Kommentar Bereit für alles

Von Klaus Bellstedt, Dortmund
Der verdiente 1:0-Erfolg über Polen hat Mut gemacht. Wusste man nach dem Spiel gegen Costa Rica noch nicht so recht, wohin die Reise der Nationalelf bei dieser WM gehen würde, sieht man nun klarer.

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Das DFB-Team ist steigerungsfähig und hat innerhalb von nur fünf Tagen einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das gilt insbesondere für den zuletzt so arg gescholtenen Defensivverbund der Klinsmann-Truppe. Gegen erbittert und hart ankämpfende Polen hielt die Defensive endlich dicht. Die Abwehr ist also durchaus in der Lage, zu Null zu spielen. Das wird neben den nun erzielten sechs Punkten und dem damit so gut wie erreichten Achtelfinale noch mehr Sicherheit geben.

Entscheidend ist im Weltfußball, dass man zunächst kompakt steht. Wer gegen Polen ganz genau hingeschaut hat, dürfte bemerkt haben, dass Jürgen Klinsmann diesbezüglich eine kleine, aber entscheidende Kurskorrektur vorgenommen hat. Die Viererkette stand viel tiefer als noch gegen Costa Rica. Auch das macht Mut: Der Trainerstab hält nicht stur am System fest, sondern bleibt flexibel. Und die Mannschaft ist dann auch in der Lage, die taktischen Vorgaben umzusetzen.

Ballack braucht noch

Fast noch wichtiger als die Leistungssteigerung der Defensive erscheint allerdings ein anderer imminent wichtiger Aspekt: Gegen die osteuropäischen Nachbarn wurde deutlich, dass der "zweite Anzug" der Nationalelf sitzt. Im Laufe eines langen Turniers kann das entscheidend sein. Unabhängig davon, dass sich David Odonkor und Oliver Neuville das Last-Minute-Tor auf ihre Fahne schreiben konnten, die beiden Offensiv-Backups taten dem Spiel der deutschen Mannschaft insgesamt richtig gut. Wer dann auch noch einen Tim Borowski in der Hinterhand hat, kann sich glücklich schätzen.

Der Konkurrenzkampf im Team dürfte nach dem überzeugenden, wenn auch hart erkämpften, zweiten deutschen Sieg bei dieser WM jedenfalls aufs Neue entfacht sein. Wobei vor allem Lukas Podolski aufpassen muss, dass er seinen Stammplatz im Sturm neben Miro Klose nicht bald verliert. Poldi lässt in Einzelaktionen zwar sein Können aufblitzen, hat aber irgendwie noch nicht die richtige Bindung. Das gilt übrigens auch für Michael Ballack. Nach seiner Wadenverletzung kam er gegen Polen viel zu selten ins Spiel, obwohl man sehen konnte, dass er die Partie an sich reißen wollte. Aber es war eben auch zu sehen, dass ein Michael Ballack seine Anlaufzeit benötigt, um in so ein Turnier zu kommen.

Gut gerüstet

Richtig zu kritisieren gibt es nach dem Sieg von Dortmund vielleicht nur eines: Dieses Spiel hätte viel früher entschieden werden müssen. Aber das hat sich die Nationalelf hoffentlich für die kommenden, größeren Herausforderungen aufgehoben. Die werden bei dieser WM ganz sicher noch auf sie zukommen. Und wenn schon: Man ist gerüstet, sogar richtig gut!

PRODUKTE & TIPPS