Hamburg vs. Hoffenheim Prügel und ein schlimmer Verdacht

Bis kurz vor Abpfiff war es ein ganz normales Testspiel. Doch dann humpelte erst Hoffenheims Torjäger Vedad Ibisevic mit Verdacht auf Kreuzbandriss vom Platz. Und kurz darauf lieferten sich auch noch HSV-Angreifer Ivica Olic und Carlos Eduardo eine Boxeinlage.
Von Kai Behrmann, La Manga

Die Pressekonferenz im Kaminzimmer des Hyatt-Regency in La Manga/Spanien war am Mittwochabend eigentlich bereits beendet, als Ralf Rangnick um 20.35 Uhr noch einmal zurückkehrte. Mit ernster Miene verkündete der Trainer des Fußball-Bundesligisten 1899 Hoffenheim, was er gerade von der medizinischen Abteilung über den Gesundheitszustand seines Top-Torjägers Vedad Ibisevic erfahren hatte: "Nach den ersten Untersuchungen, die allerdings nur teilweise aussagekräftig sind, deutet einiges darauf hin, dass das vordere rechte Kreuzband angerissen ist." Die niederschmetternde Diagnose war das Ergebnis einer Kernspintomographie, die im Krankenhaus von Cartagena gemacht worden war.

Verdacht auf Kreuzbandriss bei Ibisevic

Passiert war es rund drei Stunden zuvor in einem Testspiel gegen Bundesliga-Konkurrent Hamburger SV, der ebenso wie Hoffenheim an der spanischen Mittelmeerküste sein Trainingslager bezogen hat. Die Norddeutschen führten gegen den Herbstmeister durch Tore von Collin Benjamin und Paolo Guerrero mit 2:0, als Ibisevic in der 82. Minute nach einem Zweikampf mit Jerome Boateng im Mittelkreis zusammensackte und kurz darauf vom Platz humpelte.

Am heutigen Donnerstag fliegt der 24 Jahre alte Bosnier zurück nach Deutschland. Untersuchungen im Heidelberger Uniklinikum sollen dann endgültig Aufschluss über die Schwere der Blessur geben. Doch Rangnick ahnte bereits, dass er ohne den aktuell mit 18 Treffern erfolgreichsten Angreifer in die Rückrunde gehen muss. "Wir müssen davon ausgehen, dass er länger ausfällt", sagte der 50-Jährige konsterniert.

Keilerei vor der Trainerbank

Der Ausfall seines Topstars war allerdings nicht die einzige Hiobsbotschaft, die Rangnick an diesem Tag hinnehmen musste. Kurz vor dem Schlusspfiff flogen unmittelbar vor seinen Augen auch noch die Fäuste. Zunächst hatte Carlos Eduardo dem Hamburger Ivica Olic einen Ellenbogencheck verpasst. Dieser revanchierte sich mit einem rüden Stoß. Anschließend artete der Zweikampf vor 900 Zuschauern im Stadion "La Manga Club" in einer wüsten Keilerei aus, die erst von den heraneilenden Hoffenheimer Betreuern geschlichtet werden konnte. Der spanische Schiedsrichter schickte die aufgebrachten Streithähne jeweils mit der Roten Karte vom Spielfeld.

"Er hat mich zuerst getroffen. Dann habe ich ihm eine zurückgeben", schilderte Olic anschließend die Szene. Nach zehn Sekunden sei aber schon wieder alles vorbei gewesen. Der 29 Jahre alte Offensivallrounder war sichtlich bemüht, den Vorfall nicht zu dramatisieren. "Das war ein kleiner Konflikt, aus dem man kein Theater machen sollte", urteilte der Kroate.

"Kategorie Kindergarten"

HSV-Trainer Martin Jol wollte das Verhalten seines Schützlings zwar nicht gutheißen, zeigte jedoch Verständnis: "Carlos Eduardo war der Initiator. Er hat Olic eine Rechte verpasst. In so einer Situation gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, du gehst zu Boden, oder du reagierst. Ivica hat reagiert - und das hätte ich in so einer Situation auch getan." Bastian Reinhardt nahm seinen Kollegen ebenfalls in Schutz. Auch wenn es sich nur um ein Testsspiel gehandelt habe, sei auf diesem Niveau immer eine Portion Ehrgeiz und Aggression mit dabei. Der HSV-Abwehrrecke war dennoch der Meinung, dass man den Vorfall "unter der Kategorie Kindergarten" abhaken könne.

Olic und Carlos Eduardo droht Pflichtspiel-Sperre

Ob die Rauferei tatsächlich keine Konsequenzen nach sich ziehen wird, scheint allerdings fraglich. Der Wolfsburger Grafite war im August 2008 für eine Rote Karte im Testspiel gegen den italienischen Club US Palermo für zwei Bundesliga-Partien gesperrt worden. Gleiches droht nun Olic und Carlos Eduardo. Der spanische Unparteiische versicherte zwar, dass er keinen Sonderbericht anfertigen wolle. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kann jedoch trotzdem Ermittlungen aufnehmen. Fernsehbilder gibt es. Der HSV übertrug die Partie live im vereinseigenen Internet-TV. Pikant: Im Falle einer Sperre würde Olic zum Rückrundenauftakt am 30. Januar ausgerechnet das Duell mit seinem zukünftigen Arbeitgeber FC Bayern München verpassen.

Derweil wollte sich Rangnick noch nicht mit dem möglichen Ausfall eines weiteren Leistungsträgers auseinandersetzen. "Was das möglicherweise nach sich zieht, kann ich nicht beantworten", lautete sein knapper Kommentar. Als Erklärung für die Kurzschlussreaktion seines Mittelfeldregisseurs nannte er die hohe Trainingsbelastung der vergangenen Tage: "Die Spieler sind nicht mehr taufrisch und gereizt."

"Frust noch höher als normal"

Hinzu kämen bei Carlos Eduardo Probleme an der Patellasehne. "Er konnte eigentlich keinen richtigen Sprint machen. Dadurch war der Frust noch ein bisschen höher als normal", sagte Rangnick. Der Brasilianer selbst wollte sich zu dem Eklat nicht äußern. Rangnick hatte seinem Heißsporn etwas Zeit zur Besinnung verordnet. "In so einer Situation ist es das Beste, wenn alle Beteiligten noch mal eine Nacht darüber schlafen", betonte er. Eine interne Aussprache werde es aber noch geben, kündigte der Erfolgscoach an.

Ob der beiden Vorfälle geriet Rangnicks Ärger über die zweite Testspielpleite in Folge in den Hintergrund. "Das Ergebnis ist Nebensache", hakte Rangnick das.0:2 gegen den HSV ab. Zuvor hatte seine Elf in Spanien gegen den VfL Bochum mit dem gleichen Resultat das Nachsehen gehabt.

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