Olympia 2012 - Pechvogel des Tages Munkis rabenschwarzer Tag

  • von Ingo Scheel
Bei ihrer sechsten Olympia-Teilnahme hat Sportschützin Munkhbayar Dorjsuren Gold vor Augen - bis plötzlich ihre Pistole den Dienst versagt. Erst kurz vor den Spielen hatte sie das Fabrikat gewechselt.

Für Munkhbayar Dorjsuren hätte der Tag auf der olympischen Schießanlage in London kaum tragischer laufen können. Eine klemmende Sportpistole kostete die Wahl-Münchnerin die Finalteilnahme und damit auch das dritte olympische Edelmetall. "Ich hatte die Medaille schon um den Hals. Leider ist mir so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht passiert. Dabei schieße ich schon ein halbes Leben lang."

1992 in Barcelona holte "Munki", wie ihre deutschen Teamkollegen sie heute nennen, im Alter von 23 Jahren die Bronzemedaille mit der Sportpistole – für die Mongolei, ihr Geburtsland. In Atlanta und Sydney startete sie nicht ganz so erfolgreich. Nach den Olympischen Spielen 2000 in Australien kam sie nach Deutschland, der besseren Perspektive wegen, 2002 wurde sie deutsche Staatsbürgerin, 2005 Bundeswehr-Soldatin.

Keine weitere Störung riskieren

Drei Jahre danach das zwischenzeitliche Happy End für Dorjsuren, in Peking holt sie als erste Frau für Deutschland eine Medaille, die bronzene ist es, im Schießen mit der Sportpistole. In London nun hat sie sogar Gold vor Augen - bis das Sportgerät unglaublicherweise den Dienst verweigert. "Der Repetierschlitten klemmte. Wir tauschten dann das Gerät mit der Ersatzwaffe, um kein weiteres Risiko einzugehen", erläuterte Pistolen-Bundestrainer Peter Kraneis das Dilemma der Deutsch-Mongolin. Eine weitere Waffenstörung hätte das Aus bedeutet.

Stattdessen muss Dorjsuren ganz allein schießen, nachdem alle Konkurrentinnen den Vorkampf abgeschlossen haben. Sie landet zwei Neunen und eine Acht, die Konzentration wackelt. Mit all ihrer Erfahrung, zusätzlich motiviert durch die Anwesenheit ihrer 17-jährigen Tochter, fängt sie sich – für die nächste Runde reicht es nicht mehr. Mit 582 Ringen landet sie auf Platz zwölf – es fehlt nur ein einziger Zähler.

Ein Stipendium bringt Dorjsuren nach London

Dabei hatte sie unmittelbar vor Olympia nach mehr als 20 Jahren den Hersteller der Waffe gewechselt. Eine weitreichende Entscheidung für die Wahl-Müncherin. Ihre Festanstellung als Repräsentantin der alten Firma war sie damit los. Offiziell arbeitslos gemeldet war es lediglich ein ganz neues Stipendium der Deutschen Sporthilfe, dass Dorjsuren die Teilnahme an den Spielen in London überhaupt noch ermöglichte.

Ein weiteres Happy End blieb nun aus. "Wenn ich schlecht geschossen hätte, okay." so die völlig frustrierte Schützin. "Aber ich war selbstbewusst, in Topform und war voll oben dabei. Dann passiert so etwas." Auch Munkis Ehemann konnte keinen Trost spenden. Die Behörden hatten dem Mongolen das Visum verweigert.

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