Die Welt lässt sich in den seltensten Fällen in das Schwarz der Raiders und das von ihrem am Samstag im Alter von 82 Jahren verstorbenen Besitzer Al Davis gern getragene Weiß einordnen. So sehr viele Davis verteufelten, er war einer der treibenden Kräfte hinter der NFL, die wir heute kennen.
Und dies mit allen Grautönen. Al Davis war eben nicht nur ein despotischer und rücksichtsloser Alleinherrscher, der ein Football-Team an sich riss. Er war dazu auch der Patriarch einer Raiders-Familie, der über seine Schützlinge wachte.
Wäre es nach Davis gegangen, würde es die NFL gar nicht mehr geben, so sehr wehrte er sich als Commissioner der Konkurrenz AFL Ende der sechziger Jahre gegen die Vereinigung mit der älteren Liga. Auch, weil er an die Überlegenheit der AFL glaubte. Ehe die beiden Ligen zusammengingen, nahm er seinen Hut und kaufte sich für 18.000 Dollar einen Anteil von zehn Prozent der Raiders, bei denen er von 1963 bis 1965 bereits Coach gewesen war.
Im Handstreich zum mächtigsten Raider
Trotzdem konnte er sich 1972 zum geschäftsführenden Partner aufschwingen, indem er die Abwesenheit eines seiner zwei Miteigner ausnutzte, um den anderen von der Notwendigkeit überzeugen zu können, ihm das Alltagsgeschäft zu übertragen. Der geschasste Wayne Valley verlor nicht nur seinen Posten, sondern auch einen Prozess gegen Davis und verkaufte seine Anteile vier Jahre später.
Davis wurde trotz der frühen Machtposition erst 2005 Hauptanteilseigner, als er der Familie des zweiten, inzwischen verstorbenen, Mitbesitzers Ed McGah weitere Prozente abkaufte. Aus den damals 18.000 Dollar und zehn Prozent Besitzanteil sind mittlerweile unter anderem dank dreier Super Bowls unter Davis 47 Prozent und ein Wert von mehr als 300 Millionen Dollar geworden.
Licht und Schatten und Dämmerung
Davis Animosität gegenüber der NFL hielt sich sein Leben lang er klagte immer und immer wieder gegen Beschlüsse der Liga und setzte sich von den anderen Besitzern ab. Ein Eigenbrötler war er deswegen bei weitem nicht. Bei keinem anderen Team wird man wohl so viele ehemalige Spieler auf dem Trainingsgelände und an Spieltagen im Stadion sehen wie bei den Raiders. "Einmal ein Raider, immer ein Raider", war Davis Motto, das er lebte. Er war nicht für sich egoistisch, sondern für die Raiders. Für ihn war das Team eine Familie, in der sich Jeder um Jeden kümmerte.
So war er sich beispielsweise nicht zu schade, dem durch Steroid-Missbrauch krebskranken Ex-Linebacker Lyle Alzado Behandlungen zu bezahlen. Zudem sorgte er dafür, dass der Rassismus in der Raiders-Kabine keine Chance hatte, indem er etwaigen Tendenzen sofort Einhalt gebot. Er war es auch, der als erster Besitzer mit Geschäftsführerin Amy Trask eine Frau an die höchste Stelle eines NFL-Teams setzte.
Dass Davis jedoch auch anders konnte, beweist die Geschichte um Running Back Marcus Allen, der eine herausragende Rolle beim letzten Super Bowl-Sieg 1984 spielte, es sich jedoch ein paar Jahre später mit einem Vertragsdisput bei dem übermächtigen Davis verscherzte. Nicht einmal bei der Beerdigung Alzados, so berichtet unter anderem Ex-Teamarzt Wayne Huizenga übrigens neben Allen ein weiteres Mitglied der von Al Davis verstoßenen Ex-Raiders in seinem Buch "You're Okay, it's Just a Bruise", habe sich Davis dazu herabgelassen Allen die Hand zu geben.
Wer nicht für die Raiders ist, ist gegen die Raiders wenn es um seine Teamfamilie ging, blieb der allmächtige Besitzer kompromisslos, eine Grauzone gab es für ihn dort nicht. Das diese Haltung besonders in den letzten zehn bis 15 Jahren immer wieder auch ein Bild des starrsinningen alten Despoten zeichnete, der mehr und mehr zur Pointe eines Witzes wurde, das gehört ebenso zu Al Davis Vermächtnis. Es tut den Leistungen und Geschehnissen der Vorjahre aber keinen Abbruch.
Was übrig bleibt aus 82 Lebensjahren ist ein Team mit einem indivduellen Leitgedanken, der Al Davis vorantrieb, und einem ganz eigenen Stil. "Just win, baby!" und "Commitment to excellence" sind zwei geflügelte Worte, die wohl treffend umschreiben, was Davis in all seiner Footballzeit umtrieb. Für vielen seiner Leistungen - und das sage ich als Broncos-Fan - hat Al Davis meinen großen, großen Respekt.
Der Fall ohne Aufstieg
Ich hätte die Überschrift auch Dreamteam Schmeamteam nennen können, wie es bereits viele US-Kollegen getan haben. Zwar kann man nach fünf Spieltagen noch nicht endgültig vom totalen Fall der Philadelphia Eagles sprechen, aber ich bin mir sicher: Die Playoffs sind für das selbsternannte Über-Team futsch. Und damit traf auch die letzte gehypte Mannschaft diesen Jahres nach der Miami Heat, den Boston Red Sox und den Philadelphia Phillies der Fluch der Vorschusslorbeeren.
