Der 5. NFL-Spieltag Wenn mit Erfolg der Marktwert sinkt. Die paradoxe Welt der Runningbacks

  • von Anja Treiber und Mona Stevens
Kaum zu stoppen: Christian McCaffrey, Runningback der San Francisco 49ers, ist eine der tragenden Säulen seines Teams.
Kaum zu stoppen: Christian McCaffrey, Runningback der San Francisco 49ers, ist eine der tragenden Säulen seines Teams.
© Ezra Shaw / Getty Images / AFP
Die Rookies sorgen in der NFL für Begeisterung. In Texas sorgt C.J. Stroud für Hoffnungen auf bessere Zeiten. In Miami rennt De'Von Achane allen davon – und sorgt ungewollt für eine Senkung seines Marktwerts.

Der Spieler des Spieltags:

Fehler zu vermeiden war schon am College eine seiner größten Stärken. In Woche fünf brach C.J. Stroud, der im diesjährigen Draft an zweiter Stelle von den Houston Texans ausgewählt wurde, nun einen Rekord von Cowboys Quarterback DakPrescott und Tom Brady, dem besten Spielmacher aller Zeiten: Er ist seit 186 Passversuchen ohne Interception. Besonders für Neulinge, die sich erst an das Tempo in der NFL gewöhnen müssen, eine herausragende Leistung. Es ist nicht das erste Mal in der noch jungen Spielzeit, dass Stroud brilliert: Schon in den ersten vier Spielen schrieb er mit seinen 1212 Passing Yards Geschichte. Besser war bislang nur Cam Newton, der vor zwölf Jahren mit 1286 Yards in den ersten vier Partien weiterhin den Rekord hält.  Stroud reiht sich damit in eine illustre Liste ein: 1200 Yards ohne dass der Ball in des Gegner Händen landete gelang zuvor nur Aaron Rodgers, Patrick Mahomes, Drew Brees, Tom Brady und Peyton Manning ein. Ein elitärer Kreis und damit mehr als eine Hoffnungsschimmer für die Houston Texans, die zurück in die Erfolgsspur wollen – beim 19:21 gegen die Atlanta Falcons am Sonntag schon die dritte Niederlage in fünf Spielen einstecken mussten.

Die Überraschung des Spieltags:

Die International Series der NFL ist in vollem Gange und so spielten gestern die Buffalo Bills gegen die Jacksonville Jaguars in London. Nach ihrem spektakulären 48:20-Sieg über die Miami Dolphins in der Vorwoche  sollten die Bills eigentlich mit Rückenwind im Tottenham Hotspur Stadium landen. Hiervon war jedoch zu Beginn der Partie wenig zu spüren. Vor allem das Laufspiel von Buffalo hatten die Jaguars mehr als im Griff. Die Offense rund um Quarterback Trevor Lawrence war bereit, dieses Spiel für sich zu entscheiden: Stützpfeiler des Erfolgs war Runningback Travis Etienne, der für 136 Yards und zwei Touchdowns lief. Da stellt sich doch die Frage, ob der Jetlag der Bills mit ein Grund für die Niederlage war. Buffalo reiste erst am Freitag für die Partie an, während die Jaguars bereits in der Vorwoche eine Partie in London spielten und in der Metropole blieben. Erst im letzten Viertel legten die Bills ihre Schläfrigkeit ab: Josh Allen, Quarterback der Bills, führte sein Team mit nur vier Spielzügen in die Endzone zum 20:25. Der anschließende Onside Kick, ein kurz ausgeführter Kick in der Hoffnung den Ball direkt wieder zu erobern, war jedoch ohne Erfolg. Zwar bekamen die Bills den Ball noch einmal mit rund 30 Sekunden auf der Uhr zurück, verloren ihn aber durch einen Fumble von Wide Reciever Stefon Diggs an Jacksonville, die damit das Spiel beendeten. 

