschlägt: Nowitzki, Graf, Langer, die Fußballnationalelf. Da, wo es Abneigung gibt, wie zeitweise etwa gegenüber Michael Schumacher, gibt es meist Gründe. Das gilt auch für den FC Bayern. Mit Tonis Toren, Lahms Flankenläufen, Ribérys Dribblings, mit Podolski, Schweinsteiger und Co. hat das nichts zu tun.