Diesmal schien wirklich alles bereitet für den Zweitligisten: Der Hamburger SV hatte das berühmte Momentum nach einer Siegesserie in der Liga auf seiner Seite. Die Mannschaft von Coach Tim Walter wirkte fußballerisch besser und stabiler als die von Hertha BSC. Und dass da zwei namhafte Größen der deutschen Fußballhistorie aufeinander trafen, stand ohnehin außer Frage. Dazu noch der 1:0-Sieg des HSV im Hinspiel inklusive totaler Niedergeschlagenheit der Hertha-Stars. Aber es kam anders: Am Ende triumphierte doch wieder der Erstligist – so wie in nun elf von 14 Relegationen seit der Wiedereinführung zur Saison 2008/2009.
Drängender denn je stellt sich die Frage: Welchen Sinn macht eine Relegation noch, wenn selbst in einem solchen Duell zwischen Vereinen auf Augenhöhe der Klub aus der 1. Liga offensichtlich den Sieg erzwingen kann. "Wir müssen einfach nur zeigen, dass wir der Erstligist sind." Trainerfuchs Felix Magath gab damit am Montag nicht nur die Marschroute für sein eigenes, in vielerlei Hinsicht eher marodes Team vor, sondern im Grunde für alle Bundesligisten in der Relegation. Mehr noch: Es ist nicht nur eine Marschroute, sondern ein Erfolgsrezept.
Relegation in der Bundesliga: Bengalos, Platzstürme und immer wieder der HSV

Relegation: Erstligisten können Erfolg notfalls erzwingen
Der Sieg der Hertha beim HSV hat deutlich gemacht: Es gibt keine "Waffengleichheit" zwischen dem Tabellen-16. der 1. und dem Tabellen-3. der 2. Liga. Kommt es hart auf hart, verfügt der Erstligist noch einmal über ganz andere Mittel, um den Erfolg zu erzwingen. Im konkreten Beispiel: Da kann eben noch ein erfahrender Trainer wie Magath verpflichtet werden, und da gibt es noch eine Spieler-Legende wie Kevin-Prince Boateng, der mit seiner überragenden Erfahrung ein allerletztes Mal die Truppe führt, und da ist eben die härtere Wettbewerbs-Erfahrung der Erstliga-Mannschaft, die es dann versteht, notfalls durch zwei Standards das Spiel zu ihren Gunsten zu drehen (allzu viele Chancen erspielt, hat sich die Hertha am Montag ja nicht). Ergo: Wenn sich die Erstligamannschaft zusammenreißt und – wie die Herthaner – fightet, dann wird sie sich in aller Regel durchsetzen.
Wie oft und vielfach beklagt, ist ein tragendes Prinzip des heutigen Profifußballs die Bestandswahrung. Die Guten und die Besten bekommen immer mehr – Geld, Chancen, sogar Vorteile im Wettbewerb. Mit der Reform der Champions League zeigt die Uefa das gerade besonders ungeniert. Auch der finanzielle und sportliche Abstand zwischen der 1. und 2. Bundesliga wird zusehends größer. Die Relegation wirkt daher immer stärker wie ein als Chance verbrämtes Zugeständnis an die Schwächeren.
Event mit garantierter Enttäuschung
Fair wäre stattdessen eine klare Regelung: drei Ab- und drei Aufsteiger. Das wäre tatsächlich eine zusätzliche Chance für aufstrebende Vereine, denn de facto gibt es nicht zuletzt dank der Ausscheidungsspiele fast immer nur zwei Ab- und Aufsteiger. Die Relegation aber hat sich zu einem Event entwickelt, das letzten Endes nur auf Kosten der Zweitligisten geht – mit Frust- und Enttäuschungs-Garantie. Als sportlicher Wettbewerb machen diese Spiele keinen Sinn.