Titel da, Titel weg, Titel wieder da: Der norwegische Biathlon-Rekordweltmeister Ole Einar Björndalen ist trotz einer "individuellen Streckenwahl" und nach mehreren Protesten zum Weltmeister im Verfolgungsrennen über 12,5 Kilometer erklärt worden. Erst drei Stunden nach seinem Zieleinlauf konnte sich der Norweger endgültig über den nächsten Gold-Coup freuen. Es war der 12. WM-Sieg und der 86. Weltcup-Erfolg des 35 Jahre alten Norwegers, der damit zu Rekordhalter Ingemar Stenmark (Schweden) aufschloss, der im Alpin-Zirkus in den 70er und 80er Jahren ebenso viele Siege einfahren konnte.
Die Medaillen-Entscheidung traf letztlich die Berufungsjury bei der Biathlon-WM im südkoreanischen Pyeongchang. "Wir haben den Wettkampf rekonstruiert und festgestellt, dass sich damit kein Athlet einen Zeitvorteil verschafft hat. Also gab es weder für Zeitstrafen oder Disqualifikationen einen Grund", erklärte Gottlieb Taschler. Der Südtiroler Vizepräsident der Internationalen Biathlon-Union gehörte mit den beiden anderen Vizepräsidenten Nami Kim (Korea) und Ivor Lehotan (Slowakei) dem Entscheidungs-Gremium an.
60 Sekunden Zeitstrafe
Sprint-Sieger Björndalen war ursprünglich wie elf weitere Skijäger von der Jury wegen Verlassens der Strecke mit 60 Sekunden Zeitstrafe belegt und der zweitplatzierte Russe Maxim Tschudow als Weltmeister geehrt worden. Die Bronzemedaille in dem Chaos-Rennen ging an Björndalens Team-Kollegen Alexander Os. Bestplatzierter Deutscher war Michael Rösch (Altenberg) als Neunter. Michael Greis (Nesselwang) kam auf Rang 13.
Björndalen hatte die 12,5 Kilometer lange Hetzjagd mit 41,7 Sekunden Vorsprung vor dem Russen beendet. Beim Start wählte er jedoch einen falschen Weg, der laut Zeitmessung zwei Sekunden länger als die reguläre Strecke war. "Eine Disqualifikation hatten wir als zu hart erachtet und uns deshalb für die geringstmögliche Zeitstrafe entschieden", erläuterte Jury-Vorsitzender Norbert Baier die erste Entscheidung. "Zu dem Zeitpunkt wussten wir aber nicht, dass die falsche Strecke sogar ein Umweg war", entschuldigte er sich.
Mehrere Teams protestierten
Dem Protest der Norweger schloss sich das deutsche Team ebenso an wie Österreich, die USA, Polen, die Ukraine und Frankreich. "Wir haben den Antrag mit unterschrieben, weil die Ein-Minuten-Strafe im Regelwerk so nicht vorgesehen ist. Man kann die Regeln nicht einfach verbiegen", erläuterte Thomas Pfüller, der Generalsekretär und Mannschaftsleiter des Deutschen Skiverbandes (DSV).
Nicht ganz wohl in seiner Haut gefühlt hatte sich auch Tschudow. "Man hat nicht im Sinne des Sports, sondern der Regeln entschieden", bemerkte er nach der Siegerehrung, die nun für Dienstag neu angesetzt ist und bei der er Gold gegen Silber tauschen muss. Björndalen selbst hatte sich um den Sieg betrogen gefühlt. "Die Streckenmarkierung war nicht eindeutig", hatte er kritisiert.