Die deutschen Baumärkte liefern sich seit Monaten einen verbissenen Preiskampf wie nie. Branchenexperten zufolge sägt der Handel für die wachsende Schar von Hobbyheimwerkern damit langfristig am eigenen Ast. Am Ende des Ausleseprozesses werden ihrer Einschätzung nach nur wenige große Filialketten oder serviceorientierte, vor allem regional gut aufgestellte kleinere Gruppen überleben und den Umsatzkuchen von aktuell rund 17 Milliarden Euro unter sich aufteilen.
"Killerstrategie" auf Kosten Kleinerer
"Derzeit herrscht ein unglaublicher Preiskampf und ein massiver Verdrängungswettbewerb, was nur dazu führen wird, dass die Handelsspannen noch niedriger sein werden", prognostiziert John Herbert, der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Heimwerkermärkte (BHB). Herbert, der lange Jahre für die weltgrößte US-Baumarktkette Home Depot tätig war, spricht von einer regelrechten "Killerstrategie" auf Kosten der kleinen und mittleren Händler. Unlängst habe ihm ein mittelständischer Unternehmer gesagt, während der jüngsten Preisoffensive von Praktiker ein Umsatzminus von 35 Prozent erlitten zu haben. Die gesamte Branche steigerte dagegen dem BHB zufolge im ersten Halbjahr 2003 den Umsatz um 4,8 Prozent auf 8,94 Milliarden Euro, bereinigt um Veränderungen bei der angebotenen Verkaufsfläche betrug das Plus noch vier Prozent. Für das Gesamtjahr erwartet der Verband einen Zuwachs von 2,5 Prozent.
Jede Woche an der Preisspirale gedreht
Die zum Metro-Konzern gehörenden Praktiker-Märkte leiteten jüngst eine neue Runde im Preiskampf ein. Die krisengeschüttelte Nummer zwei unter den deutschen Baumarktunternehmen bot im Kampf um neue Kundschaft 20 Prozent Rabatt auf nahezu das gesamte Sortiment. Der Wettbewerber Bauhaus erwirkte jedoch schon am ersten Tag der Aktion eine einstweilige Verfügung. Auch eine entschärfte Variante, bei der der Nachlass erst ab 50 Euro Warenwert gewährt werden sollte, wurde gestoppt. Allerdings tritt auch die Praktiker-Konkurrenz quasi täglich mit Werbebegriffen wie "Tiefpreisgarantie", "Dauertiefpreis-Garantie" oder "Best-Preis-Garantie" an.
Kein Ende absehbar
Ein Ende der Preisschlacht ist nach Einschätzung von Branchenvertretern nicht in Sicht. "Die Tiefpreise werden uns auf Dauer begleiten, und sie sind noch nicht einmal tiefst," sagt Hagebau-Geschäftsführer Michael Baumgardt. Die Rabattaktionen würden wohl erst wieder nachlassen, wenn den Unternehmen endgültig klar werde, zu welchen Ertragsprobleme dies führe. Mittlere Baumarkt-Gruppen wie der Einkaufsverbund EMV-Profi, dem 193 selbstständige Baumärkte angeschlossen sind, sind der Preismacht der Großen besonders ausgesetzt. "Wenn die 20 Prozent im Praktiker laufen, spüren wir das natürlich in unseren Häusern", sagt Geschäftsführer Jürgen Knocks. Am Wettlauf um Rabattprozente wolle sich EMV-Profi aber nicht beteiligen. Zu Hilfe kommt den meisten Märkten des Verbundes auch ihre Lage in Kleinstädten ohne preisaggressive Konkurrenz.
Ohne starke Konzernmutter wird's schwer
Nach Einschätzung von BHB-Geschäftsführer Herbert haben langfristig nur Baumarktketten mit finanzstarken Konzernmüttern im Rücken eine echte Überlebenschance. "Wer keine starke Mutter hat, wird es schwer haben." Viele der Großen wie Obi, Praktiker, Marktkauf, Globus oder Toom haben eine solche. Doch der Wettbewerb funktioniere nicht allein über den Preis, wichtig sei auch ein klares Profil, mahnt Herbert. "Es kann auch mit viel Service gut gehen." Dies zeige das Beispiel der regional aufgestellten Baumarktkette Knauber.
Kleinstflächen werden verschwinden
Hagebau-Geschäftsführer Baumgardt erwartet indes, dass eine Marktbereinigung in erster Linie über den Flächenwettbewerb erfolgt. "Kleinstflächen bis 2.000 Quadratmeter werden mehr und mehr verschwinden." Auch bei der auf Großflächen von im Schnitt 10.000 Quadratmeter setzenden Hornbach-Gruppe wird dies so gesehen. "Wir verfolgen eine Dauertiefpreispolitik, und um das dafür nötige Volumen zu generieren, bedarf es genügend großer, logistisch einwandfrei gestalteter Verkaufsflächen", argumentiert Vorstandschef Albrecht Hornbach. "Verlieren werden alle Wettbewerber mit unklarem Konzept, zweifelhaften Standorten und zu geringen Verkaufsflächen."