Birkel Vom Spätzle-Pionier zum Marktführer

Als der Händler Balthasar Birkel vor rund 130 Jahren seiner Frau bei der mühseligen Prozedur des Spätzlemachens zuschaute, fasste er einen Entschluss, Nudeln künftig mechanisch herzustellen. Das war der Grundstein des Familienunternehmens.

Bis zur Gründung der ersten Fabrik und dem Produktionsstart dauerte es allerdings noch einige Jahre: 1902 kam die erste Birkel-Nudel auf den Markt. Ihr Name: "Victoria" - benannt nach der britischen Königin. Einer der ersten Markenhersteller in Deutschland war geboren. 1954 übernahm Birkel seinen Konkurrenten Schüle - eine Firma, die nicht nur älter, sondern damals auch deutlich größer als Birkel selbst war. In den 50er und 60er Jahren setzte das Unternehmen sein Wachstum fort. "Damals wurden Nudeln immer beliebter", erklärt der heutige Birkel-Geschäftsführer Werner Hildenbrand die Entwicklung.

Dafür, dass die Nudelmarke immer bekannter wurde, sorgte nicht zuletzt der Einsatz der damals aufkommenden Radio- und Fernsehwerbung. "Als einer der ersten setzte Birkel konsequent auf Markenwerbung", erläutert Hildenbrand. 1977 führte Birkel die Fertig-Nudelsoße "Nudel up" ein, 1980 folgte das Instant-Gericht "Minuto".

Schwierige 80er Jahre

Die 80er Jahre waren für den Nudelhersteller eine schwierige Zeit. Schuld daran war nicht zuletzt der so genannte "Eier-Skandal": Nachdem einige Birkel-Produkte vom Regierungspräsidium Stuttgart in einer Pressemitteilung als "mikrobiell verdorben" aufgeführt wurden - zu Unrecht, wie das Unternehmen betont - geriet Birkel in den Sog eines Lebensmittelskandals der nationale Wellen schlägt. "Vor Gericht setzte Birkel Jahre später wegen einer Falschinformation zwar eine Entschädigung vom Land in zweistelliger Millionenhöhe durch", wie Hildenbrand erklärt. Für den Urenkel des Firmengründers, Klaus Birkel, kam die Einigung im Jahr 1991 allerdings zu spät: Er hatte das Unternehmen 1990 an den Danone-Konzern verkauft.

Die Episode beim Global-Player Danone - der Birkel mit Sonnen-Bassermann und dem Knäckebrothersteller Leicht und Cross zusammenfasste - dauerte allerdings nicht lange. Nach neun Jahren zog sich Danone zurück. Zusammen mit einer Beteiligungsgesellschaft übernahm das Management den Nudelhersteller. Ein Jahr später fusionierte Birkel mit seinem größten deutschen Konkurrenten 3 Glocken - nachdem sich die beiden Marken jahrzehntelang auf dem Markt bekämpft hatten. 2001 folgte die Übernahme der Ost-Marke Möwe.

Marke ist sehr bekannt

Mit einer Bekanntheit von mehr als 90 Prozent ist der Nudelhersteller mit seinen Marken Birkel, 3 Glocken, Möwe, Schüle Gold, Nudel up und Minuto auf dem deutschen Markt gut etabliert - und verfügt über einen umsatzmäßigen Marktanteil von rund 20 Prozent. 110.000 Tonnen produzieren die rund 430 Mitarbeiter jedes Jahr - bei rund 150 Millionen Euro Umsatz. "Jede zweite Nudel, die in Deutschland produziert wird, stammt aus unseren Haus" betont Marketingchefin Andrea Eberle. Die beiden größten Umsatzbringer sind "Birkel’s No.1" und die Hartweizennudel 3 Glocken "Genuss Pur".

Doch der Druck durch Discounter und die italienische Konkurrenz für das Markenunternehmen ist immens. Um die Gratwanderung zwischen dem Traditionsimage und dem Versuch, immer mehr auch junge Verbraucher anzusprechen, zu schaffen, setzt Birkel auf Innovationen und im nächsten Jahr besonders auf den Wellness-Trend: Neben der Algennudel "Spirulina" will das Unternehmen im kommenden Jahr weitere Wellnessprodukte auf den Markt bringen. Und auch ins Ausland streckt der deutsche Markenartikler mittlerweile vorsichtig seien Fühler aus: Sowohl in Moskau als auch in St. Petersburg können Nudelfans ihre Birkel-Teigwaren mittlerweile bekommen.

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Mirjam Hecking/AP

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