Anja Treiber (links) spielt als Wide Receiver für die Erlangen Rebels sowie die deutsche Nationalmannschaft (Tackle und Flag). Mit der Nationalmannschaft gewann sie 2015 die Bronzemedaille bei der EM, im Flag-Football 2017 die EM-Silbermedaille. Zuvor spielte die Lehrerin für Sport und Latein 25 Jahre Fußball, unter anderem für den SV 67 Weinberg in der zweiten Frauenbundesliga. Seit 2023 ist sie zudem im Trainerteam der neu gegegründeten U17-Mädchen-Flagfootball-Nationalmannschaft als Offensive Coordinator tätig.   Mona Stevens spielt für die "Saarland Ladycanes" sowie die deutsche Football-Nationalmannschaft der Frauen (Flag und Tackle) auf der Position des Quarterbacks. Außerdem fungiert Stevens seit 2022 für die NFL als offizielle Botschafterin des Flag Footballs. Die Saarländerin ist Teil des RTL NFL On-Air-Teams und in zahlreichen Formaten als Football-Expertin zu sehen.
Anja Treiber (links) spielt als Wide Receiver für die Erlangen Rebels sowie die deutsche Nationalmannschaft (Tackle und Flag). Mit der Nationalmannschaft gewann sie 2015 die Bronzemedaille bei der EM, im Flag-Football 2017 die EM-Silbermedaille. Zuvor spielte die Lehrerin für Sport und Latein 25 Jahre Fußball, unter anderem für den SV 67 Weinberg in der zweiten Frauenbundesliga. Seit 2023 ist sie zudem im Trainerteam der neu gegegründeten U17-Mädchen-Flagfootball-Nationalmannschaft als Offensive Coordinator tätig. 
Mona Stevens spielt für die "Saarland Ladycanes" sowie die deutsche Football-Nationalmannschaft der Frauen (Flag und Tackle) auf der Position des Quarterbacks. Außerdem fungiert Stevens seit 2022 für die NFL als offizielle Botschafterin des Flag Footballs. Die Saarländerin ist Teil des RTL NFL On-Air-Teams und in zahlreichen Formaten als Football-Expertin zu sehen.
© Privat

Die unterbezahlten Fan-Lieblinge:

Die Position des Runningbacks ist vielfältig wie keine andere in der NFL: Christian McCaffrey erzielt Touchdown um Touchdown für die San Francisco 49ers, indem er seine Gegner mit schnellen Richtungsänderungen ins Leere laufen lässt, nach einem Hit trotzdem die Balance nicht verliert oder wie ein Hürdenläufer spektakulär über die Verteidiger springt. Derrick Henry dagegen räumt mit purer Kraft und physischer Überlegenheit jeden Gegenspieler aus dem Weg, der ihn aufhalten will. Und dann gibt es De'Von Achane, der einfach schneller sprintet als alle anderen. Der Rookie, der von den Miami Dolphins in der dritten Runde des NFL Drafts ausgewählt wurde, erlief gegen die Giants einen 76-Yard Touchdown, bei dem er eine Geschwindigkeit von 21,76 mph – also 35 km/h – erreichte. Mit seinen sieben Touchdowns hat er mehr Punkte in seinen ersten vier NFL-Spielen erzielt als jeder andere Spieler der Geschichte vor ihm.

Das Paradoxe daran ist, dass er mit seinen Erfolgen dazu beiträgt, dass sein finanzieller Wert in der Zukunft sinkt: Die Position des Runningbacks ist eine der verletzungsanfälligsten der gesamten NFL. Die Knorpel in Sprunggelenken und Knien müssen jede Woche aufs Neue hohen Belastungen standhalten, so gut wie jeder Lauf endet mit einem harten Hit eines D-Liners oder Linebackers. Verletzungen, die zum Saisonaus führen, passieren fast jedes Spiel. Warum sollte man also den billigen Rookievertrag eines Runningbacks nach vier Jahren verlängern, wenn man wie bei einem Gebrauchtwagen damit rechnen muss, dass der Motor schon ziemlich abgenutzt ist? Warum nicht einen Neuwagen kaufen, der sogar günstiger ist als der Gebrauchte?

Spieler wie Achane oder Austin Ekeler, der nicht einmal im Draft ausgewählt wurde, zeigen, dass man gute Runningbacks für kleines Geld überall finden kann. Und tatsächlich verdienen im Schnitt nur Punter und Kicker schlechter als die Ballträger, die als Fanlieblinge jedes Spiel aufs Neue den körperlich härtesten Job auf dem Feld haben. Differenzen zwischen Spielern und General Managern sorgen bei der Vertragsverlängerung jede Offseason dafür, dass Superstars wie Jonathan Taylor und Saquon Barkley mit Streik drohen. Letzterer hat sich vor wenigen Monaten geweigert, für weniger als elf Millionen Dollar pro Saison zu spielen – und fällt seit Spieltag zwei wegen einer Sprunggelenksverletzung aus. 

Die Debatte um die Gehälter der Runningbacks ist alles in allem also eher eine moralische als eine wirtschaftliche: Zahle ich dem Spieler, dessen Körper am meisten leidet, mehr Gehalt, weil er nicht lange auf hohem Niveau spielen kann, oder gerade deswegen weniger? Die aktuelle Antwortet lautet: Weniger! Die NFL ist eben doch ein hartes Business. 

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