Fußball-WM 2010 (Un-)heimlicher Star von Uruguay

Diego Forlán und Luis Suárez schiessen die Tore, hinten hält Tormann Fernando Muslera den Kasten dicht. Der große "Macher" des uruguayischen Fußballs werkelt aber hinter den Kulissen. Der umstrittene Spielerberater Paco Casal ist der (un-)heimliche Star.

"Macher" oder Mafia-Boss? An Francisco Casal, besser bekannt als "Paco", scheiden sich in Uruguay die Geister. Die meisten Medien und der eine oder andere Staatsanwalt würden den 55-jährigen Unternehmer und TV-Mogul am liebsten hinter Gitter schicken. Die Profis, die Casal als Berater betreut, und das sind fast alle in Uruguay, sehen in dem untersetzten Mann mit den dicken Gold-Ketten und -Uhren so etwas wie einen "Retter" des Sports in der kleinen Nation. Fest steht, dass Casal der Strippenzieher der "Urus" hinter den Kulissen ist. "Er ist der Herr des Fußballs in Uruguay", titelte jüngst die argentinische Zeitung "Clarin".

Seit mehr als 20 Jahren schon agiert Casal als Agent in Uruguay. Der Mann, der in Anlehnung an die immerfort Geld zählende Disney-Comic-Figur "Onkel Dagobert" genannt wird, gilt neben seinem vor allem in Brasilien tätigen Landsmann Juan Figer als mächtigster Fußball-Agent Südamerikas. Viele Vereine Uruguays stehen bei ihm in der Kreide. Casals Imperium besteht inzwischen auch aus einem TV-Sender, der den südamerikanischen Fußball in die USA exportiert. Die Ex-Stars Enzo Francescoli und Nelson Gutierrez arbeiten eng mit ihm zusammen. In Uruguay hat Casal unter anderem die TV-Rechte für die WM, Basketball und Karneval.

"Er hat so viel Macht, dass die Vereinschefs vom Wechsel eines ihrer Spieler erst erfahren, wenn der schon auf dem Flughafen ist", so Rodolfo Sienra, Ex-Chef des Traditionsvereins Nacional. Medien und Behörden warfen dem früheren Atlético-Madrid-Profi Casal unter anderem "moderne Sklaverei", Steuerhinterziehung und Geldwäsche vor. Eine Richterin ließ sogar Konten des "Fußball-Zaren" in Gesamthöhe von 75 Millionen Dollar einfrieren. Doch mehrere Anhörungen vor der Justiz überstand der Mann mit dem ständigen Grinsen im vergangenen Jahr unbeschadet. Seine Steuern bezahle er im Ausland, konnte er den Richtern glaubhaft machen.

Casal muss sich seit Jahren auch den Vorwurf anhören, er stelle die Nationalelf des Weltmeisters von 1930 und 1950 mit auf, um den Marktwert seiner Spieler zu steigern. Deshalb soll zum Beispiel Sturmstar Diego Forlán so lange von den Nationaltrainern ignoriert worden sein. Der heute 31-Jährige stammt aus einer Familie der oberen Mittelschicht, Casal konnte ihn nicht an sich binden. Dass Casals Späher am Strand von Montevideo oder im verlassenen Hinterland Talente en masse entdecken, sich die Dienste der oft 10- oder 12-Jährigen sichern, indem sie den Eltern einen Kühlschrank oder eine Waschmaschine geben, empört die einen und erfreut andere.

Diego Aguirre, zum Beispiel, nimmt Casal vehement in Schutz. "Er hat den Fußball in Uruguay und den uruguayischen Spieler im Ausland wertvoller gemacht. Casal hat zuvor ungeahnte Märkte erobert. Aber Erfolg scheint bei uns nicht gut anzukommen, deshalb die Kritik", sagt der 44-jährige Ex-Profi, der mit Uruguays Nationaltrainer Oscar Tabárez eng befreundet ist, bis vor kurzem als U-20-Nationaltrainer mit Tabárez zusammen arbeitete und heute den Spitzenclub Peñarol in Montevideo trainiert. Für andere ist der Mann, der sich selbst als "reichster Mensch Uruguays" bezeichnet, einfach ein "Ausbeuter". In einem Buch behauptete der Journalist Mario Bardanca 2007, bei Unregelmäßigkeiten von Casal schauten Politik- und Sport-Oberen immer weg, "aus Angst oder weil sie kompromittiert sind".

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Emilio Rappold, DPA

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