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Fußball-Kommentar Tanz auf der Rasierklinge

Der HSV hat sich trotz aller Querelen für die Champions League qualifizieren können. Aber wenn die Macher die Mehreinnahmen nicht sofort und klug in neue Spieler investieren, droht in der Königsklasse eine herbe Bruchlandung.
Von Klaus Bellstedt

Glückwunsch HSV! Dank einer kämpferisch eindrucksvollen Vorstellung beim 1:1 gegen CA Osasuna haben sich die Rothosen nun also doch für die Königsklasse qualifizieren können. Nur die kühnsten Optimisten glaubten vor der richtungweisenden Partie in der Hölle von Pamplona an ein Happy-End für das Team von Trainer Thomas Doll - weil die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Überstehen der Champions-League-Qualifikation schlichtweg miserabel waren.

Der Fehlstart in der Bundesliga mit zwei Unentschieden gegen die beiden Abstiegskandidaten Bielefeld und Cottbus, dazu das unrühmliche Possenspiel um den Wechsel von Star-Verteidiger Khalid Boulahrouz zum FC Chelsea: Die Kritik an den Verantwortlichen von Coach Doll über Sportchef Beiersdorfer bis hin zu Vorstandschef Hoffmann wurde an der Elbe zuletzt immer lauter.

Hoffnungsträger Sanogo

Nigel de Jongs Schuss in die Belletage des europäischen Fußballs, der dem Verein auf einen Schlag garantierte acht Millionen Euro in die Kassen gespült hat, wird nun allgemeinhin und vom HSV im Speziellen als Brustlöser und Befreiungsschlag angesehen. Oberflächlich betrachtet durchaus mit Recht. Natürlich kann dieser Achtungserfolg kurzfristig neue Kräfte freisetzen. Er kann die Blockaden in den Köpfen der Spieler lösen und das Team - so wie in den vergangenen beiden Spielzeiten - wieder zu einer Einheit formen. Und noch viel wichtiger: Er wird die Ruhe zurück ins Umfeld des Klubs bringen. Fragt sich nur: Für wie lange?

Denn fest steht spätestens nach dem 1:1 gegen Osasuna, dass der HSV - rein spielerisch betrachtet - so gar nicht mehr mit dem HSV aus der Vorsaison zu vergleichen ist. Fakt ist, dass er gegen mächtig limitierte Spanier zweimal nicht gewinnen konnte. Auch weil ein Rafael van der Vaart weiterhin meilenweit von seiner Normalform entfernt ist, Torwart Kirschstein keineswegs Ruhe ausstrahlt und der Abwehr nach der x-ten Umstellung die richtige Abstimmung fehlt. Die Mängelliste ließe sich beliebig fortsetzen. Einzig Neuzugang Boubacar (Spitzname: "Bobbycar") Sanogo lässt in der Ist-Analyse für die Zukunft hoffen. Nicht zu vergessen: der nimmermüde Kampfgeist der Norddeutschen, wegen dem das Remis in Spanien erst zustande kam.

Viel Luft nach oben

Die Verantwortlichen beim HSV sollten nach der geschafften Champions-League-Qualifikation und maximal einem verdienten Belohnungs-Bierchen ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückkehren und sich bloß nicht in die eigene Tasche lügen. Sie sollten die Mehreinahmen jetzt klug in neue Beine investieren. Die braucht man nämlich dringend. Denn wenn wir ganz ehrlich sind: Mit derselben Leistung und demselben Spielermaterial wie beim 1:1 gegen CA Osasuna brauchen sich die Hamburger in der Champions League gar nicht erst blicken zu lassen.

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