Sie haben dann am Anfang, nach ein paar lockeren Sprints und einer kurzen prägnanten Ansprache ihres neuen Chefs am Mittelkreis der Allianz-Arena, tatsächlich den Ball im Kreis zirkulieren lassen, so wie all die Jahre zuvor. Man muss das noch einmal erwähnen, denn wer München seit der Ankunft des großen Pep Guardiola erlebt, der könnte glauben, mit dem Spanier ziehe beim FC Bayern eine gänzlich neue Fußballkultur ein. Vorbei die Zeiten, als Trainingstage mit dem beliebten Spielchen Fünf gegen Zwei eingeläutet wurden? Nicht ganz.
In die Allianz-Arena hatte der FC Bayern die Saison-Ouvertüre am Mittwoch um 17 Uhr gelegt, mit einem Ansturm war ja zu rechnen. Pep Guardiola, jenes Phantom aus New York, durfte schließlich zum ersten Mal bestaunt werden. Live! Am Ende sind es dann vielleicht 15.000 gewesen, die sich vor allem auf die Unterränge der beiden Haupttribünen verteilten. Sie bedachten Ribery, Lahm, Kroos, Müller und, ja, auch noch Gomez hin und wieder mal mit warmem Applaus, wenn die in einer Ecke des Feldes ihre Ballstafetten erprobten und sich durch einen Parcours aus Stangen arbeiteten.
Er will den Bayern seine Handschrift verpassen
Guardiola, kurze blaue Vereinshose, dazu eine weiße Trainingsjacke, diente sich die meiste Zeit als Passgeber an. Es sah noch ein bisschen ungewohnt aus, wie er da mit seiner Bayern-Trainingskluft in der Mitte des Platzes stand. Doch, daran gab es keinen Zweifel, wie er da gestikulierte, seine Mannschaft immer wieder zusammenholte, Laufwege erklärte: Er ist gekommen, um diesem FC Bayern seine Handschrift zu verpassen. In jedem Training. In jeder Übung.
Die Triple-Münchner werden sich allerdings nicht gänzlich neu erfinden müssen, zumindest nicht gleich. Schon weil der Assistent Hermann Gerland, genannt der Tiger, es hinübergeschafft hat in die neue Welt Guardiolas. Der gellende Pfiff des Sportlehrers alter Prägung hallte immer mal wieder aus Gerlands Pfeife durchs Stadion, als gemahnte da die alte Bayern-Welt die neue, nicht alles hinter sich zu lassen.
Mit kleinen, vertrauten Gesten die Elf bearbeiten
Und doch schien selbst Gerland unter all den Spaniern, die nun im Assistenzteam seine Kollegen sind, vor allem aber im Angesicht der Präsenz des neuen Chefs aus Spanien, von einer aufgeregten Neugierde befallen. Eifrig lief er übers Feld, um Leibchen zu holen. Guardiola, das ist auch für Gerland ab sofort eine tägliche Fortbildung in eine Fußballwelt, wie er sie bislang nur aus der Ferne kannte.
Eine Welt, in der sein neuer Boss das schnelle Umschaltspiel nach Ballverlusten im Zentrum seines Wirkens sieht. Auch mag Guardiola auch nach seinem Sabbatical nicht darauf verzichten, dass seine neuen Schützlinge sich aus einem Dschungel an Gegnerbeinen behände mit Kurzpässen befreien mögen, so viel lässt sich schon jetzt erahnen nach der ersten Trainingseinheit, die nach 90 Minuten ein Ende fand.
Pep Guardiola ist auch auf dem Fußballplatz in München angekommen. Wer ihn beobachtete, wie er vertraut den Arm um Thomas Müller legte oder eindringlich mit Franck Ribery sprach, der erlebte einen Trainer, der schon am ersten Tag angefangen hat, mit kleinen, vertrauten Gesten und einer großen Strategie diese Elf zu bearbeiten. Auf dass sie bald seine Mannschaft sein möge.