Es ist verrückt: Am Wochenende kann sich in Spanien der Kampf um die Fußball-Meisterschaft entscheiden, aber die Fans interessieren sich vor allem für einen Club, der sich schon vor Monaten aus dem Titelrennen verabschiedet hatte. Beim FC Barcelona wählen die Mitglieder am Sonntag einen neuen Präsidenten. Diese Wahl ist so spannend, dass sie sogar das Duell zwischen Real Madrid und Real Sociedad San Sebastiàn um die Meisterschaft in den Schatten stellt.
Gerüchte um das Kommen von Beckham?
Der Urnengang bei «Barça» sorgte bereits im Vorfeld für Schlagzeilen in der Weltpresse. Einer der Kandidaten, Joan Laporta, erhielt von Manchester United die Zusage, dass die Engländer ihren Star David Beckham unter bestimmten Bedingungen an den FC Barcelona verkaufen wollen. In der allgemeinen Beckham-Hysterie ging beinahe unter, dass der «Spice Boy» wenig Lust hat, für einen Club zu spielen, der in der kommenden Saison nicht einmal in der Champions League vertreten ist.
Jeder Kandidat will einen Star holen
Die anderen Kandidaten für das Amt des Barça-Präsidenten ließen sich nicht lumpen. Der eine will den niederländischen Torjäger Ruud van Nistelrooy an der Angel haben, ein anderer - den von Bayern München umworbenen - Roy Makaay und ein dritter den Brasilianer Lucio von Bayer Leverkusen. Bei all den Wahlkampfversprechen geriet fast in Vergessenheit, dass der Club 200 Millionen Euro Schulden hat. "Für den Kauf von Spielern hatte Barça bereits (den davongejagten Präsidenten) Joan Gaspart gehabt", lästerte das Sportblatt «As»: "Gaspart holte in drei Jahren 17 Fußballer und führte den Verein in den Ruin."
Hysterie um Präsidentenwahl
Die Wahl des Club-Chefs wird beinahe so betrieben, als würde der Präsident eines Landes gewählt. Die sechs Kandidaten unterhalten eigene Wahlbüros, lassen Plakate kleben und führen Debatten im Fernsehen. Laporta liegt nach seinem Beckham-Coup laut einer Umfrage des Fachblatts «Sport» knapp in Führung. Der 40-jährige Anwalt, der bisher die vereinsinterne Opposition angeführt hatte, erhielt auch die Unterstützung von Ex-Trainer Johan Cruyff. Sein großer Rivale ist der Publizist Lluís Bassat. Der 61-jährige Besitzer einer großen Werbeagentur war eigentlich als Favorit ins Rennen gegangen. Er weigerte sich als einziger Kandidat, die Verpflichtung irgendwelcher Stars zu versprechen. 94.339 Barça-Mitglieder sind wahlberechtigt.
Titelrennen vor Entscheidung
Während in Barcelona am Sonntag deren Stimmen ausgezählt werden, entscheidet sich möglicherweise vorzeitig das Titelrennen in der Primera División. Wenn Real Madrid beim Lokalrivalen Atlético verliert und San Sebastiàn bei Celta de Vigo gewinnt, stehen die Basken einen Spieltag vor Saisonschluss als neuer Meister fest. Atlético kann im Jahr seines 100-jährigen Bestehens zwar keinen Titel gewinnen, aber es kann dem verhassten Rekord-Champion die Meisterschaft vermasseln. "Wir wollen unbedingt gegen Real gewinnen, notfalls durch einen unberechtigten Elfmeter oder durch ein Tor aus Abseitsposition", sagte Atléticos Stürmerstar Fernando Torres. San Sebastiàn rangiert zwei Spieltage vor Ende der Spielzeit einen Punkt vor Real Madrid.