Der Countdown für den Euro läuft. In gut einem Jahr wird die gemeinsame europäische Währung für jedermann mit Händen zu greifen sein: in der Bank, beim Einkaufen im Supermarkt oder auch bei Verhandlungen über höheres Taschengeld. Die D-Mark verabschiedet sich am 01. Januar 2002 mit einer nur kurzen Übergangszeit, eine ganz neue Währungswelt bestimmt fortan das Leben. Bislang haben sich die Deutschen jedoch noch viel zu wenig auf den Euro eingestellt, warnen Verbraucherschützer. Aus ihrer Sicht muss das Jahr 2001 deshalb umso intensiver zur Vorbereitung auf die neue Währung genutzt werden.
»Wir hätten seit dem 01. Januar 1999 unsere Konten in Euro führen können, Schecks ausstellen und Überweisungen in Euro tätigen können. Kaum einer hat das getan«, kritisiert Bernd Krieger vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) in Kiel. Zum Teil liegt die Schuld dafür bei den Banken, die zu wenig die Werbetrommel gerührt haben. Zum anderen ist die Wahrnehmung des Euro aber vor allem durch seine Schwäche gegenüber dem US-Dollar geprägt: Das Image der Währung ist schlecht und die Bereitschaft, sich mit ihr zu beschäftigen, eher gering. Auch Krieger ertappt sich immer wieder dabei, allein auf die D-Mark-Angabe zu achten, wenn Preise im Kaufhaus schon doppelt ausgezeichnet sind.
Bei den Verbrauchern herrscht die Mentalität vor, in Sachen Euro alles auf den letzten Drücker erledigen zu wollen, sagt Krieger. Für diese Einschätzung spricht auch die Zahl der Anrufer bei der Hotline der Aktionsgemeinschaft Euro in Bonn, die unter anderem von der Bundesregierung und dem Europäischen Parlament gegründet wurde. Am Jahresende wird das Team auf 80.000 Beratungsgespräche zurückblicken können, erwartet ServiceCenter-Leiter Armin Czysz. Noch 1999 wurden unter der Rufnummer 0180/321 20 02, die symbolisch für den Euro-Countdown steht, 160.000 Gespräche und 1998 immerhin 120.000 Anrufe gezählt.
Achtung bei der Umstellung von laufenden Verträgen
Für das Jahr 2001 rechnet Czysz allerdings mit einer deutlichen Steigerung des Anruferaufkommens. Auch ändert sich derzeit eindeutig der inhaltliche Schwerpunkt der Beratungen: Der Trend führt weg von der politischen Beurteilung des Euro zu den eher praktischen Fragen rund um Verträge und den Bargeldumtausch: »Immer mehr Menschen rufen uns an und lassen sich ausrechnen, wie ihre heutigen Mieten und Versicherungsprämien in Euro umgerechnet lauten«, erzählt Czysz.
Dahinter steht wohl die Furcht, über den Tisch gezogen zu werden. In der Tat sollte genau hingeschaut werden, wenn im Jahr 2001 zum Beispiel ein Mietvertrag auf Euro umgestellt werden soll. Denn die Neuausfertigung von Urkunden und Verträgen ist vom Gesetz her nicht zwingend erforderlich. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass nicht neben der Umrechnung von Mark in Euro auch andere Klauseln geändert worden sind, die den Mieter etwa bei seiner Renovierungspflicht schlechter stellen. Außerdem sollte im Jahr 2001 besonders darauf geachtet werden, »in welcher Währungswelt neue Verträge unterschrieben werden«, rät Czysz.
Gefühl für den Euro bekommen
Um den Übergang zum Euro zu erleichtern, wird der Einzelhandel im Jahr 2001 die doppelte Preisauszeichnung deutlich ausweiten. »Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen ein Gefühl für den Euro bekommen«, sagt Hubertus Pellengahr, Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE) in Berlin. Der Vorteil der Deutschen im europäischen Vergleich ist, »dass ein Euro ungefähr zwei Mark sind« - die Österreicher etwa müssten viel komplizierter umrechnen. Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht: Ein Euro ist nicht zwei, sondern genau 1,95583 Mark. »Die doppelte Preisauszeichnung sollte daher 2001 sehr bewusst wahrgenommen werden«, empfiehlt Czysz.
Eine entscheidende Rolle bei der Gewöhnung an den Euro dürften die so genannten Schwellenpreise spielen: Was heute für 99 Pfennig zu haben ist, wird kaum in Zukunft 49 Cent kosten, weil der Handel bei einer solchen Umrechnung Verluste machen würde. Laut HDE-Sprecher Pellengahr ist es derzeit noch offen, ob neue Schwellenpreise mit einer 25, 50 oder 75 hinter dem Komma entwickelt werden, ob es nur noch völlig »krumme Preise« gibt oder ob sich Verpackungsgrößen ändern, um die Preise weiter mit 99 hinter dem Komma enden zu lassen.
Denkbar ist, dass die Unternehmen zu verschiedenen Lösungen kommen, sagt Pellengahr. Den Verdacht, die Händler könnten den Euro zu verdeckten Preiserhöhungen nutzen, weist der HDE-Sprecher deutlich zurück, weil der Wettbewerb untereinander »davor den besten Schutz bietet«. Bernd Krieger vom EVZ ist sich dessen nicht so sicher, weil es »extrem schwierig sein wird, ein neues Preisgefühl zu entwickeln.«
Die Übergangsphase, in der noch in Mark bezahlt werden kann, endet am 28. Februar 2002. Danach können Mark-Scheine und Münzen im Prinzip nur noch bei den Landeszentralbanken umgetauscht werden, obwohl viele Geldinstitute einen entsprechenden Service ebenfalls länger anbieten dürften, so Armin Czysz. Dennoch ist es sinnvoll, im Jahr 2001 nach und nach zu Hause vorhandenes Geld etwa aus Spardosen bei den Banken einzuzahlen, um nicht Anfang 2002 damit in Zugzwang zu geraten.
Und noch etwas geschieht mit dem Euro schon im kommenden Jahr: Im Geldbeutel werden vom 17. Dezember 2001 an neue Euro-Münzen klingeln können, weil die Banken dann mit der Ausgabe von »Starterkits« mit ersten Exemplaren beginnen. Bezahlen kann man mit den Münzen erst am 01. Januar 2002, viele Menschen dürften es dennoch vorher versuchen. »Am 17. Dezember beginnt das Chaos«, fürchtet deshalb Bernd Krieger.
Informationen:
Aktionsgemeinschaft Euro,
Poppelsdorfer Allee 44,
53115 Bonn
Fax: 0228/98 16 64, das »Euro-Bürgertelefon« unter der Rufnummer 0180/321 20 02 ist montags bis freitags von 09.00 bis 19.00 Uhr sowie samstags von 09.00 bis 14.00 Uhr besetzt, der Anruf kostet im Schnitt 18 Pfennig pro Minute);
Broschüren zum Thema Euro können auch bei der »Euro-Line« der Bundesregierung unter der Rufnummer 01805/22 19 99 bei Kosten von 48 Pfennig pro Minute bestellt werden;
Europäisches Verbraucherzentrum Kiel, Willestraße 4-6, 24103 Kiel (Tel.: 0431/971 93 50, Fax: 0431/9 71 93 60, Internet: www.evz.de).