Jürgen Klinsmann "Wir wollen auch die Mini-WM gewinnen"

Jürgen Klinsmann zieht die Scheuklappen auf: den Wettskandal und die Nicht-Nominierung von Berti Vogts als technischer Direktor betrachtet er gelassen - nicht so den Konföderationscup im Sommer.

Sie haben immer wieder auch vom DFB die Konzentration auf das Wesentliche gefordert, die Fußball-WM. Welche Zeichen erwarten Sie da auch vom DFB-Bundestag in Mainz?
Klinsmann: "Der Bundestag ist ja außerordentlich angesetzt und betrifft die Nationalmannschaft und die Weltmeisterschaft nicht direkt. Wir erwarten deshalb einfach, dass der Verband den eingeschlagenen Weg weitergeht - und wir sind uns sicher, dass dies auch passieren wird."

Mit dem Bundestag soll ein Schlussstrich unter den Wettskandal gezogen werden. Wie viel Schaden bleibt für den deutschen Fußball, welche Auswirkungen auch für die Nationalelf?


"Ich denke, dass es keinen dauerhaften Schaden für den deutschen Fußball geben wird. Aber alle Beteiligten wissen jetzt: Im Fußball ist auch das Unmögliche möglich. Mir wäre beispielsweise angst und bange, wenn so etwas ein paar Wochen vor der Weltmeisterschaft passiert wäre. Alle Beteiligten bei DFB und DFL haben hervorragend gehandelt nach Bekanntwerden des Skandals, und man sollte ihnen dafür wirklich ein großes Kompliment machen."

Sieht sich die sportliche Führung organisatorisch, personell und fachlich bereits optimal aufgestellt für die WM-Aufgabe?
"Im Großen und Ganzen sind wir mittlerweile sehr gut aufgestellt, aber im Fußball gibt es viele Entwicklungen, auf die man manches Mal auch kurzfristig reagieren muss. Deshalb müssen wir Augen und Ohren immer aufhalten und manchmal auch schnell in der Lage sein, etwas Neues einzubauen oder gar umzustellen."

Inwieweit belastet das Dauer-Thema Technischer Direktor, die Auseinandersetzung um Vogts und Skibbe, die aktuelle Arbeit?


"Es belastet uns in keinster Weise, ist aber dennoch lehrreich, wie so etwas hoch gekocht wird. Wie schon oft gesagt, geht es dabei rein um die Sache und nicht um Personen. Wir haben der DFB-Spitze ein von ihr gewünschtes Konzept außerhalb der A-Mannschaft vorgestellt, und die Position eines Technischen Direktors ist ein wichtiger Baustein davon. Diese Aufgabe betrifft nicht unsere Arbeit bei der Nationalmannschaft und ist allein die Entscheidung des DFB- Präsidiums."

Darf dieses Thema überhaupt bis in den Sommer hinein schwelen?
"Wie gesagt: Es gibt einen klar verabredeten Fahrplan - und es ist wichtig, dass sich die Beteiligten daran halten."

Wie besorgt sind Sie darüber, dass der deutsche Fußball in der Titelphase des Europacups erneut nur Zaungast ist?


"Wir alle sind enttäuscht. Ich denke schon, dass wir nach wie vor mit den europäischen Top-Vereinen mithalten können. Um aber auf diesem Niveau das Halbfinale zu erreichen, bedarf es großer Aufopferungsbereitschaft, enormer Fitness und auch im Vorfeld muss einiges zusammenkommen: gute Auslosung, keine Verletzten, keine Gesperrten. Diese internationalen Vergleiche sind enorm wichtig für unsere Spieler und wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wesentlich besser dastehen am Ende der Saison"

Mit dem Confed-Cup steht im Juni der erste echte Wettbewerb für die Nationalelf seit einem Jahr an. Wie ordnen Sie diesen in das Gesamtkonzept der WM-Vorbereitung ein?


"Das ist eine ganz wichtige Etappe, vergleichbar mit einem Zeitfahren bei der Tour de France. Wir sind dann zum ersten Mal über einen längeren Zeitraum zusammen - noch dazu im eigenen Lande wie bei der WM. Wir sehen dann, wie die Mannschaft auf bestimmte Ereignisse reagiert. Und das ist etwas ganz anderes als diese Vier-Tage-Aufenthalte bei einem Länderspiel."

Bisher haben Sie vielen neuen, junge Leuten eine Chance gegeben, Stammkräfte zuletzt auch mal draußen gelassen. Werden Sie beim Confed-Cup unter allen Umständen mit dem besten Kader antreten?
"Wir werden auf jeden Fall mit einer Top-Besetzung ins Turnier gehen, wenngleich hier und da ein paar etablierte Spieler weiter den jungen Wilden den Vorrang lassen müssen. Nur wenn wir in solchen Spielen auch den jüngeren die Möglichkeit geben zu spielen, bekommen wir ein Gefühl dafür, ob sie schon reif sind für die WM. Also wir machen weiter mit unserer Rotation und gehen dennoch in diese Mini-WM mit dem Ziel, das Turnier unbedingt gewinnen zu wollen."

Durch den Confed-Cup, die vielen Spiele der Clubs und auch durch das erweiterte Länderspiel-Programm gibt es in der WM-Saison so viele Termine wie bisher kaum. Wie gehen Sie dieses Problem an?


"Da geht es nicht nur um diesen Teilaspekt des sportlichen Programms. Die Weltmeisterschaft im eigenen Lande und das Auftreten der Nationalmannschaft ist eine nationale Angelegenheit, die nur in einem Miteinander von DFB, DFL, Nationalmannschaft und den Vereinen gelöst werden. Deshalb hoffen wir auf ein großes Miteinander - und gehen davon aus, dass die schon jetzt entwickelte sehr positive Zusammenarbeit weiter läuft."

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Jens Mende/DPA

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