Hamburger Volksparkstadion Randalierer verwandeln den HSV-Abstieg in eine Horror-Show

Ein Kommentar von Oliver Creutz
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Entsetzen, Tränen und am Ende Randale im Hamburger Volksparkstadion: Der HSV steigt erstmals in seiner 55-jährigen Bundesliga-Geschichte in die zweite Liga ab. Die Hanseaten gewinnen ihr Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach mit 2:1 (1:1). Doch der ebenfalls vom Direktabstieg bedrohte VfL Wolfsburg rettet sich mit einem 4:1 (1:1) gegen den Tabellenletzten 1. FC Köln und verteidigt den Relegationsplatz.
Kurz vor dem Ende zünden einige Anhänger Pyrotechnik und stecken Pappen an. Hundertschaften der Polizei kommen auf das Feld, auch um einen möglichen Platzsturm zu verhindern. Die Spieler beider Teams stehen minutenlang gemeinsam auf dem Platz. Nach einer Unterbrechung von einer guten Viertelstunde beendet Schiedsrichter Felix Brych dann auch offiziell. Auf Twitter werden die Unterbrechung und der Abstieg – wie immer – heiß diskutiert. 
Unwürdiger Abschied aus der Bundesliga: HSV-Fans haben kurz vor dem Schlusspfiff das Spiel gegen Gladbach durch Rauchbomben unterbrochen. Als der Spuk vorüber war, verabschiedeten die restlichen Fans die Mannschaft mit Anstand. 

Zwei Minuten waren angezeigt: zwei Minuten Nachspielzeit in der Ersten Liga für den HSV, dann würde es vorbei sein. Der Ball trudelte gerade irgendwo rund um den Hamburger Strafraum, als es krachte. Wie beim Hafengeburtstag, wenn das Schlepperballett angekündigt wird. Das Spiel brach ab, alle Blicke wandten sich in die Nordkurve des Volksparkstadions, wo die eisenharten Fans zu Hause sind, die Ultras, die Aufrechten, aber auch die bodenlos Dummen. Dort wurde bengalisches Feuer entzündet. Dichter schwarzer Rauch stieg auf, einige der rot glühenden Lichter flogen auf das Spielfeld. Dann ging alles sehr schnell: Die vielen Ordner in den gelben Leibchen wichen sich zurück, Polizeistaffeln liefen auf das Feld. Viele trugen dicke Westen, als zögen sie in eine Straßenschlacht, andere führten scharfe Hunde an der Leine, von links zog die berittene Polizei auf. Die Spieler und die Schiedsrichter waren längst in Richtung Trainerbänke geflüchtet.

Der Rauch wurde dichter, ein paar Transparente fingen Feuer. Endzeit-Szenen. Es dauerte ein paar Minuten, da reagierte das Publikum: "Wir sind Hamburg - und ihr nicht", riefen die Fans aus den benachbarten Blöcken den Randalieren zu. Was den Feuermachern herzlich egal zu sein schien. Sie zündelten weiter - in der Erwartung, dass niemand sie attackieren würde, standen sie doch im gemischten Zuschauerblock. Wäre die Polizei auf die Idee gekommen, mit Wasserwerfern vorzugehen, hätten die Einsatzkräfte wohl auch viele unschuldige Anhänger erwischt. Szenen, die man noch weniger gebrauchen konnte.

Zündler verstecken sich unter einem schwarzen Tuch

Auf der VIP-Tribüne trauten der Erste Bürgermeister der Hansestadt Peter Tschentscher sowie sein Innensenator Andy Grote ihren Augen nicht. Bitte nicht schon wieder solche apokalyptischen Bilder aus der Stadt, die sich für die schönste der Welt hält. G20 ist noch nicht einmal ein Jahr her. Wie viele Brandstifter da am Werk waren? Unklar. Sie passten alle unter ein großes schwarzes Tuch, das sie über sich ausbreiteten, um ihre Vermummung abzulegen und später als brave Fußball-Bürger in der Masse aufzugehen.

Während der Rauch sich verzog und die Flammen erloschen, lief die Stadionuhr weiter, diese verdammte Uhr, die anzeigt, seit wie vielen Jahren der HSV erstklassig spielt. 55 Bundesliga-Jahre hatten sich gerade in schwarzen Rauch aufgelöst. Und mit ihnen die Illusion vom schönen und familienfreundlichen Produkt Fußball. Wer diese Bilder gemeinsam mit seinen Kindern im Stadion erlebt hat, dürfte noch lange damit beschäftigt sein, diesen Alptraum wieder aus den Köpfen zu verjagen.

Irgendein nicht sehr heller Kopf kam dann noch auf die Idee, über das Gitter zu klettern und mit einem Trauerkranz auf das Feld zu laufen. Die Polizei ließ ihn nicht lange gewähren.

Jetzt gegen Paderborn: So viel Strafe muss sein

Etwa eine Viertelstunde später war die Sicht wieder frei, die Pferde wurden weggeführt, die Hunde zurück vor die Stadiontore gebracht, das Einsatzkommando zog in einer Menschen-Kette in Richtung Nordtribüne. Die Spieler kehrten zurück. Sie mussten etwas zu Ende bringen: Der Schiedsrichter hatte die Partie noch nicht abgepfiffen. Noch einmal flog der Ball von der Hamburger in die Gladbacher Hälfte, dann war das Theater zu Ende. Hamburg besiegte Mönchengladbach mit 2:1. Ein wertloser Sieg, der Klub spielt in der kommenden Saison eine Klasse tiefer. Viele der insgesamt 57.000 Zuschauer blieben noch lange stehen und verabschiedeten die Spieler mit warmem Applaus. Ein wenig Anstand nach diesen 15 Minuten des Fußballhorrors. Im Menschentross, der sich danach aus dem Stadion bewegte, sagte einer: "Nächste Saison dann gegen Paderborn." So viel Strafe muss sein.

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