Das Interview mit Oliver Kahn führte Klaus Bergmann.
Es wird vor dem Schottland-Spiel viel an das 4:1 vor zwei Jahren hier in Dortmund gegen die Ukraine erinnert. Spüren Sie in der Mannschaft einen ähnlichen Spannungsaufbau wie damals?
"Das kann man schon vergleichen. Damals standen wir auch enorm unter Druck. Es kam hier zusammen mit den Zuschauern zu einer richtigen Explosion, einer Leistungsexplosion. Es macht Sinn, sich an dieses Spiel zu erinnern."
Der Ausbruch von Rudi Völler sollte dazu führen, das Team aufzurütteln. Muss eine deutsche Mannschaft vor einem bedeutenden EM- Qualifikationsspiel gegen Schottland extra wachgerüttelt werden?
"Ich denke, jeder Spieler möchte die großen Erlebnisse eines Fußball-Profis erleben, das sind Welt- und Europameisterschaften. Da will jeder hin. Dafür muss man keinen wachrütteln."
Wie schwer wiegt der Ausfall von Sebastian Deisler?
"Es fehlt mit ihm ein kreatives Element im Spiel. Gerade Einzelleistungen sind wichtig, wenn nichts geht in einer Mannschaft. Aber Lamentieren nützt nichts. Wir müssen das irgendwie auffangen."
Rudi Völler hat eindringlich an die Ehre der Spieler appelliert. Man hat das Gefühl, dass es gegen die Schotten nur noch um die richtige Einstellung geht und nicht um Aufstellung oder Taktik. Ist das so?
"Die Grundvoraussetzung sind Aufstellung und Taktik, das sind die Basis. Aber muss man hier noch jemanden auf die richtige Einstellung hinweisen? Da komme ich dann nicht mehr mit."
Sie hatten nach dem Island-Spiel angekündigt, einige Worte an die Mannschaft zu richten. Was haben Sie Ihren Kollegen gesagt?
"Ich hatte nur gesagt, ich werde die Möglichkeit nützen, mit dem einen oder anderen mal zu sprechen. Ich bin kein Freund dieser Alibiveranstaltungen, wo man sich mit 20 Leuten hinsetzt und sagt: ’Auf geht’s Männer, Gras fressen.’ Dieser Platitüdenzirkus ist nicht meine Art. Ich kann mich nur wiederholen. Das sind alles erfahrene Profis, die wissen, dass sie jetzt um ihre eigene Ehre spielen, um die Qualifikation für Deutschland. Ganz Deutschland ist natürlich gespannt, wie die Reaktion ausfallen wird nach dem Island-Spiel. Ich muss ehrlich sagen, ich käme mir lächerlich vor, mit den Spielern zu sprechen und sie auf die Wichtigkeit des Spiels hinzuweisen."