Platini wettert gegen Bayern-Kapitän "Herr Lahm ist nicht mein Chef"

Die Vorfreude auf die erste Fußball-EM im ehemaligen Ostblock wurde zuletzt durch politische Debatten getrübt. Zahlreiche Politiker wollen die Ukraine nicht besuchen. DFB-Kapitän Philipp Lahm forderte die Uefa zum Handeln auf. Deren Präsident wehrt sich jetzt - mit deutlichen Worten.

Uefa-Präsident Michel Platini hat die Forderung von DFB-Kapitän Philipp Lahm nach einer klaren Positionierung in der Diskussion um die politische Situation im EM-Gastgeberland Ukraine zurückgewiesen. "Er kann sagen, was er will. Das ist mir egal. Herr Lahm ist nicht mein Chef. Er hat von mir nichts zu fordern. Er ist Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, nicht Kapitän der Uefa", sagte der Präsident der Europäischen Fußball-Union in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa am Verbandssitz in Nyon.

Lahm hatte zuletzt im "Spiegel" die politische Führung der Ukraine wegen des Umgangs mit der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko kritisiert und von der Uefa gefordert, sich deutlich zur Frage der Menschenrechte in der früheren Sowjetrepublik zu äußern. In Richtung Platini sagte er: "Ich glaube, dass er Position beziehen sollte. Und ich bin gespannt, was er zu sagen hat."

"Ich mache keine Politik, ich mache Fußball"

Platini verteidigte die "unpolitische" Linie seines Verbandes und warf einigen Politikern Unglaubwürdigkeit vor. "Ich kann Ihnen die damaligen Reaktionen zeigen, als die EM an Polen und die Ukraine vergeben wurde. Alle haben applaudiert und die Öffnung zum Osten begrüßt." Diejenigen, die jetzt den Spielen in der Ukraine fernbleiben wollen, seien "die Gleichen, die vor vier Jahren gesagt haben, wie toll es ist, dass wir uns Polen und der Ukraine öffnen".

"Wenn jetzt einige nicht in die Ukraine kommen wollen, kommen sie nicht. Wenn sie kommen, kommen sie. Ich mache keine Politik, ich mache Fußball und organisiere die Euro. Für anderes ist es jetzt zu spät", erklärte Platini dazu. Er verwies vor dem Eröffnungsspiel des Co-Gastgebers Polen gegen Griechenland am 8. Juni im Nationalstadion von Warschau auf die große Bedeutung der ersten EM im ehemaligen Ostblock. "Alles ist bereit. Wir sehen keine großen Probleme mehr. Die Menschen in Polen und der Ukraine wollen unbedingt zeigen, dass sie eine hervorragende Euro organisiert haben", sagte Platini.

Am dritten Tag ist alles gut

Und nach all den Negativ-Schlagzeilen und Sorgen über die Gastgebertauglichkeit der beiden Länder ist der Verbandschef mittlerweile von einer erfolgreichen Euro überzeugt. "Wir wissen doch, wie es ablaufen wird. Wie bei allen Welt- und Europameisterschaften. Der erste Tag wird schwierig, am zweiten wird es besser, und am dritten ist es gut", prophezeite Platini.

Auch für künftige Ausschreibungen lehnt der Franzose einen Mindeststandard in Menschenrechtsfragen als Bewerbungsbedingung ab. "Die Mitglieder des Exekutivkomitees müssen nach ihrem besten Wissen und Gewissen wählen", sagte Platini und betonte: "Am Anfang waren alle zufrieden mit der Wahl Polen und Ukraine. Und was machen wir, wenn eine Regierung wechselt? Nehmen wir dann das Turnier aus politischen Gründen wieder weg? Schwierig, schwierig."

DPA
csa/DPA

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