Wer erinnert sich nicht gerne an die WM 2006 zurück? Das ganze Land in Jubelstimmung, ein gesunder Patriotismus – die Welt war wirklich zu Gast bei Freunden. Aktuell feiert Deutschland wieder ein kleines Sommermärchen: Zig Millionen Fans sitzen vor dem Fernseher und verfolgen die Fußball-WM der Frauen. Im Winter gibt es oft ein ähnliches Bild. Egal, welche Wettkämpfe, welche WM, ob Biathlon, Ski oder Eisschnelllauf: Tausende Menschen jubeln den Wintersportlern zu, Athleten aus aller Welt lieben die Stimmung in Deutschland.
Doch Sportler und Fans müssen sich weiterhin gedulden, bis Olympische Spiele wieder Station in Deutschland machen. Gestatten, Olympiaverlierer! Wir Deutschen gelten zwar als perfekte Organisatoren, aber bei Olympia dürfen wir nicht ran: 39 Jahre ist es her, dass zum letzten Mal Spiele in Deutschland stattfanden. An die Winter-Olympioniken erinnern sich nur noch wenige, außerdem standen die Winterspiele 1936 schon im Schatten der Nazis. Die deutsche Olympia-Bilanz ist ein Trauerspiel: Sechs Einzelbewerbungen seit 1945, fünfmal gescheitert – erfolgreich geht anders.
Gründe sind hausgemacht
Die Bewerbung von Garmisch-Partenkirchen 1960 kam einfach zu früh. Berchtesgaden wollte die Spiele 1992, hatte aber weder die Unterstützung im Land noch vor Ort. Ein wirkliches Trauerspiel bildeten die Bewerbungen von Berlin und Leipzig für die Spiele 2000 und 2012: Mit wenigen Stimmen scheiterte Berlin in der ersten Runde, Leipzig war sogar schon im Vorauswahlverfahren ausgeschieden. Und nun also München. Zugegeben: Desaströs war die Bewerbung nicht, das haben internationale Experten bestätigt. Vor allem der Faktor der Nachhaltigkeit mit den bestehenden Sportstätten hat überzeugt.
Aber auch in München sind Fehler passiert, viele Gründe für das Scheitern sind hausgemacht. Die Bevölkerung, speziell die Menschen in Garmisch-Partenkirchen, wurden nicht in die Bewerbung eingebunden – stattdessen machten die Olympiaplaner einen auf bayerische Großkopferte. Ein Experte darin war der Unternehmer Willy Bogner, der ein zweiter Franz Beckenbauer werden wollte, aber an seinen unüberlegten Sprüchen und seiner Arroganz scheiterte. Insgesamt verschliss die Bewerbungsgesellschaft mehrere Geschäftsführer und verprellte unnötigerweise Natur- und Umweltverbände. Erst die vergangenen Wochen kam die Bewerbung in Schwung – dank besserer Kommunikation, dank professioneller Arbeit, auch dank Katerina Witt. Doch der Endspurt hat nicht gereicht.
Neuer Anlauf für 2022?
Und jetzt? Jetzt darf München nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern muss einen erneuten Anlauf nehmen, Olympische Spiele auszurichten. Das Team ist eingespielt, die oben genannten Fehler können abgestellt werden. Und eines darf nicht vergessen werden: Zum einen sind die Chancen für Sommerspiele in Deutschland deutlich geringer, zum anderen ist in vier Jahren die internationale Situation eine andere, Pyeongchang war dieses Mal einfach an der Reihe. 2022 könnte dann die Stunde Münchens schlagen. Das wäre dann gleich mehrfach historisch: München wäre immer noch die erste Stadt, die Olympische Sommerspiele und Winterspiele ausgerichtet hat – und das genaue 50 Jahre nach den Spielen 1972.