Hätten wir vor der Saison prognostiziert, welcher Quarterback zu dieser Zeit des Jahres am heißesten läuft, dann wären viele Namen denkbar gewesen. Aber einer ganz sicher nicht: Joshua Dobbs. Joshua wer? Doch, ganz recht: Der Mann mit der markanten Glatze, der seit dem November des vergangenen Jahres sage und schreibe fünf verschiedenen Franchises in seiner Vita stehen hat. Der Mann, der 2017 in der vierten Runde von den Pittsburgh Steelers gedraftet wurde, damals, um hinter „Big Ben“ Roethlisberger zu lernen. Der Mann, der erst in der Saison 2022 seine ersten richtigen Snaps als Starter bei den Tennessee Titans bekam, wo er dann aber auch schnell wieder weg vom Fenster war – und der jetzt, die Liga und etliche Fans beeindruckt. Journeyman nennen sie solche Spieler in den USA, und Reisende soll man bekanntlich nicht aufhalten. Aber manchmal sind Reisende eben auch nicht aufzuhalten. Dabei kam Dobbs ja auch zu den Minnesota Vikings nur als Backup, nachdem Kirk Cousins wegen eines Achillessehnenrisses für restliche Saison ausgefallen war. Und mit einem Male musste er aufs Feld, ohne je mit der Mannschaft trainiert zu haben.
Über seinen kurzfristigen Wechsel von den Cardinals zu den Vikings hat Dobbs selbst eine ganz famose Allegorie gefunden: „Das ist so, als ob man das ganze Jahr über Spanisch gelernt hat, dann am Mittwoch auftaucht und gesagt bekommt, dass man am Sonntag eine Prüfung in Französisch hat.“
Er kannte nämlich kaum die Namen seiner neuen Teamkollegen, geschweige denn die Playcalls, und doch führte er die Vikings im ersten Einsatz zum 31:28-Sieg über die Atlanta Falcons, mit einem spektakulären Lauf und zwei Touchdownpässen, eben weil auch Quarterback Jaren Hall verletzt vom Feld gemusst hatte. Das ist mehr als nur ein Sprung ins kalte Wasser, das ist im American Football mit seiner detaillierten, alle Eventualitäten antizipierenden Spielvorbereitung eigentlich eine Unverschämtheit.
Seither ist jedenfalls Dobbs-Mania.
Tanking in Minnesota? Von wegen!
Gut zu Fuß war Dobbs dabei sogar schon länger, er ist nach Lamar Jackson (535) mit 389 Yards auf Platz zwei der aktuellen Rushing-Yard-Liste. Und auch die folgenden Spiele laufen stark für ihn, mit einem Sieg über die Saints und einer knappen Niederlage gegen die Denver Broncos hat Dobbs bewiesen, dass er entgegen aller Unkenrufe sehr wohl das Team führen kann – und Minnesota die Saison mitnichten herschenken, ja gar tanken muss.
Woran das liegt? An der Stelle kann man nur mutmaßen, aber auch Headcoach Kevin O'Connell hat mehr als nur einmal die enorme Intelligenz von Dobbs gelobt, die irrsinnig schnelle Auffassungsgabe, dessen intuitives Verstehen neuer, hochkomplexer Informationen. Vielleicht ist Dobbs einfach kein normaler Spieler. Er hat zum Beispiel, so viel Trivia muss jetzt mal sein, ein Studium in Luft- und Raumfahrttechnik an der University of Tennessee abgeschlossen und während der NFL-Sommerpause zwei Praktika bei der NASA absolviert.
In Dallas fallen die defensiven Rekorde
Offense wins games, defense wins championships – so lautet eine der am häufigsten verwendeten Phrasen im Sport. Sollte sie wahr sein, haben die Dallas Cowboys gute Chancen, in den Playoffs weit zu kommen. Ihre Defensive zählt nämlich aktuell zu den Top 3 in der NFL. Auch am Sonntag haben sie mit einem 33:10-Sieg gegen die Carolina Panthers bewiesen, dass mit ihnen zu rechnen ist. Stützpfeiler des Erfolgs waren wie so oft Linebacker Micah Parson und Cornerback DaRon Bland: Parson setzte Carolinas Quarterback Bryce Young durchgängig unter Druck und sackte ihn 2,5 mal. Bland indes fing schon wieder den Ball ab, seine sechste Interception in dieser Saison – die er dann auch noch in die Endzone zurücktrug. Mit seinem vierten "Pick Six" in dieser Saison hat er einen alten Rekord von 1993 eingestellt. Und ganz nebenbei zementiert, dass die Cowboys trotz mancher Wackler klar auf Playoffkurs sind.
Halbzeit in der NFL
Schauen wir einmal, wer es Stand heute in die Playoffs schaffen würde.
An erster Stelle das Rematch, welches wir übrigens heute Nacht bestaunen können: Die AFC-Leader aus Kansas City treffen auf die führenden der NFC, die Philadelphia Eagles.
In der AFC stehen hinter den Chiefs die Ravens mit 8-3 und danach gleich drei Teams mir demselben Record (also der gleichen Anzahl an Siegen und Niederlagen): Die Jacksonville Jaguars, die Miami Dolphins und die Cleveland Browns mit je 7-3, gefolgt von den Houston Texans und den Pittsburgh Steelers mit jeweils 6-4. Dann sehen wir die Bills mit 6-5, außerdem die Colts, die Broncos und die Bengals mit jeweils fünf Siegen und fünf Niederlagen.
In der NFC stehen hinter den Eagles die Detroit Lions mit 8-2 an zweiter Stelle, die 49ers mit 7-3 auf Platz drei und die New Orleans Saints mit 5-5 auf Platz vier. Dahinter mit 7-3 die Cowboys, auf Platz sechs die Seattle Seahawks mit 6-4 und die Minnesota Vikings auf sieben mit 6-5. On the Bubble sind gleich vier Teams, die aktuell bei 4-6 stehen: Die Green Bay Packers, die L.A. Rams, die Atlanta Falcons und die Tampa Bay Buccaneers.
Bis zum 13.Januar 2024 kann und wird sich hier noch einiges tun, denn dann geht es mit den Wildcard Games in die heiße Phase der NFL Playoffs.
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