Frau Probert, ein Ziel von "Mission Female" ist die Verbesserung von Karriere-Chancen von Frauen. Müsste man dafür nicht bei den Männern ansetzen, die oft am Machthebel sitzen und weibliche Karrieren verhindern?
Meine Meinung ist: Männer, die nicht wollen, sollten wir auch nicht bekehren. Das ist reine Energieverschwendung. Was wir aber tun sollten: Die Männer, die Frauen unterstützen, an eine diverse Unternehmensführung glauben und die Vorteile für sich, ihre Unternehmen und Teams sehen, die müssen wir festhalten und einbinden. Bei uns im Programm sind auch männliche Experten dabei.
Wie finden Sie die?
Es ist unglaublich schwer. Wir hatten bei der letzten "Mission Female"-Konferenz wirklich ein Männerproblem, weil sich viele Männer grundsätzlich nicht öffentlich zu dem Thema bekennen wollen. Ich kenne Männer, die den paritätischen Gedanken leben, mich auch persönlich mitgezogen haben in der Karriere - aber die würden sich in den seltensten Fällen dazu äußern. Ich glaube, sie haben Angst, dass dadurch ihre Expertise weich gewaschen wird oder sie an Reputation im Unternehmen verlieren. Es könnten wirklich mehr Männer sein, die sich für Frauen im Job einsetzen.
"Mission Female" will Frauen im Top-Management stärken und vernetzen. Sie kommen aus der Tech-Branche, wie ist es Ihnen selbst ergangen?
In den ersten zehn Jahren ist mir das Problem gar nicht aufgefallen. Je weiter es nach oben ging, desto mehr dachte ich mir: 'Das gibt’s doch nicht, dass ich immer die einzige Frau bin!' Damals hatte ich keine Zeit, mich diesem Thema wirklich zu widmen, aber ich wusste: Ich will etwas verändern. 2018 hab ich mir dann eine Auszeit genommen und mir ist klargeworden, dass ich die nächsten 30 Jahre meines Joblebens nicht mehr allein in Männerrunden verbringen möchte. Wo ich mich anpassen, mich anders durchsetzen muss und das Gefühl habe, nicht wirklich willkommen zu sein, sondern eine Außenseiterrolle zu haben. Das hat mich jahrelang frustriert. So entstand die Idee zu einem Karrierenetzwerk für Top-Managerinnen.
Ihre Zielgruppe ist sehr exklusiv: Die Mitgliedschaft kostet 5000 Euro im Jahr, Sie begrenzen sich auf 100 Mitglieder – welche Frauen sprechen Sie an?
Das ideale Member ist entweder schon im Top-Management angekommen oder hat für sich beschlossen, dahin zu kommen. Karriereambitionen sind am wichtigsten, dann kommt der verbindliche Netzwerkgedanke. Die Frauen müssen verstehen, dass Netzwerken richtig angegangen werden muss und man dafür auch Zeit investieren muss. Wir überlegen uns immer: Welche Frauen brauchen wir noch im Netzwerk? Da spielt Diversität eine große Rolle. Das betrifft Dinge wie Herkunft, aber auch Expertise, Branche. Wir sprechen auch aktiv People of Color an, denn die stehen oft noch einsamer da.
Gelingt das?
Es ist schwierig, denn noch ist die Auswahl dünn. Das meiste funktioniert aus Empfehlungen aus dem bestehenden Netzwerk. Nachwuchsförderung ist uns deshalb wichtig, wir wollen Frauen mitnehmen. Pro Jahr gibt’s auch fünf Wildcards für Frauen, die noch nicht soweit sind, aber Karriere machen wollen.
Und was erwartet die Frauen bei Ihnen?