Warum die Eagles trotz ihres 1:4-Saisonstarts die Playoffs noch erreichen sollten, erschließt sich mir nicht. Sie müssten nach gängigen Rechnungen nun 9:2 Spiele gewinnen, um die Division zu gewinnen oder die Wildcard zu ergattern. Angesichts der bisher gezeigten Leistungen scheint mir dies doch sehr utopisch. Quarterback Michael Vick produzierte bei der Niederlage in Buffalo zum Beispiel vier Ballverluste, und alle waren seiner Spielweise geschuldet. Ja, er hatte meist schnell einen Bills-Verteidiger im Gesicht, aber anstatt vielleicht eher mal den Sack zu nehmen, ließ er sich zu schnellen Pässen auf der Flucht hinreißen, die in diesen vier Fällen in den Armen des Gegners landeten.
Wenn es doch nur an Vick festzumachen wäre, wäre die Misere der Eagles leichter abzustellen doch es scheint als würde Coach Andy Reid das Star-Ensemble einfach nicht zusammenbekommen. Die Cornerbacks, eigentlich als Prunkstück der Defense verkauft, glänzen nicht so, wie sie sollen, die Offense, nun ja, siehe Vick. Und auch der Rest spielt nicht wie ein Playoff-Anwärter.
Bezeichnend für die Eagles 2011 war das Ende aller Hoffnung eine gute Minute vor dem Ende der Partie, als Bills-Quarterback Ryan Fitzpatrick Philadelphias D-Liner Juqua Parker beim vierten Versuch zum Penalty zwang, weil er zu früh los lief. Allen auf dem Feld hätte eigentlich klar sein dürfen, dass Fitzpatrick den Versuch nicht auspielt, sondern eben nur das versucht, was auch passierte: Einen Verteidiger zu einem Penalty zu verleiten und damit das Spiel dank eines neuen First Downs beenden zu können. Eigentlich wusste dies jeder der über 70.000 Anwesenden im Ralph Wilson Stadium nur Parker konnte nicht an sich halten. Einer fährt halt immer noch bei gelb über die Ampel.
Die vier Verzagten
Die Eagles führen damit natürlich meine Flop Fünf in dieser Woche an. Dazu kommen die Indianapolis Colts wieder einmal. Obwohl, und das sagte ich letzte Woche bereits, sich Curtis Painter weiterhin nicht so schlecht anstellt. Und obwohl das Team nicht Woche für Woche aus den Stadien geschossen wird, 24:28 hieß es am Sonntag gegen die Kansas City Chiefs. Damit stehen die Colts zwar mit einer 0:5-Bilanz da, doch es gibt noch schlechtere Teams.
Die hatten jedoch erst einmal frei, deswegen lasse ich die St. Louis Rams und Miami Dolphins in dieser Woche einmal raus. Mit ins Boot gehören jedoch die Jacksonville Jaguars, die zuhause mit Pauken und Trompeten gegen die Cincinnati Bengals mit 20:30 verloren. Dazu kommen die Arizona Cardinals, die im Duell mit den ebenfalls eigentlich hoffnungslosen Minnesota Vikings ebenso hoffnungslos 10:34 untergingen. Den letzten Top Fünf-Platz gestehe ich den New York Jets zu, die sich dank des Laufes der Bills und ihrer 21:30-Niederlage bei den New England Patriots immer weiter von den eigenen Ansprüchen entfernen. Ja, mit ihrer 2:3-Bilanz ist noch alles drin. Aber es wird sehr, sehr hart.
Der Norden ist oben
Dabei wären die Patriots durchaus schlagbar gewesen, zumal gerade die Passverteidigung sehr fragwürdig ist. Im Moment nimmt die Offense den Rest des Teams auf die Schultern. Und wieder war es mit BenJarvus Green-Ellis einer der Running Backs, der Quarterback Tom Brady nach Herzenslust unterstützt. Zwei Touchdowns bei 135 Yards mit fünf Yards im Schnitt sind dabei aller Ehren wert.
Ihrer Favoritenrolle mehr und mehr gerecht werden ebenso die New Orleans Saints, die sich wenn auch knapp, mit 30:27 bei den Carolina Panthers durchsetzten. Für mehr und mehr Erstaunen sorgen dazu die San Francisco 49ers, die die Tampa Bay Buccaneers mit 48:3 demontierten und ihren neuen Coach Jim Harbaugh jetzt schon zu einem heißen Anwärter auf den Coach des Jahres-Award machen.
Doch über allem ziehen die NFC-North-Teams Detroit Lions und die Green Bay Packers ihre Kreise wobei ich die Packers noch mit einigem Abstand vor dem Divisionsrivalen sehe. Zu perfekt, zu mechanisch, agierte Quarterback Aaron Rodgers mit seinen Mannen beim 25:14 in Atlanta. Der Machine Man ließ sich dabei auch von einem 0:14-Rückstand nicht ins Bockshorn jagen.
Die Lions bewiesen im Monday Night Game gegen die Chicago Bears, dass mit ihnen wirklich zu rechnen sein wird. Das 24:13 bedeutete nicht nur eine 5:0-Bilanz, sondern den besten Saisonstart seit 1956. Ein Jahr später wurden die Lions übrigens zum letzten Mal NFL-Champion. Beeindruckend war dabei wieder einmal das Zusammenspiel von Quarterback Matthew Stafford mit Metatron Wide Receiver Calvin Johnson der dank seines Touchdown-Fangs über 88 Yards und damit dem neunten in dieser Spielzeit bereits einen Rekord verbuchte.
Damit kommt es in der nächsten Woche zum Topspiel zwischen den 49ers und den Lions NFL-Fans werden sich sicher noch mehr das Thanksgivingspiel am 24. November in den Kalender schreiben. Dann kommen nämlich die Packers in die Höhle der Löwen.
Sven Kittelmann