Den Namen eines berühmten Trainers trägt er schon. Im Falle von Pep Lijnders steht der Vorname aber nicht Josep, sondern für Pepijn – Lijnders ist Holländer. Und anders als Kollege Pep Guardiola drängt er sich eher selten in den Vordergrund.
Pep Lijnders ist seit 2014 (mit einer kurzen Unterbrechung) Trainerassistent beim FC Liverpool, erst unter Brendan Rodgers, seit nunmehr acht Jahren unter Jürgen Klopp. Gemeinsam haben sie große Erfolge gefeiert, unter anderem die Premier League und die Champions League gewonnen.

"Inside Liverpool FC: Intensität ist unsere Identität"
384 Seiten
Edel Sports
19,95 Euro
Lijnders verrichtet dabei stets die Arbeit im Hintergrund: Er übernimmt Trainingseinheiten oder tüftelt die Taktik für das nächste Spiel aus. Insofern ist es für den Niederländer eher untypisch, dass er nun ein Tagebuch veröffentlicht hat. "Inside Liverpool FC" erzählt von der Saison 2021/22, in der Liverpool das Finale der Champions League erreichte.
Half Lijnders' Buch Gegnern, den FC Liverpool zu entzaubern?
Auf Tagebüchern liegt im Fußball selten großer Segen, vielmehr führen sie mitunter zu handfesten Skandalen – das wissen etwa Toni Schumacher oder Lothar Matthäus. Und auch Pep Lijnders bekam Gegenwind für seine Veröffentlichung. Vor allem deshalb, weil es in der darauffolgenden Saison nicht mehr so reibungslos lief beim FC Liverpool: Die Reds erwischten in der Premier League einen Fehlstart und ließen sich im Champions-League-Achtelfinale von Real Madrid auseinandernehmen.
Sofort gab es Kritik an Lijnders: TV-Experte Dietmar Hamann, früher selbst Liverpool-Spieler, sah das Buch als "Hinweis darauf, dass intern einiges nicht stimmt". Medien spekulierten darüber, ob das Tagebuch den Gegnern gar geholfen hatte, das Liverpooler Spiel zu entschlüsseln. Wogegen sich Lijnders vehement wehrte: Er bereue "nichts", das Buch enthalte "nicht viele Insiderinformationen, die uns schaden könnten".
Jetzt ist "Inside Liverpool FC" auch auf Deutsch erschienen – und wer es durchblättert, wird tatsächlich wenig finden, was selbst Fans nicht längst bekannt ist. Da ist die Rede von "Verteidigen in Dreiecken", "Pressingdynamiken" und "neurowissenschaftlichen Trainingsmethoden". Handelsübliches Taktiksprech, das nichts enthüllt, was sich nicht durch eine einfache Videoanalyse herausfinden ließe. Dieses Buch hat es wohl nicht gebraucht, um den FC Liverpool zu entzaubern.
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Die Themen im Fußballgeschäft sind längst andere
Ganz anders sah die Stimmung an der Anfield Road noch in der Zeit aus, die Pep Lijnders beschreibt. Liverpool gewann den FA-Cup, schlug Manchester City (mit dem anderen Pep) zweimal und zog ins Finale der Champions League (0:1 gegen Real Madrid) ein. All das liegt gefühlt lange zurück, im schnelllebigen Fußballgeschäft interessieren die Themen von damals kaum noch jemanden – und so ist es schade, dass das Buch erst jetzt auf Deutsch auf den Markt kommt. An einer Stelle werden die Gerüchte um einen Wechsel von Sadio Mané zum FC Bayern erwähnt. Mittlerweile ist Mané auch bei den Münchnern schon wieder auf dem Absprung.
Interessant wird es allerdings, wenn Lijnders Einblicke in den Alltag eines der größten Fußballvereine der Welt zulässt. Die kleinen Späße in der Kabine, der ständige Erfolgsdruck, die Zusammenarbeit im Trainerteam. Da erfährt man zum Beispiel, das Jürgen Klopp als Weihnachtsgeschenk für jeden Mitarbeiter 20 Bäume in einem Naturschutzgebiet pflanzen ließ. Und wie hoch die gegenseitige Wertschätzung zwischen Klopp und Lijnders ist.

Der 40-jährige Niederländer schreibt über Klopp unter anderem: "Im Fußball musst du sehr stark sein, um das alles auszuhalten, was von außen auf dich einprasselt. Und keiner kann das besser als Jürgen." Und der Chef im Vorwort über seinen Assistenten: "Pep ist einzigartig. So jemandem wie ihm bin ich noch nie begegnet. Er ist ein Arbeitstier und vom Fußballtraining geradezu besessen." Bei einem solchen Empfehlungsschreiben ist es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis man Pep Lijnders auf der großen Fußballbühne dann auch im Vordergrund erlebt.