Wir machen zirka 100 Veranstaltungen im Jahr, die meisten davon in Präsenz. Das sind Netzwerk-Termine oder Workshops und Seminare, zum Beispiel Kamera-Training oder Leadership-Impulse. Sichtbarkeit ist ein großes Thema, sowohl intern als auch extern. Wie verhalte ich mich in Meetings und lasse mich nicht von Männern überrennen? Redeanteil ist Macht – das gilt aber für Frauen nicht immer. Frauen gehen meist den inhaltlichen, pragmatischen Weg. Männer wiederholen auch gern etwas. Und das geht nicht mit der Kommunikationskultur von Frauen einher. Dafür sind unsere Workshops da.
Sollen Frauen sich etwa wirklich daran anpassen und auch auf die Brust trommeln?
Bloß nicht! Verstellen ist langfristig nie gut, auch nicht für die mentale Gesundheit. Ich glaube fest daran, dass jede so sein muss wie sie ist, aber ihre Stärken schärfen und in den Vordergrund stellen sollte. Ich finde übrigens auch nicht, dass wir uns optisch anpassen sollten. Viele Frauen trauen sich nicht im bunten Walla-Kleid ins Büro, weil sie nicht noch mehr auffallen wollen. Das finde ich schade.
Wie reagieren Frauen also Ihrer Meinung nach am besten in solchen Männerrunden, in denen es nur um Machtspiele geht?
Wenn Gedanken von anderen wiederholt werden, immer wieder reingrätschen: 'Schöner Punkt, Herr Müller, der von mir ja vor zehn Minuten vorgebracht wurde. Kommen wir doch mal zum weiteren Vorgehen.' Ich hab mich früher in Meetings oft unglaublich geärgert und gelangweilt, weil die Dinge nicht voran gingen, es nicht ins Machen ging. Politische Machtspiele sind anstrengend. Es bringt uns nur weiter, mehr Frauen am Tisch zu haben.
Bei diesen zehn Unternehmen sind die Beschäftigten besonders zufrieden

Mit rund 6800 Beschäftigten gehört die Forschungseinrichtung bei Aachen zu den größten Europas. Hier wird vor allem in den Bereichen Energie und Technologie geforscht.
Was beschäftigt die Top-Mangerinnen bei Ihnen im Netzwerk, wo ist die Nachfrage groß?
Also professionelle Medien- und Kameratrainings funktionieren immer gut, aber auch Leadership- und Transformationsworkshops, die draußen in der Natur stattfinden. Einfach Sneaker an und vier Stunden durch den Frankfurter Wald! Für so ein anderes Umfeld mit entsprechend neuen Impulsen nehmen sich unsere Member in der Regel sonst nicht die Zeit.
Ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Thema?
Selten, das Thema Vereinbarkeit haben sie in der Regel bereits für sich gemanagt, wenn sie zu uns kommen. Entweder der Partner macht‘s oder Kinderbetreuung wurde outgesoucrt oder sie haben für sich einen anderen Weg gefunden. Bei uns geht‘s konkret um die Gestaltung der Karriere. Aber es ist wichtig, dass es Initiativen mit diesem Fokus gibt, denn der Bedarf ist da.
Und wie wird die Frauenquote diskutiert?
Keine Frau in unserem Netzwerk möchte eine Frauenquote, sondern möchten über die Leistung nach oben. Aber wir sind uns einig: Wir brauchen die Quote noch.
Sie sind selbst erfolgreiche Gründerin, eine besonders Männer-dominierte Szene. Welchen Tipp haben Sie für andere Frauen, die auch gründen wollen?
Machen, machen, machen! Nicht so lange hadern. Ich hab natürlich auch gehadert. Aber am Ende habe ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen. Mir persönlich ist es wichtig, Prozesse schlank zu halten, damit schneller Entscheidungen getroffen werden können. Ich habe deshalb bewusst auf externe Finanzinvestoren verzichtet und alles bisher selbst finanziert. Und ich hab auch nicht geerbt oder so, ich hab mir das Geld selbst verdient. Der schwerste Schritt war, aus der Sicherheit rauszugehen und zu sagen: Ich brenne so für dieses Thema, ich investiere jetzt das eigene Geld dafür.