Die Europameisterschaft in Serbien ist das erste Turnier für Martin Heuberger als verantwortlicher Bundestrainer. Im Interview spricht er über die Phase der Eingewöhnung, warum es nicht zwingend das Ziel sein kann, nur Dritter zu werden und welche Neuerungen er mitgebracht hat.
Herr Heuberger, wie haben Sie sich bisher eingelebt?
Martin Heuberger: Eingelebt? Mir macht die Arbeit viel Spaß, aber neu ist das ja nicht. Was anders ist, ist die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und die Pressetermine, die auf mich zukommen. Aber auch da denke ich kann man reinwachsen.
Sie sind nun als Bundestrainer verantwortlich für die Mannschaft und haben einige Neuerungen in den Trainingsbetrieb eingeführt. Worum geht es da?
Martin Heuberger: Ich glaube, wir haben gerade in den Trainingsinhalten viel umgestellt im Vergleich zur Vorbereitung auf die WM 2011. Wir haben sehr vielseitig, aber auch sehr effizient gearbeitet. Mit Martin Zawieja hatten wir eben einen Mann dabei, der im athletischen Bereich viel gemacht hat gerade in der Schnellkraft. Mit Stefan Kloppe war ein Mann dabei, der eben diese Geschichte mit Life Kinetic und der Augenklappe gemacht hat, um die Wahrnehmungsfähigkeit zu fördern und die Konzentrationsfähigkeit zu steigern. Das waren zwei Elemente, die für mich von großer Bedeutung sind. Ich hoffe, dass wir da auch Fortschritte in der Mannschaft erzielt haben. Aber die Priorität lag in den taktischen Dingen, auf dem Einspielen und der Feinjustierung. Da haben wir gute Fortschritte erzielt.
Also sind sie bisher mit der Vorbereitung zufrieden?
Martin Heuberger: Meine Eindrücke sind sehr gut. Die Jungs haben ein hartes Programm hinter sich. Wir waren ja seit dem 2. Januar in Barsinghausen. Denn wir wollten auch im physischen Bereich die Grundlagen legen. Dann sind wir zum Glück bisher verletzungsfrei durchgekommen, außer ein paar kleine Blessuren sind alle in einem guten Zustand. Ein wenig müde, aber das ist in dieser Phase völlig normal.
Sie haben gerade von taktischen Veränderungen gesprochen. Was können Sie uns da erzählen?
Martin Heuberger: Wir haben am Timing für die Abläufe im Angriff gearbeitet und an der Abstimmung sowie Taktik, es gab viele Wiederholungen und ich hoffe, dass wir nun gut eingespielt sind und taktisch gut vorbereitet sind. Aber es bringt nichts, wenn man das ganze System auf den Kopf stellen will. Denn es braucht Zeit, bis es greift. Von daher haben wir auf vieles Gutes und Altbewährtes aus der Vergangenheit zurückgegriffen, aber eben auch ein paar neue Dinge reingebracht. Aber zur Taktik möchte ich im Detail, nicht viel sagen. Mir ist wichtig, dass die Dinge, die wir umgestellt haben, auch auf die Platte gebracht werden. Dadurch können wir dann vielleicht den einen oder anderen Überraschungseffekt landen.
Im Vorfeld wurde kein direktes Ziel für das Abschneiden formuliert. Wieso nicht?
Martin Heuberger: Was wollen wir jetzt ein Ziel ausgeben und es an einer Platzierung festmachen, was hinterher vielleicht nicht dafür reicht, was wir erreichen wollen? Es kann sein, dass man im Halbfinale steht und um Platz drei oder vier spielt. Aber dann hat man das Pech, dass Russland gegen Polen das Finale bestreitet. Und dann bist du bei der Qualifikation für die Olympischen Spiele nicht dabei. Darum haben wir uns nun auf das Ziel beschränkt, einen dieser beiden Plätze zu erreichen. Das weiß die Mannschaft und deswegen ist es für uns wichtig, jedes Spiel konzentriert anzugehen besonders gegen die Konkurrenten um die beiden Plätze.
Sprechen wir über die Gruppe. Wie ist Ihre Einschätzung?
Martin Heuberger: Die Tschechen haben in den letzten Jahren immer Überraschungen landen können und waren hie und da auch Geheimfavorit. Von daher zum Auftakt eine sehr schwere Aufgabe. Auch, da sie auch um die Plätze für die Olympia-Qualifikation kämpfen. Mazedonien ist in der Gruppe der Außenseiter. Aber mit Kiril Lazarov haben sie einen Spieler, der ein Spiel allein entscheiden kann. Die Schweden haben nach ihrer Durststrecke die letzten drei bis vier Jahre bei der Heim-WM den vierten Platz belegt. Ich glaube, dass die Mannschaft im Kommen ist und bei der EM wird es wohl deren Ziel sein, den vierten Platz zu bestätigen. Von einer leichten Aufgabe in der Vorrunde kann man also nicht sprechen.
Sehen Sie das Eröffnungsspiel gegen die Tschechen als Schlüsselspiel?
Martin Heuberger: Ich möchte es nicht zu hoch hängen. Es ist ein wichtiges Spiel, aber für uns ist jedes Spiel wichtig und wir werden mehr oder weniger acht Endspiele haben.
Wie würden Sie denn das System Heuberger beschreiben, mit dem die Mannschaft das angestrebte Ziel erreichen will?
Martin Heuberger: Ich setzte sehr stark auf die Breite unseres Kaders. Wie haben einen sehr ausgeglichenen und gut besetzten Kader und für uns ist jeder Spieler wichtig das weiß auch die Mannschaft. Und nur so kann es für uns funktionieren. Wir haben auch in der Spitze gute Spieler, nur eben keinen Filip Jicha oder Nicolas Karabatic.
Es gab einige Umstellungen und zumindest die Besetzung am Kreis ist neu.
Martin Heuberger: Mit Christoph Theuerkauf und Patrick Wiencek bin ich sehr zufrieden, was die Trainingsarbeit angeht. Im Training hat man schon viele gute Aktionen gesehen. Gerade Theuerkauf ist wohl der beste Kreisläufer, den wir in der Liga haben. Wiencek gehört die Zukunft und er soll Erfahrung sammeln. Das war in der Vergangenheit das Problem, dass unsere Spieler erst mit 25 oder 26 erste Erfahrungen sammeln konnten.
Wie würden Sie die Stärken des Teams beschreiben?
Martin Heuberger: Ich möchte da nicht zu viel preisgeben, denn die Gegner lesen die Presse natürlich auch. Eine Stärke ist aber der Teamgeist in der Mannschaft. Das hat mir in den Tagen hier sehr gut gefallen.
Eingangs haben wir darüber gesprochen, wie sie sich eingelebt haben. Konnten Sie sich denn in den vergangenen Tagen auch ein wenig Ruhe gönnen oder sind Sie permanent Bundestrainer?
Martin Heuberger: Bundestrainer? Bis auf ein paar Stunden Schlaf bin ich permanent Bundestrainer mit verschiedensten Aufgaben und habe nicht anderes im Kopf als Handball.
Das Interview führte Gunnar Beuth