Oliver Kahn in der Krise "Finde keine Ruhe mehr"

Fußball-Nationaltorhüter Oliver Kahn steckt momentan in der Krise. Erst blamierte er mit seinem Patzer im Spiele gegen Werder die Bayern, dann gab er seiner Freundin Verena den Laufpass. Nun erwägt er einen Rücktritt vom Kapitänsamt beim FC Bayern München.

Sportlich in der Kritik, gesundheitlich angeschlagen, privat am Scheideweg: Oliver Kahn, der einstige "Titan", hat derzeit alle möglichen Probleme gleichzeitig zu bewältigen. Zwei Tage nach seinem folgenschweren Patzer beim 1:3 gegen Werder Bremen hatte der Nationaltorhüter des FC Bayern München frei und blieb für die breite Öffentlichkeit unsichtbar; die Schlagzeilen gehörten ihm trotzdem. Kahn überraschte am Montag mit der via "Bild" kommunizierten Trennung von seiner Partnerin, versicherte jedoch gegenüber der Zeitung: "Das jetzt dafür als Ausrede zu verwenden, das wäre mir zu billig. Es stimmt auch nicht. Ich habe einen Fehler gemacht, ich ärgere mich am meisten darüber."

Kahn erwägt Rücktritt vom Kapitänsamt

Offenbar denkt Kahn nach dem sportlichen Fehler vom Samstag auch über berufliche Konsequenzen nach. "Mir fängt an, alles über den Kopf zu wachsen". sagte der 34-Jährige der Münchner Tageszeitung "tz" (Dienstag-Ausgabe): "Ich finde keine Ruhe mehr. Die Beanspruchung, die ich habe, ist nicht mehr zu bewältigen. Es kann nicht sein, dass ich für alles Mögliche 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen muss. Ich brauche mehr Ruhe." Auch einen Rücktritt vom Kapitänsamt bei den Bayern erwägt er. "Ich muss jetzt überlegen, was zu ändern ist. Da schließe ich das Kapitänsamt nicht aus", sagte er. Nun soll es Gespräche mit der Vereinsführung geben: "Dass es so nicht weitergehen kann, ist logisch."

Kahn kann derzeit nur versuchen, eine sportlich verkorkste Saison noch irgendwie zu einem versöhnlichen Abschluss zu bringen. Und vor allem körperlich wieder richtig fit zu werden und den groben Fehler vom Samstag zu verdauen. "Olli ist der Traurigste überhaupt", hatte Trainer Ottmar Hitzfeld am Vortag über seinen Kapitän gesagt.

Wegen einer Schienbeinprellung muss Kahn erstmal pausieren. Er hat nach Angaben des Bayern-Assistenztrainers Michael Henke auf der Club- Homepage (www.fcbayern.de) drei Tage Trainingsverbot. "Er ist vom Arzt aus dem Trainingsprozess herausgenommen worden", so Henke. Kahn reist daher auch am (morgigen) Dienstag nicht mit der Mannschaft zum Freundschaftsspiel nach Goslar.

Patzer hinter sich gelassen?

Kahn selbst äußerte sich am Wochenende nicht öffentlich über seinen Fauxpas, der die Niederlage gegen Bremen und damit das endgültige Scheitern des Rekordmeisters im Titelkampf eingeleitet hatte. Stattdessen sprachen andere für ihn. Kahn habe nun alle seine Patzer hinter sich, nun würde ihm Derartiges nicht mehr passieren, glaubt Hitzfeld: "Jetzt wird er wieder der absolute Titan sein."

Auch Bundestrainer Michael Skibbe stärkte dem Nationaltorhüter am Montag den Rücken: "Kahn hat sich schon viele Meriten erworben, die einen Fehler wie diesen schnell vergessen lassen." Kahn sei bei der EM in Portugal (12. Juni bis 4. Juli) auf jeden Fall die Nummer eins.

Ende der Beziehung und ungewöhnlich viele berufliche Tiefschläge

Am Montag war neben dem Patzer im Olympiastadion auch Kahns Privatleben Thema in Münchner Medien. In der "Bild" hatte der mehrmalige "Welttorhüter" die Trennung von seiner bisherigen Partnerin Verena K. nach gut einem Jahr mitgeteilt. "Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem unsere Beziehung nicht mehr so funktionierte, wie wir uns das einmal vorgestellt hatten." Er will nach eigenen Angaben nun erst mal alleine leben. Als Grund für die Trennung gab Kahn an: "Ich habe gemerkt, dass neben meinem Beruf als Fußballprofi nur sehr wenig in meinem Leben Platz hat."

Dieser Beruf hat ihm in letzter Zeit ungewöhnlich viele Tiefschläge beschert. In der Bundesliga, dem DFB-Pokal und der Champions League hat ausgerechnet der Perfektionist Kahn durch eigene Fehler verlorene Titelchancen mitverschuldet. Im Nationalteam sieht es kaum besser aus: Erst die Auseinandersetzung mit Stellvertreter Jens Lehmann, dann die vier Gegentore innerhalb von 23 Minuten im Länderspiel gegen Rumänien (1:5). Im Grunde bleibt Kahn nur noch die EM, um der Saison noch eine halbwegs erfreuliche Wende zu geben.

Andrea Wimmer, DPA

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