Biobauern in Frankreich schlagen Alarm: Über Jahre wuchs der Markt für ökologische Produkte im deutschen Nachbarland stetig. Doch damit könnte jetzt vorerst Schluss sein: Wie das Branchenmagazin "agrarheute" berichtet, steckt der französische Bio-Markt in einer handfesten Krise: In den vergangenen Jahren sind immer mehr Produzenten auf den Öko-Trend aufgesprungen, immer mehr Produkte wurden nach Bio-Richtlinien produziert. Doch nun bricht der Absatz ein. Die Folge: Die Bio-Regale bleiben voll. Eine Erfolgsstory wird zum Ladenhüter.
Frankreich: Das vorläufige Ende des Bio-Trends
Anders als in Deutschland, sind französische Kundinnen und Kunden eigentlich bekannt dafür, für Lebensmittel gerne auch mal etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Nicht der Preis, sondern die Qualität steht für viele bei der Kaufentscheidung an erster Stelle. Um diese Qualität zu gewährleisten und dabei auch noch dem Wunsch nach nachhaltigen Produkten nachzukommen, entschieden sich immer mehr Landwirte, ihre Höfe auf die höchsten Bio-Standards umzurüsten.
Und das Geschäft brummte lange: Laut der Agentur für den Ökolandbau war der Biomarkt seit 2014 jährlich im zweistelligen Bereich gewachsen. Doch 2021 drehte sich der Trend. Die Zahlen waren rückläufig, fielen um 1,3 Prozent auf knapp 12,7 Milliarden Euro Umsatz.
Gleichzeitig stieg aber die Bio-Anbaufläche rasant weiter. Heute liegt der Anteil in Frankreich bei fast elf Prozent. Besonders viele Milchbauern stellten auf Bio-Produktion um, sodass das Land heute der größte Erzeuger von Bio-Milch in der EU ist.
Das Angebot wuchs also innerhalb von kurzer Zeit extrem schnell. Doch die Kunden halten sich zurück. Für das Jahr 2022 sind noch keine Absatzzahlen bekannt, doch Experten gehen davon aus, dass insbesondere durch Inflation und steigende Energiepreise eher noch weniger Kunden zur teureren Bio-Variante von Milch, Käse und Co. gegriffen haben. Die Auswirkungen für die Landwirte sind dabei absurd:
Große Molkereien mischen Bio- und konventionelle Milch
Große Molkereien wie Lactalis und Sodiaal hätten im vergangenen Jahr damit begonnen, Biomilch ihrer konventionellen Milch beizumischen. Laut "agrarheute" gehe man davon aus, dass durchschnittlich 40 Prozent der Biomilch in Frankreich nicht als solche vermarktet werde.
Teilweise hätten die Molkereien den Bio-Landwirten sogar schlechtere Preise als den konventionellen Erzeugern bezahlt, um keine Anreize zur Umstellung auf Bio-Produktion zu setzen und so das Wachstum zu drosseln.
Regierung sagt zehn Millionen Euro-Hilfsfond zu – Bauern fordern mehr als das Zehnfache
Das hatte sich die französische Regierung eigentlich anders vorgestellt: Ursprünglich war der Plan, bis 2027 18 Prozent der Anbaufläche in Frankreich auf Bio umzustellen. Doch die aktuelle Entwicklung könnte diese Strategie zunichte machen. Immerhin: Auf Druck des Dachverbands der Biolandwirtschaft (FNAB) sagte Premierministerin Elisabeth Borne den Bauern Hilfe zu. Doch die Maßnahmen, die Agrarminister Marc Fesneau schließlich präsentierte, enttäuschten die Landwirte. Zunächst soll ein Hilfsfond in Höhe von zehn Millionen Euro bereitsgestellt werden. Zudem sollen "Arbeitsgruppen eingerichtet werden, mit dem Ziel, den Anteil von Bio-Erzeugnissen in der Gemeinschaftsverpflegung auf 20 Prozent zu steigern."
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Für den FNAB deutlich zu wenig. Der Verband teilte mit, dass zehn Millionen Euro etwa 166 Euro pro Betrieb bedeuten würden. Mathieu Lancry, der Vorsitzende der Organisation Forebio, erklärte: "Angesichts der Bio-Krise benötigen wir allein für den Schweine-, Milch- sowie Obst- und Gemüsesektor 150 Millionen Euro."
Quellen: agrarheute, The Connexion