Bis zur letzten Bergetappe musste Jan Ullrich warten, bis er vor Lance Armstrong ins Ziel kommen durfte. Über den Zielstrich der 14. Etappe nach Luc-Ardiden rollte Ullrich mit einer Radlänge Vorsprung auf Armstrong - und bedankte sich kurz darauf artig beim Texaner, der ihn vor dem Ziel nicht mehr attackiert hatte. Mit dem Etappensieg hatten beide freilich nichts mehr zu tun. Den sicherte sich der Spanier Roberto Laiseka nach einem unwiderstehlichen Ausreißversuch wenige Kilometer vor dem Ziel. Ein spanischer Sieg auf der letzten Pyrnäen-Etappe - ein Tag ganz nach Spaniens Geschmack.
Ullrich unbeugsam
Jan Ullrich stemmte sich am Wochenende auch in den Pyrenäen mit allem, was er hatte, gegen die Niederlage. In der Endabrechnung in einer Woche in Paris wird dem deutschen Olympiasieger aber dennoch wie 1996, 1998 und 2000 wahrscheinlich zum vierten Mal nur wieder der zweite Tour-Rang seiner Karriere bleiben. Vor den letzten 1033 km der 88. Tour de France hat Vorjahressieger Armstrong weiter 5:05 Minuten Vorsprung vor Ullrich, der am Sonntag auf den zweiten Platz im Gesamtklassement vorrückte. »Das Gesamtklassement ist gemacht«, sagte Telekom-Teamchef Rudy Pevenage nach der 14. Etappe.
Finale im Duett
Eine ähnliche Situation wie am Tag zuvor bei der 13. Etappe hatte sich auch beim Aufstieg zum Tourmalet ergeben. Die Nummer 1 und 2 des Vorjahres machten die letzten 38 km zur Chefsache. Zuletzt waren die Ullrich-Helfer Andreas Klöden, Kevin Livingston und Giuseppe Guerini zurückgefallen. Wie an den Vortagen bildete nur noch die Elite des Gesamtklassements die Spitze des Rennens. Am Schlussanstieg waren die beiden Hauptdarsteller der Tour hinter Laiseka und dem Italiener Wladimir Belli allein. Ullrich konnte sich zum ersten Mal im Ziel über einen Zentimeter-Vorsprung vor dem zweifachen Tour-Sieger aus USA freuen.
Bye-bye Berge
Der Abschied aus den Bergen fiel den meisten Fahrern leicht. Der Kurs der letzten Pyrenäen-Etappe hatte es trotz kurzer Distanz mit sechs Bergwertungen noch einmal mächtig in sich. Die Schlusssteigung nach Luz-Ardiden war steiler als die nach L'Alpe d'Huez. Die letzten 35 km glichen einer riesigen Achterbahn: Vom Tourmalet (2115 m) hinunter und sofort wieder hoch nach Luz Ardiden (1715).
Ruhetag - vielleicht war es die Aussicht auf den folgenden, freien Tag, die viele der erschöpften Fahrer doch noch den Berg hinaufzog.