WM-Vergabe 2030 Warum die Entscheidung gravierende Folgen hat und Saudi-Arabien der Gewinner ist

Gianni Infantino in Shanghai, wo der Fifa-Council tagte
"2030 werden wir einen einzigartigen globalen Fußball-Fußabdruck erleben": Gianni Infantino in Shanghai, wo der Fifa-Council tagte
© Ding Ting / DPA
Die Fifa hat die Fußball-Weltmeisterschaft 2030 an sechs Länder auf drei Kontinenten vergeben. Die Folgen für Fans und Teams sind teilweise gravierend. Und Saudi-Arabien ist ebenfalls ein Gewinner. Hier sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die Entscheidung kam überraschend. Eigentlich sollte die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft erst beim Fifa-Kongress 2024 in Bangkok erfolgen. Das hat sich jetzt erledigt. Der Fifa-Rat, eine Art Politbüro des Weltfußball-Verbandes und damit oberstes Beschlussgremium, gab überraschend bekannt, dass die WM 2030 in sechs Ländern auf drei Kontinenten stattfinden wird. Die ersten drei Spiele des Turniers steigen in Uruguay, Paraguay und Argentinien, alle anderen Partien (101 an der Zahl) finden in Spanien, Portugal und Marokko statt. Die Fifa vereinigte so kurzerhand zwei Bewerbungen zu einer. Auf dem Kongress im nächsten Jahr müssen die 211 Landesverbände noch zustimmen. Niemand zweifelt daran, dass die Mehrheit zustande kommt.

Das Turnier wird damit endgültig zu einem Ereignis werden, das sich von einem zentralen oder nahe zusammen liegenden Veranstaltungsort löst. Ab 2026 werden zudem 48 Teams teilnehmen statt 32 wie bisher. Die Metamorphose der Fußball-WM, neben den Olympischen Spielen das größte Sport-Event der Welt, hat gravierende Auswirkungen – und ruft teilweise massive Kritik hervor. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.

Fans: Größere Turniere in mehreren Ländern sind für die Anhänger ein Problem. Sie müssen zeitintensiv und teuer reisen. Fraglich ist auch, ob bei dezentralisierten Turnieren mit großen Distanzen eine echte Fußball-Atmosphäre in den Ländern aufkommt. Ein Sommermärchen wie in Deutschland 2006 wird es in Zukunft kaum mehr geben. An Flughäfen werden kaum Fußball-Partys gefeiert.

Nationalteams: Auch die Mannschaften stehen vor einer logistischen Herausforderung, gerade was die Quartier-Frage betrifft. Besonders die sechs Mannschaften, die zunächst in Südamerika ranmüssen, dürften vor einer schwierigen Aufgabe stehen, wenn sie zum nächsten Spiel erst nach Europa jetten müssen. Es stellt sich die Frage, inwieweit das sportlich einen Nachteil darstellt.

Umwelt: Die Fifa und ihr Präsident Gianni Infantino stellen den Weltverband gern als umweltfreundlich dar. Mehr Nachhaltigkeit gehe kaum, predigen Infantino und seine Marketingabteilung gern. Das Turnier in Katar war demnach klimaneutral. Das dürfte Unsinn sein. Die Fifa erhielt für die Behauptung eine Rüge von der schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK), nachdem es mehrere Beschwerden gegeben hatte. Die Fifa habe den "falschen und irreführenden Eindruck erweckt", die WM in Katar sei bereits vor und während des Turniers klima- und CO2-neutral gewesen, kritisierte die Kommission. Kein Wunder, tausende Fans reisten zu einzelnen Spielen aus den Nachbarländern an, weil es in Katar zu wenige Unterbringungsmöglichkeiten gab. 2026 und 2030 wird es noch viel mehr Anhänger geben, die im Flugzeug die großen Distanzen überwinden. 

Saudi-Arabien: Infantino und der Council haben durch die Vergabe der WM 2030 an sechs Länder und drei Kontinente die Voraussetzungen geschaffen, das Turnier 2034 an Saudi-Arabien zu geben. Warum? Die Kontinente Europa, Südamerika und Afrika sind aufgrund des Rotationsprinzips automatisch aus dem Rennen. Gleiches gilt für Nord- und Mittelamerika, die die WM 2026 in Mexiko, USA und Kanada ausrichten. Bleiben als Ausrichter Länder aus Asien und Ozeanien. Da dürfte sich Saudi-Arabien mit seinen Investitionen in die eigene Liga und zahlreiche Superstars durchsetzen. Australien, ebenfalls ein potenter Ausrichter, hat mit den Olympischen Spielen 2032 in Brisbane kaum Argumente für die Ausrichtung einer WM zwei Jahre später. China fällt als Land ohne Fußball-Begeisterung weg und Japan und Südkorea waren 2002 an der Reihe. Infantinos enge Verbindungen zu Saudi-Arabien werden ein zusätzlicher Faktor sein. Kritiker betrachten die Vergabe 2030 lediglich als Schachzug, um das WM-Turnier 2034 ohne Problem den Saudis zuzuschanzen.

Finanzen: Die Geldmaschine läuft für die Fifa wie geschmiert. Bis 2026 wird mit Einnahmen in Höhe von mindestens elf Milliarden US-Dollar gerechnet. Die WM 2030 dürfte kaum weniger einbringen. Sollte die WM 2034 nach Saudi-Arabien gehen, wird wie schon in Katar die gesamte arabische Welt geeint dahinterstehen, wodurch die Einnahmen erneut steigen dürften.

Kritik: Auf die Entscheidung des Fifa-Councils folgte schnell Kritik. Ein Teil des Fußballs entfremde sich immer weiter von den Fans, heißt es. "Irgendwann spielen wir auf dem Mount Everest, weil wir da einen Fußballplatz hingezaubert kriegen und man das vermarkten kann", sagte zum Beispiel Marco Rose, Trainer von RB Leipzig. "Es sieht so aus, als wären wir noch nicht am Ende, was das Schrauben betrifft. Ich finde es schade, vielleicht sogar albern." Die Fanorganisation Football Supporters Europe (FSE) kritisierte auf X: "Die Fifa setzt ihren Teufelskreis der Zerstörung gegen das größte Turnier der Welt fort."

Quellen: DPA, "Süddeutsche Zeitung", "kicker", "Sportschau"

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