45.48° Nord, 44.18° West Super Stimmung, solide Technik

Ein kalter Morgen auf einem kalten, leeren Meer. Grauer, wolkenzerfressener Himmel, hartes Wehen.

Das Boot ist auf 45.48 Nord, 44.18 West, querab Flamish Cap.

Ein kalter Morgen auf einem kalten, leeren Meer. Grauer, wolkenzerfressener Himmel, hartes Wehen.

Schäden der Nacht

Die Jungs der letzten Wache sind kaputt. In der Nacht ist in einer Bö der Spinnaker quergeschlagen und hat das Vorstag beschädigt. Bis zum Morgen dauern die Reparaturarbeiten, mehrfach müssen sich Gunnar und Timmi am Vorstag hochziehen lassen - bei über 20 Knoten Wind und 18 Knoten Fahrt -, um es wieder gängig zu machen. Jetzt funktioniert es einigermaßen. Nur die große Genua werden wir wahrscheinlich nicht mehr benutzen können.

Erschöpft löffelt die Nacht-Crew ihr Müsli und taumelt in die Kojen; selbst Paul, dem Dauerlustigen, ist heute Morgen das Lachen vergangen. Die Morgen-Crew quält sich einsilbig in das feuchte Ölzeug und klettert an Deck.

Halbzeit, Bergfest

Gut 1.600 Meilen liegen jetzt hinter uns. Heute Abend können wir die Hälfte der Strecke nach Hamburg hinter uns gebracht haben. Halbzeit, Bergfest. Zeit für eine Zwischenbilanz. Material? Exzellent. Ein einziger Spleiss ist aufgegangen, sonst hat bisher jedes Segel, jedes Fall, jede Schot gehalten. Um das zu würdigen, muss man wissen, dass ständig bis zu zehn Tonnen Last auf dem Tauwerk liegt.

Pannen bei Nebensächlichkeiten

Auch das Boot, seine Bauweise, seine Struktur bewähren sich. Allerdings ist die UCA - ein Unikat, auf dem nichts aus der Schublade kommt! - in der abenteuerlich kurzen Zeit von sieben Monaten gebaut worden, und da müssen am Ende immer mehr Entscheidungen in immer kürzerer Zeit getroffen werden. So kommt es dann bei Nebensächlichkeiten zu Pannen. Die Pumpe des einzigen Waschbeckens für 19 Mann hat gleich zu Beginn ihren Geist aufgegeben; aber die Körperpflege an Bord ist sowieso eher eine mentale Aufgabe. Die Pantry ist falsch angeordnet - wer Tee macht oder abwäscht, kann sich nicht festhalten und wird bei Seegang herausgeschleudert. Auch die Steuerpulte und Steuerräder sind zu klein dimensioniert - für den Rudergänger Schwerarbeit und Schulterqual.

Motivation

Die Grinder-Beschläge erweisen sich ebenfalls als ungeeignet, sie taugen eher für die Belastung kurzer Distanzen als für die Dauerbeanspruchung dieser Langstreckenregatta. Aber das, worauf es ankommt, hat sich bewährt. Ebenso wie die Crew. Reine Profis, sagt Tim Kräger, würden das Boot auch nicht viel schneller segeln. Klar würden die Manöver dann etwas präziser sitzen und Segelstellungen schneller optimiert. Aber die Motivation und Einsatzbereitschaft wären bei Profis auch nicht größer, und die Stimmung an Bord der UCA ist optimal.

Erfahrene Experten

Andererseits profitiert die Crew enorm von den erfahrenen Experten wie Tim Kröger, der ihr beispielsweise beigebracht hat, die großen Vorsegel grundsätzlich mit doppelten Schoten zu fahren. Gibt es Bruch, gibt es wenigstens kein Kleinholz.

Aber auch Nico, der Bootsmann, ist eine starke Stütze. Man fragt sich, wann er eigentlich schläft, weil man ihn ständig mit einem Schraubenzieher hinterm Ohr und einem Schraubenschlüssel in der Hand irgendwo im Boot bei Reparaturen , Basteleien und Ausbesserungen trifft. Nico, der 25-jährige aus Winsen an der Luhe, der schon als Schüler so vom Hochseesegeln begeistert war, dass er dem Teilnehmer des Whitbread-Rennens um die Welt 1997/98,Tim Kröger, einen Fanbrief mit der Bitte um eine Mütze schickte. Die bekam er postwendend. Und heute segelt er mit seinem alten Idol zusammen auf der UCA. Und die Mütze hat er dabei auf dem Kopf.

Peter Sandmeyer

PRODUKTE & TIPPS