Hartz IV Alleinerziehern bricht Unterhalt weg

  • von Karin Spitra
Rutscht ein Langezeitarbeitsloser ab 2005 ins neue Arbeitslosengeld (ALG II), dann wird er so wenig Geld haben, dass er unter die Grenze für Unterhaltspflicht fällt. Verlierer sind einige tausend Kinder.

Kaum ist die erste Welle medial geschürter Empörung verebbt und klargestellt, dass keine Sozialamts-Schergen kleinen Kindern ihre Sparbücher wegnehmen werden, schon braut sich das nächste Hartz IV-befeuerte Sommergewitter zusammen. Diesmal im Mittelpunkt des Reform-Wirrwarrs: alleinerziehende Mütter und Väter.

ALG II liegt unter dem Selbstbehalt

Rutscht ab 2005 ein Langzeitarbeitsloser von Arbeitslosenhilfe in die neue ALGII, dann erhält er nur noch 345 Euro im Monat (Osten: 331 Euro). Die Grenze für den Selbstbehalt - jenes Geld, das nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige für sich behalten dürfen - liegt bei 730 Euro. Deshalb müssen sich jetzt etliche allein Erziehende (davon 85 % Frauen und 15 % Männer) darauf einstellen, dass sie für ihre Kinder vom Mann (bzw. der Frau) keinen Unterhalt mehr bekommen - schließlich liegt der ALG II-Satz ja deutlich unter dem Selbstbehalt.

Weitere Informationen

Ansprechpartner und Hilfestellung für Alleinerzieher gibt es beim Verband allein erziehender Mütter und Väter.

Eine Entwicklung, die besonders der "Verband der allein erziehenden Mütter und Väter" (VAMV), mit Sorge sieht: "Schon jetzt ist es so, dass immer mehr Unterhaltspflichtige unter dem Selbstbehalt von 730 Euro im Monat bleiben - es gibt also schon diese "Mangelfälle", erklärt VAMV-Geschäftsführerin Peggy Liebisch. "Mit der Umstellung auf ALG II dürften diese Mangelfälle noch zunehmen."

Kinderzuschlag gibt es nur drei Jahre

Können die Unterhaltspflichtigen ihrer Pflicht nicht mehr nachkommen, müssen die Unterhaltsvorschusskassen bei den Jugendämtern den Unterhalt übernehmen - genauso, wie sie es bereits jetzt bei Zahlungsunwilligen oder Zahlungsunfähigen tun. Der Pferdefuß dabei: Dieser Unterhaltsvorschuss wird höchstens sechs Jahre lang gezahlt und auch nur bis zum 12 Lebensjahr des Kindes. Danach wird's finanziell eng.

Normalerweise bliebe dem Alleinerzieher nur, jetzt selber Sozialhilfe zu beantragen. Bundesfamilienministerin Renate Schmidt reagierte allerdings auf den schon jetzt stattfindenden Anstieg von Sozialhilfeempfängern unter Kinder und Jugendlichen: Sie setzte Regierungs-intern den Kinderzuschlag durch. "Der Vorteil beim Kinderzuschlag ist, dass Familien nicht wegen ihrer Kinder auf ALG II angewiesen sind," erklärt Beate Moser, Sprecherin im Bundesfamilienministerium. "Damit können gezielt Eltern und Elternteile unterstützt werden, die zwar gerade für sich, aber nicht mehr für ihr Kind sorgen können".

Fällt also der Unterhaltsvorschuss weg, bleibt dem allein erziehenden Elternteil nur noch der Antrag auf Kinderzuschlag. Der ist auf maximal 140 Euro im Monat begrenzt und dazu auf drei Jahre befristet. Und es gibt einen weitern Nachteil: "Diese 140 Euro im Monat liegen natürlich deutlich unter dem niedrigsten Unterhaltssatz - eine klare Schlechterstellung der Kinder," so Liebisch. Laut der "Düsseldorfer Tabelle" (Ost: "Berliner Tabelle"), die den Unterhaltssatz je Einkommen festlegt, liegt der niedrigste Unterhaltssatz für Kinder bis sechs Jahren bei 199 Euro im Monat.

Einkommen reicht nicht mehr

Um den Kinderzuschlag zu bekommen muss außerdem das Einkommen des betreuenden Elternteils mit maximal 800 Euro so gering sein, dass mit dem fehlenden Kindesunterhalt zwar noch der eigene, aber nicht mehr der Lebensbedarf des Kindes gedeckt werden kann - wenigstens wird das Wohngeld da nicht mitgerechnet. Hintergedanke des Gesetzgebers: Da ansonsten der Elternteil selbst in ALG II abrutschen würde, gibt es diesen maximalen Kinderzuschlag von 140 Euro.

Besonders bitter für Liebisch: "Wie viele jetzt Mangelfall werden, wissen wir nicht - das können wir erst im Februar 2005 sehen, wenn die ersten Anträge ausgewertet sind." Das Familienministerium erwartet jedenfalls keinen nennenswerten Anstieg. Und Renate Schmidt wird sich die Entwicklung sehr genau anschauen - schließlich will auch der Kanzler, dass dies Thema weiterverfolgt wird. Ob es diesbzeüglich eine Nachbesserung geben wird ist also offen - genauso, woher das Geld dafür kommen sollte.