Geldanlage Nur wenige christliche Finanzprodukte

Wollen Christen die Werte ihres Glaubens bei der Geldanlage berücksichtigen, so finden sie auf dem deutschen Markt bislang kaum passende Produkte. Ein Ausweg sind US-Fonds - wie der "Ave Maria Catholic Values Fund".

In Europa gibt es zwar eine große Auswahl von Fonds, die sich an Nachhaltigkeit und ethischem Handeln ausrichten. Doch berücksichtigen solche Fonds selten besondere katholische Wertvorstellungen - wie die Ablehnung von Empfängnisverhütung oder Stammzellenforschung. In den USA ist dies anders, auch weil dort die christlichen Kirchen ihr Geld stärker als hierzulande in Aktien anlegen. Die katholisch orientierte Fondsgesellschaft "Ave Maria Mutual Fund" ist seit Jahren mit dem fast drei Milliarden Dollar schweren Aktienfonds "Ave Maria Catholic Values Fund" auf dem Markt. Kürzlich hat auch die belgische Bank KBC einen Fonds aufgelegt, der sich in seiner Anlagepolitik an katholischen Glaubensgrundsätzen orientiert.

Verhütung und Pornografie sind tabu

In Deutschland sind solche Produkte kaum zu finden - offenbar mangels Nachfrage. "Die beiden großen Kirchen haben ihre Rücklagen zu 80 bis 90 Prozent als Festgeld angelegt", sagt Antje Schneeweiß, Autorin des im Fischer-Verlages erschienen "Kursbuches ethische Geldanlage". Die Schweizer Bank Sarasin, Vorreiter bei nachhaltigen Fonds, verwaltet nach Worten ihres Fachmannes Andreas Knörzer in Spezial- und Publikumsfonds für kirchliche Kunden und Stiftungen hohe Summen. "Privatanleger, die Glaubensgrundsätze bei der Geldanlage berücksichtigen wollen, finden Teile davon in den Ausschlusskriterien von Publikumsfonds umgesetzt, allerdings nicht umfassend und je nach Anbieter verschieden", sagt Knörzer.

Einer der wenigen katholisch-geprägten Publikumsfonds in Deutschland ist mit einem Volumen von 46 Millionen Euro (Stichtag 30. Juni) der "Liga Pax Cattolico Union" von Union Investment, der Fondsgesellschaft des genossenschaftlichen Bankensektors. Zu ihm zählen auch die neun kirchlichen Banken in Deutschland. Ausschlusskriterien bei dem globalen Aktienfonds sind etwa Pornografie und Empfängnisverhütung - gemäß der offiziellen Linie der katholischen Kirche. Beraten werden die Fondsmanager von drei katholischen Orden. Die Wertentwicklung des Fonds blieb in den vergangenen drei Jahren mit 33 Prozent allerdings hinter der Entwicklung weltweiter Aktienfonds zurück. Der Vergleichsindex MSCI-World legte im gleichen Zeitraum 66 Prozent zu. Auch im Jahresvergleich schnitt der" Liga Pax Cattolico Union" mit 7,7 Prozent schlechter ab als der Index mit 18 Prozent.

Kirchen haben unterschiedliche Kriterien

Die beiden Top-Werte sind momentan Deutsche Post und Allianz. "In der Regel finden sich derzeit Finanzwerte und Firmen aus der IT-Branche überdurchschnittlich stark in nachhaltigen Fonds, weil sie weniger umweltbelastend produzieren als beispielsweise die Chemie-Industrie", erläutert Christian Lienke von Union Investment in Frankfurt. Die Anlagekriterien des Fonds schließen unter anderem das jetzt zu Bayer gehörende Pharma-Unternehmen Schering als wichtigen Hersteller der Anti-Baby-Pille oder den Sexartikelhändler Beate Uhse aus.

Doch nicht jedes christliche Investment weist die gleichen Merkmale auf. "Die evangelische Kirche ist beim Thema Pille und Kondome liberaler eingestellt als die katholische Kirche", berichtet Expertin Schneeweiß. Und mitunter verstoßen Anlagewünsche gegen die offizielle Kirchenlinie. Ein Banker berichtet von einem katholischen Frauenorden, der nach seinen Erfahrungen mit Aids in Afrika Kondomhersteller ins Portfolio aufnehmen wollte - trotz des offiziellen Kondomverbots aus dem Vatikan.

Kirchen könnten für Bewegung sorgen

Der christliche Anlagemarkt könnte aber in Bewegung kommen. Denn nach Einschätzungen aus der Finanzbranche wollen die christlichen Kirchen verstärkt die Regeln mitbestimmen, nach denen ihre Rücklagen angelegt werden. "Die Kirchen bewegen sich. Es besteht ein Potenzial für christliche Geldanlagen", sagt Autorin Schneeweiß, die für das Institut Südwind aus Siegburg arbeitet. Das mögliche kirchliche Anlagevolumen wird auf einen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt.

Den Trend spürt auch die Finanzbranche. "Es gibt einen erfreulichen Mittelzufluss von Kirchen und Stiftungen und der Trend verstärkt sich", sagt Andreas Knörzer von Sarasin. Ähnliches beobachtet Christian Lienke von Union Investment: "Es wird innerhalb der Kirchen verstärkt theologisch diskutiert, wo und wie das Geld angelegt wird. Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist für die kirchlichen Anleger ein wichtiger Faktor. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Markt weiter wächst."

Keine generelle Umschichtungen geplant

Die Kirchen sehen offenbar Nachholbedarf. "Wir haben leider erst einen kleinen Teil unseres Geldes in ethischen Investments angelegt", heißt es beispielsweise beim Bistum Mainz. In der evangelischen Kirche des Rheinlandes gilt nach Angaben eines Sprechers die Regel "Wenn Gelder frei werden und die ethische Anlage die gleiche oder nur eine geringere Rendite bringt, dann ist sie vorzuziehen." Es sei aber keine grundlegende Umschichtung der Anlagen geplant.

Reuters
Stefan Schaaf/Reuters