Der Südkoreaner Un Yong Kim hat am Freitag seine Kandidatur für die Nachfolge von Juan Antonio Samaranch als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) angekündigt. In Briefen an die IOC-Mitglieder schrieb der 70-Jährige, dass er sich offiziell bewerben wird. Eine IOC-Sprecherin in Lausanne erklärte, dass eine notwendige, offizielle schriftliche Kandidatur-Erklärung nicht vorliege.
Kim ist der Dritte nach dem Ungarn Pal Schmitt und der amerikanischen IOC-Vizepräsidentin Anita Defrantz, der sich bei der 112. IOC-Vollversammlung am 16. Juli in Moskau zur Wahl des achten IOC-Präsidenten nach dem Griechen Demetrius Bikelas (1894-1896), dem Franzosen Baron Pierre de Coubertin (1896-1925), dem Belgier Henri de Baillet-Latour (1925-1942), dem Schweden Sigfrid Edström (1942-1952), dem Amerikaner Avery Brundage (1952-1972), dem Iren Lord Michael Killanin (1972-1980) und dem Spanier Samaranch (seit 1980) stellen will.
Der Belgier Jacques Rogge hat für Montag zu einer Pressekonferenz nach Brüssel eingeladen, bei der die Bekanntgabe seiner Kandidatur erwartet wird. Bewerber um die Nachfolge des nach 21 Amtsjahren nicht mehr kandidierenden Samaranch müssen sich bis zum 10. April offiziell beim IOC anmelden. Es wird erwartet, dass auch der Kanadier Richard Pound bis dahin noch antritt.
Kim gilt als einer der mächtigsten Sportführer Asiens. Er ist nicht nur Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) seines Landes, sondern gehört wie Defrantz und Rogge auch dem IOC- Exekutivkomitee an. Außerdem ist Kim, der am vergangenen Montag seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, Präsident der Vereinigung der Internationalen Sportverbände (AGFIS). AGFIS-Generaldirektor Jean- Claude Schupp bestätigte die Briefe an die IOC-Mitglieder und verwies im übrigen auf die Pressekonferenz von Kim am 3. April am AGFIS-Sitz Monte Carlo.
Der Südkoreaner ist auch einer der umstrittensten Führer des Weltsports. Insbesondere machte er Schlagzeilen dadurch, dass ihm eine Verstrickung in den IOC-Bestechungsskandal um die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2002 an Salt Lake City nachgesagt wurde. Im Zuge der Bestrafungsaktion des IOC war Kim »schärfstens« verwarnt worden. Der Skandal hatte zehn IOC-Mitgliedern das Amt gekostet.
Als erster hatte der ungarische Diplomat und Fecht-Olympiasieger Pal Schmitt seinen Hut in den Ring um die Nachfolge von Samaranch geworfen. Der 58-Jährige bezeichnete sich dabei selbst als einen »guten Kompromiss-Kandidaten«. Ihm folgte Anfang Februar als erste Frau, die sich in der nun 107-jährigen Geschichte des IOC um die Präsidentschaft bewirbt, Anita Defrantz, die Olympia-Dritte im Rudern von 1976. Die 48-Jährige begründete ihre Bewerbung so: »Ich bin Amerikanerin, eine Frau und eine Schwarze. Und ich habe die Hälfte meines Lebens der Olympischen Bewegung gedient.«
Noch nicht offiziell haben die beiden lange als Favoriten auf die Samaranch-Nachfolge gehandelten Rogge und Pound ihre Kandidatur verkündet. Der 58 Jahre alte belgische Mediziner Rogge ist nicht nur als Mitglied der IOC-Exekutive, sondern auch als Präsident der Vereinigung der Europäischen NOKs sowie als Vorsitzender der Prüfungskommission für die Bewerberstädte Olympischer Spiele an führender Stelle der Olympischen Bewegung tätig. Der Einfluss des früheren Vizepräsidenten Pound rührt aus seiner Position als Marketing-Chef des IOC und Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Der 59-jährige Jurist hat sich bisher hinsichtlich einer Kandidatur völlig bedeckt gehalten.