Die XXIII. Olympischen Winterspiele in Pyeongchang werden cooler, trendiger und offener für Frauen sein. Dafür hat das Internationale Olympische Komitee vier neue Disziplinen in das Programm aufgenommen: Das spektakuläre Big-Air im Snowboard, den Massenstart im Eisschnelllauf und die Mixed-Team-Wettbewerbe im alpinen Skisport und im Curling. Gestrichen wurde der Parallelslalom im Snowboard. "Attraktivität first" lautet das IOC-Motto!
Die olympischen Innovationen auf Eis und Schnee stoßen auf unterschiedliche Resonanz und Zustimmung. "Mir macht das Spaß, aber die Regeln versteht kein Mensch", meinte Claudia Pechstein, die bei ihrer siebten Olympia-Teilnahme im Massenstart Neuland betritt. "Wie soll man es auch erklären, dass am Ende jemand auf Platz vier landet, der als Letzter oder Vorletzter ins Ziel kommt - nur weil er ein paar Punkte in den Sprintwertungen geholt hat." Nach ihrem Weltcupsieg in Calgary in dieser neuen Disziplin ist auch in Südkorea nichts unmöglich, doch die Konkurrenz ist durch den Coup gewarnt: "Ich glaube kaum, dass mich die Favoritinnen weglaufen lassen."
Big Air ist wie "Gladiatoren-Snowboardfahren"
Viel Courage erfordert die Flugshow im Big-Air, bei dem die Snowboard-Akrobaten über eine Schanze sausen und atemberaubende Sprünge und Salti zeigen. "Es ist Gladiatoren-Snowboardfahren", sagte die gebürtige Münchnerin Silvia Mittermaier. "Es fühlt sich verdammt gut an, wenn es vorbei ist und man den Kampf überlebt." Dass der Parallelslalom dafür gestrichen wurde, bedauert Stefan Knirsch, Sportdirektor von Snowboard Germany: "Es ist kein Geheimnis, dass die Racemannschaft zuletzt die Kohlen aus dem Feuer geholt hat." Wie in Sotschi mit Silber und Bronze durch Anke Karstens und Amelie Kober.
Mixed-Curling feierte schon einen Tag vor der Eröffnungsfeier in Pyeongchang die Premiere - allerdings ohne deutsche Starter, die sich nicht für Olympia qualifizierten. Auf den Einstand des alpinen Team-Events freut sich der Alpindirektor des Deutschen Skiverbandes. "Eine gute Entscheidung", befand Wolfgang Maier, kritisierte aber auch, dass zu viele Trendsportarten zu olympischen Sportarten gemacht würden und dadurch das Programm verwässert werde: "Wenn man sich das Programm anschaut, verliert sich der Olympiasieger in der Masse der Olympiasieger. Die Wertigkeit wird immer weniger."
Der Deutsche Olympische Sportbund sieht die Aufstockung auf nun 102 olympische Disziplinen und die Modernisierung ebenfalls zwiespältig.
"Es gab ja schon in Sotschi neue Disziplinen, an denen wir uns auch haben messen lassen", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. "Und wir hatten mit Gold im Skispringen durch Carina Vogt sowie im Snowboard mit Silber und Bronze schöne Medaillengewinne."
In Deutschland sind neue Disziplinen unterentwickelt
In Summe sehe er aber auch, dass die neuen Disziplinen in Deutschland nicht so gut entwickelt seien wie in anderen Ländern. Es gebe keine professionelle Halfpipe und die Förderung der Trendsportarten ließe zu wünschen übrig. "Da ist viel Luft nach oben. Bis jetzt mussten wir uns auf die traditionellen Sportarten konzentrieren", sagte er.
Für Hörmann stellt sich aber auch die Frage, ob man jeden Trend mitmachen müsse. Es gebe neue Disziplinen, die in der "sportfachlichen Logik" dauerhaft olympisch sein werden wie Frauen-Skispringen oder der alpine Team-Wettbewerb. "Solche Trends muss man natürlich aktiv und offensiv aufnehmen", so Hörmann. "Anders sehe ich es, wenn im Zuge der Agenda 2020 eine exotische Sportart einmalig olympisch wird, weil sie im jeweiligen Olympia-Gastgeberland hohe Popularität genießt."
Trotz dieser Bedenken diskutiert der DOSB schon mit dem Deutschen Alpenverein über ein Leistungskonzept, weil Klettern zum Sommerspiele-Programm 2020 in Tokio gehören wird. "Wir kämpfen aktiv dafür, dass die so genannten nichtolympischen Verbände auch weiterhin öffentlich gefördert werden", erklärte Hörmann. "Denn nahezu jeder von diesen kann eben nun plötzlich olympisch werden."