Selbst ein kleiner Umweg am Brandenburger Tor konnte Paul Tergat nicht von seiner Mission Weltrekord abbringen: Mit der Fabelzeit von 2:04:55 Stunden gewann der 34 Jahre alte Kenianer heute den 30. Berlin-Marathon und unterbot wie angekündigt die Bestmarke von Khalid Khannouchi (USA/2:05:38), dem Tergat in jenem Lauf vor anderthalb Jahren in London um zehn Sekunden unterlegen war.
"Das hat mich damals schon etwas geärgert, und ich bin glücklich, dass ich mir heute den Weltrekord holen konnte. Darauf hatte ich meine ganze Vorbereitung ausgerichtet", sagte der fünfmalige Cross-Weltmeister, der das Ziel nur eine Sekunde vor seinem als Tempomacher verpflichteten Landsmann Sammy Korir erreichte. Lohn der Mühen waren neben dem (unbekannten) Antrittsgeld die Siegprämie von 30.000 Euro sowie 50.000 Euro Bonus für den Rekord.
Erste Gratulantin Tergats war seine Ehefrau Monica, die ihren Mann in Berlin wie zu allen wichtigen Rennen begleitete und direkt nach dem Zieleinlauf in die Arme schloss. Zuvor hatte Frau Tergat noch eine Schrecksekunde zu überstehen: 20 Meter in Führung liegend wusste der Spitzenreiter nicht, welchen Bogen er durch das Brandenburger Tor wählen musste. Er nahm nicht den kürzesten Weg, so dass der eigentlich schon abgehängte Korir noch bis auf eine einzige Sekunde heran kam.
Tergat setzte sich bereits auf den ersten Kilometern ab
Tergat hatte sich mit Vorjahressieger Raymond Kipkoech, sechs weiteren Landsleuten sowie zwei japanischen Läufern schon auf den ersten Kilometern vom großen Pulk abgesetzt. Bei idealem Rennwetter und Windstille wurde die Hälfte der Distanz von der Spitze in 1:03:01 Stunden bewältigt. Danach verschärften Tergats «Edelhasen» Korir und Titus Munji, der am Ende Dritter wurde, das Tempo. Vorjahressieger Kipkoech, der nach einer langwierigen Verletzung erst im Juli wieder ins Training einsteigen konnte, musste den Kontakt abreißen lassen.
Mit dem Berliner Paukenschlag hat Paul Tergat, der mit 59:06 Minuten auch die Weltbestzeit im Halbmarathon hält, endlich seinen ersten Sieg in einem wirklich großen Rennen unter Dach und Fach gebracht. Die fünf Titel als Crossweltmeister und die beiden Goldmedaillen bei der Halbmarathon-WM wurden zuvor längst nicht so registriert wie seine Aufsehen erregenden Niederlagen auf der Bahn. Bei den Olympischen Spielen von 1996 und 2000 unterlag Tergat über 10.000 Meter jeweils nach packenden Spurts dem Äthiopier Haile Gebrselassie, der ihm am 1. Juni 1998 in Hengelo mit 26:22,75 Minuten auch den am 22. August 1997 in Brüssel gelaufenen Weltrekord (26:27,85) über die 25 Stadionrunden entriss. Auch bei seinen bisherigen fünf Starts auf der Marathonstrecke konnte Tergat nie als Erster das Ziel erreichen, hielt aber nach dem Londoner Lauf 2002 immer noch die zweitbeste Zeit auf dieser Distanz.
Keine große Favoritin bei den Frauen
Bei den Frauen fehlte in diesem Jahr die große Favoritin. Am Ende sicherte sich die Japanerin Yasuko Hashimoto, die erst in diesem Jahr ihr Marathon-Debüt bestritten hatte, in ihrem dritten Lauf über diese Distanz in 2:26:32 Stunden den Sieg vor Emily Kimuria aus Kenia und Ornella Ferrara aus Italien.
Bei den Rollstuhlfahrern musste Heinz Frei nach zwölf Siegen in Folge wieder eine Niederlage einstecken. Der bisher 15 Mal in Berlin erfolgreiche Schweizer gab sich aber erst nach einem spannenden Finish mit zwei Sekunden Rückstand dem Franzosen Joel Jeannot geschlagen. Für Sieger Jeannot wurden 1:25:19 Stunden gestoppt. Bei den Frauen gab es durch Yvonne Sehmisch einen deutschen Erfolg. Bereits am Samstag hatten sich Vorjahressieger Juan Carlos Betancur (Kolumbien) und Julie Glass (USA) im erstmals separat ausgetragenen Wettbewerb der Inline-Skater durchgesetzt.
Hans Moritz und Dieter Braden, dpa