In die europäische Bankenlandschaft ist in diesem Jahr erneut Bewegung gekommen: Nach der Übernahme der britischen Bank Abbey durch Santander aus Spanien verleibte sich die italienische Unicredit das zweitgrößte deutsche Finanzhaus, die HypoVereinsbank, ein. Doch der normale Bankkunde hat trotz einer gemeinsamen Währung bisher wenig vom Zusammenrücken der Banken in Europa: Die Vereinheitlichung der nationalen Regelungen für Bankgeschäfte wird zwar mit Hochdruck angegangen, steckt aber erst in den Kinderschuhen.
Grenzüberschreitende Zahlungen bleiben Handicap
Wer seine Miete für die Ferienwohnung in Spanien überweisen oder die Rechnung für das Abo einer österreichischen Zeitschrift zahlen will, kennt das Problem: Die Handhabung solcher grenzüberschreitender Zahlungsvorgänge hat sich zwar in den vergangenen Jahren vereinfacht, bleibt aber ein Handicap. Noch schwieriger wird es für jemanden, der sich im Internet in ganz Europa nach den günstigsten Konditionen für einen Kredit umschauen möchte: In jedem Land gelten andere Rechtsvorschriften und Richtlinien für den Verbraucherschutz. Der schnelle Preisvergleich wird so leicht zum bürokratischen Albtraum.
"Das ist schon ein Scherz", kommentiert Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller, der in dieser Woche mit Bankern aus ganz Europa auf der "Euro Finance Week" in Frankfurt über die Herausforderungen der Branche diskutiert, die mangelnde Integration der Märkte für Privatkunden. Für die international tätigen Banken ist es teuer, ihre Finanzprodukte je nach Land in unterschiedlichen Versionen anbieten zu müssen. Und ihnen entgeht das Geschäft mit potenziellen Kunden: Bis zu 0,5 Prozent mehr Wachstum könnte eine bessere Zusammenführung der Märkte Europa pro Jahr bringen, schätzt Müllers Kollege Herbert Walter, Vorstandschef der Dresdner Bank.
Banken-Binnenmarkt seit 50 Jahren überfällig
Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einem "Weißbuch", in dem ein konkreter Fahrplan für den eigentlich seit 50 Jahren überfälligen Banken-Binnenmarkt aufgestellt werden soll. Im Zahlungsverkehr soll bis 2008 die einheitliche Überweisung, Lastschrift und eine gemeinsame Karte zum Geldabheben marktreif sein. Auf die Banken kommen dadurch erhebliche Umstellungen ihrer Informationstechnologie zu. "Das ist ein Projekt, welches in seiner Dimension durchaus an die Einführung des Euro-Bargelds heranreicht", meint Hans-Joachim Massenberg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken.
Kunden der HypoVereinsbank konnten sich im Sommer darüber freuen, dass sie im Italien-Urlaub an den Bankautomaten des neuen Mutterkonzerns UniCredit statt mindestens 3,95 Euro Gebühren zu zahlen kostenlos Geld abheben konnten. Das mag ein verhältnismäßig kleiner Vorteil im Zuge einer Mega-Fusion in der europäischen Bankenlandschaft sein, aus der - so die Eigenwerbung - die "erste wahre gesamteuropäische Bank" entsteht. Andere sollen folgen. Doch der Mini-Bonus für die Kunden steht nach Ansicht von Branchenexperten eben auch symbolisch für die geringen Fortschritte, die bei den grenzübergreifenden Rahmenbedingungen bisher gemacht wurden.