Nachdem die Teilnehmer für die Playoff-Serien feststehen, dürfen sich die Fans auf die vier historisch besten Mannschaften des Landes freuen. Sechs Wochen lang kommt es an jedem Wochenende zu einem Derby in Istanbul. Droht etwa ein Overthrill?
Der letzte Spieltag der Süper Lig
Vieles stand vor dem 34. Spieltag bereits fest. Fatih Terim hatte mit seinen Löwen von Galatasaray den ersten Platz fest in der Hand. Feners zweiter Platz war genauso gesichert, wie die Teilnahme der Schwarzen Adler von Besiktas und des Schwarzmeer-Clubs Trabzonspor. Die Frage lautete nur noch, wie groß würde der Vorsprung der Löwen sein? Zur Erinnerung: Die Punktzahl nach 34 Spieltagen wird halbiert und im Zweifel aufgerundet.
Trabzon und Besiktas haben dabei eine bessere Ausgangslage, vor allem in den letzten Wochen, verspielt. Für Trabzonspor war das torlose Unentschieden bei Orduspor die vierte Punkteteilung in Serie. Damit holte man von 12 möglichen Zählern lediglich enttäuschende vier. 56 Punkte stehen am Ende der Saison zu Buche, 28 nimmt man also mit in die Meisterrunde. Exakt so viele wie Besiktas. Insgesamt haben die Schwarzen Adler 55 Zähler auf dem Konto.
Dabei hatte man nach einer relativ guten Hinrunde darauf gehofft mit Hilfe der Playoffs in den Meisterkampf eingreifen zu können, aber nach nur zwei Siegen aus den letzten zwölf Spielen sind alle Meisterschaftsträume ad acta gelegt. Die Nebenkriegsschauplätze waren zu viel für die Millionentruppe, um sich auf das sportliche konzentrieren zu können. Das Präsidium wechselte während der Rückrunde, Gehälter werden nicht oder nur schleppend gezahlt und am vorletzten Spieltag wurde auch noch der Trainer entlassen.
Der branchenübliche Reflex traf den Portugiesen Carlos Carvalhal nach der Niederlage am letzten Wochenende. Der neueren italienischen Schule folgend, machte man Carvalhals Vorgänger Tayfur Havutcu zu seinem Nachfolger. Und um alle Unklarheiten zu beseitigen und die Gerüchte um eine Verpflichtung Slaven Bilics zur neuen Saison verstummen zu lassen, wurde der Vertrag des neuen, alten Trainers bis zum Ende der kommenden Saison ausgedehnt. Der Effekt aller Maßnahmen auf die Mannschaft scheint jedoch gleich Null. In Karabük kam man nicht über ein 1:1 hinaus.
Anders die Topfavoriten. Gala geht nach einem in der zweiten Hälfte souverän heraus gespielten 4:0 bei Manisaspor als Favorit ins Titelrennen. Keeper Fernando Muslera sorgte per Elfmeter für das 3:0, dabei ist Selcuk Inan der etatmäßige Elfmeterschütze bei den Löwen. Es sollte wohl eine Geste für den stark haltenden Uru sein, kann aber auch als respektlos gegenüber dem Gegner gedeutet werden. 39 Punkte stehen bei Cim-Bom somit zu Buche. Fünf Punkte mehr als Erzrivale Fener mitbringt. Die Kanarienvögel taten sich bei Antalyaspor schwer, siegten letztlich dennoch verdient mit 2:0. Die Hoffnung des Vereins und der Anhänger ist nun, in den beiden direkten Duellen, Galatasaray überflügeln zu können.
Playoffs ausgelost
Die Spiele der Playoffs wurden für die Wochenenden vom 14./15. April bis 12./13. Mai ausgelost. Gestartet wird mit den Partien Fener gegen Trabzon am Samstag und Besiktas gegen Galatasaray am Sonntag. Der letzte Spieltag im Mai hat es dann in sich. Fener empfängt zu Hause Gala. Man kann nur hoffen, dass die Meisterschaft nicht vorher schon entschieden ist. In diesem Fall würde man Zeuge eines echten Finalspiels zwischen den beiden größten Clubs der Türkei, einem wahren Leckerbissen.
Mehrere Spieler können ihre Mannschaften nicht vom Start an unterstützen. Galatasarays Emre Colak und die beiden Besiktas-Akteure Hugo Almeida und Egemen Korkmaz wurden am letzten Spieltag der regulären Saison vom Platz gestellt und dürfen jeweils erst am 2. Spieltag mitwirken.
Platzstrafe für Trabzon
Skurril mutet die Platzstrafe für Trabzonspor an, die unter der Woche ausgesprochen wurde. Auslöser waren die Geschehnisse im Heimspiel vergangene Woche gegen Fenerbahce. Unter anderem war der Gäste-Keeper Volkan Demirel mit einem Messer beworfen worden. Der Verband wollte daraufhin Stärke beweisen und schloss alle erwachsenen Männer von den kommenden zwei Heimspielen des Schwarzmeerclubs aus. Nur Frauen und Kinder dürfen also die ersten zwei Heimspiele der Playoff-Runde im Stadion verfolgen.
Alles schön und gut, nur die Auslosung für die Playoffs fand erst im Anschluss an die Straffindung statt. Und die Auslosung ergab, dass die Gegner der ersten beiden Heimspiele Besiktas und Galatasaray sind. Das dritten Heimspiel, wo die üblichen Verdächtigen also wieder auf die Ränge dürfen, findet dann ausgerechnet gegen Fenerbahce statt. Man kann nur hoffen, dass die Sicherheitsvorkehrungen mindestens verhundertfacht werden und selber die Partie aus der Ferne beobachten - aus weiter Ferne.
Absteiger und Europa-League Teilnehmer
Zu guter Letzt und der Vervollständigung halber sollen die Absteiger und die Teams, die um einen Europa-League-Platz kämpfen nicht unerwähnt bleiben. Samsunspor mit Fanis Gekas muss den Gang in die Zweitklassigkeit antreten. Bitter genug, noch bitterer ist der Umstand, dass man mit einem Sieg am letzten Spieltag dieses Schicksal hätte abwenden können. Der ehemalige Frankfurter und Gladbacher Michael Fink hatte die Gastgeber gegen Sivasspor in Führung geschossen. Doch in der 80. Minute besiegelte Erman Kilic das Schicksal des Schwarzmeerclubs. Er schoss Sivasspor in die EL-Playoffs und machte Samsun zum dritten Absteiger neben Manisapor und Ankaragücü. Letztgenannte machen mit ihren elf Pünktchen Tasmania Berlin alle Ehre.
Neben Sivassspor starten Istanbul BB, Bursaspor und Eskisehirspor in die Runde, die ebenfalls mit Hin- und Rückspiel ausgetragen werden. Alle vier Teams haben zum Start 25 Punkte auf dem Konto, auch das verspricht also Spannung. Der Erstplatzierte wird dann zum endgültigen Abschluss der ungewöhnlichen Fußball-Saison 2011/2012 den EL-Qualifikanten gegen den vierten der Meisterrunde ausspielen.
Serkan Agci und Bülent Yaman