Basketball-EM Der große Wurf des kleinen Litauen

Enthusiastisch feierten die litauischen Fans mit Auto-Korsos und Hup-Konzerten in den Metropolen Vilnius und Kaunas den dritten EM-Titel im Basketball nach 1937 und 1939. Doch eine echte Überraschung ist der Triumph der Balten nicht.

Das kleine Litauen bleibt eine Großmacht im Basketball. "Ich bin stolz darauf, dass wir eine ganze Nation glücklich gemacht haben", sagte Spielmacher Sarunas Jasikevicius nach dem mit einem 93:84-Finalsieg über Spanien errungenen dritten Europameister-Titel nach 1937 und 1939. "Wir brauchen eine Weile, um zu begreifen, was da passiert ist." Jasikevicius wurde in Stockholm von der internationalen Fachpresse zum "wertvollsten Spieler" gewählt. Zehntausende Litauer feierten den Triumph ihres Teams in der Heimat spontan mit Straßenfesten.

Basketball beliebter als Fußball

Doch eine echte Überraschung ist der EM-Triumph der in Basketball vernarrten Balten nicht. In dem nur rund 3,5 Millionen Einwohner zählenden Land rangiert die Korbjagd im wahrsten Wortsinn "um Längen" vor Fußball. Bei nur 5000 lizenzierten Spielern schrieb das Dutzend Elite-Korbjäger 64 Jahre nach dem letzten, mit Heimvorteil in Kaunas errungenen EM-Titel ein denkwürdiges Kapitel in der Historie der kleinen Basketball-Nation. Ministerpräsident Algirdas Brazauskas hatte höchstpersönlich in Stockholm die Bewerbung um die EM 2007 vorgetragen.

Nach drei Mal Olympia-Bronze in Barcelona (1992), Atlanta (1996) und Sydney (2000) gelang dem Team von Trainer Antanas Sireika im Sportpalast "Globen" der große Wurf. Entsprechend enthusiastisch feierten die litauischen Fans bei den nächtlichen Siegesfeiern mit Auto-Korsos und Hup-Konzerten in den Metropolen Vilnius und Kaunas. Auch in den Straßen Stockholms wurden zu mitternächtlicher Stunde unter lautstarker Skandierung "Lituva" die Fahnen in gelb-grün-rot geschwungen.

Jasikevicius ohne NBA-Ambitionen

Auch Jasikevicius hüllte sich in eine Fahne. Nach seiner Ambition befragt, einmal in der US-amerikanischen Profi-Liga NBA zu spielen, meinte er: "Immer wenn ich Angebote hatte, stand ich gerade unter Vertrag. Aber ich fühle mich sehr wohl in Europa." Der vom deutschen Ex-Bundestrainer Svetislav Pesic beim FC Barcelona nicht mehr Gelittene heuerte nach dem "Triple" mit "Barca (Meisterschaft, Pokal und Europacup) für die nächste Saison bei Israels Abonnementsmeister Maccabi Tel Aviv an.

Der Einjahresvertrag erhält dem von schwedischen Gazetten mit dem legendären NBA-Star "Magic" Johnson verglichenen Ideengeber alle NBA- Optionen. Im Finale brillierte er mit 10 Punkten und 9 Assists, mit denen er Shooting-Star Arvidas Macijkauskas (21) und den 2,16 Meter langen Eureijlius Zukauskas (18) "fütterte". Er wird sich gut überlegen, ob der dollarträchtige Sprung über den großen Teich Sinn macht. Denn die teamorientierten Litauer holten nach den Absagen der Ikone Arvidas Sabonis und des gleichfalls 2,20m-Riesen Zydrunas Ilgauskas mit viel Herzblut den Titel ohne Spieler aus der NBA. Deren Protagonisten Dirk Nowitzki (Deutschland) und Predrag Stojakovic (Serbien und Montenegro) erlebten auch verletzungsbedingt in Schweden ihr Waterloo.

Tränenreiches Trauma

Auch der 2,14 Meter lange Pau Gasol (Memphis Grizzlies) konnte trotz seiner 36 Punkte den zum vierten Mal nach 1973, 1983 und 1999 in einem EM-Finale unterlegenen Spaniern nicht zum ersten Titel verhelfen. Kleiner Trost des tränenreichen Traumas: Gasol beerbte mit 155 Punkten als EM-Korbschützenkönig Nowitzki, der es 2001 in der Türkei auf 200 Punkte gebracht hatte.

DPA
Reinhard Schwarz

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