Die direkten Auswirkungen auf den Handel mit dem Irak dürften kaum zu Buche schlagen. "Den Handel mit dem Irak können sie vernachlässigen", sagt Michael Pfeiffer vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Der Irak rangiert gerade einmal auf Rang 77 in der Liste der deutschen Exportpartner. Und auch die Abhängigkeit der Europäischen Union (EU) von irakischem Öl ist mit drei Prozent gering.
Indirekten Folgen gravierender
Gravierender wären die indirekten Folgen. Bereits seit Monaten bremst die Irak-Krise Investoren und Konsumenten. Die Folgen für das Wirtschaftswachstum und die Arbeitsmarktentwicklung sind weltweit unübersehbar: Die Angst vor einer globalen Rezession macht die Runde.
Experten tappen im Dunkeln
Wie sich ein Irak-Krieg tatsächlich auswirken wird, können auch die Experten nicht genau beantworten. "Die Folgen eines Irak-Krieges lassen sich kaum verlässlich kalkulieren", gestand das Institut der deutschen Wirtschaft jüngst ein. Und Außenhandelspräsident Anton Börner merkte schon wiederholt an, wenn es zu einem länger andauernden Krieg komme, könnten die Experten ihre Wachstumsprognosen schlicht zerreißen.
Rascher Kriegserfolg wäre am günstigsten
Das Grundmuster der meisten Überlegungen umschrieb DIW-Chef Klaus Zimmermann wie folgt: Wirtschaftlich gesehen wäre ein "rascher US-Erfolg im Kriegsfall so zu sagen am günstigsten". Unter dieser Annahme rechnen die Fachleute denn zumeist im zweiten Halbjahr 2003 - nach Kriegsende - mit einem Anziehen des Wachstums, der Investitionen und der Konsumausgaben weltweit. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet unter dieser Voraussetzung, dass Deutschland in diesem Jahr mit 0,4 Prozent Wachstum gerade noch an einer Rezession vorbeischrammt.
Bei langem Waffengang droht Rezession
Sollte es aber zu einem langen Waffengang kommen, wäre vermutlich "eine Rezession in den großen Industrieländern" die Folge, warnen das IfW und die meisten anderen Experten düster. Die Risiken sind immens. Der Ölpreis erreichte bereits kürzlich in New York mit 36 Dollar je Barrel (rund 159 Liter) eine seit Jahren nicht gekannte Höhe. Fachleute halten einen Anstieg auf 50 Dollar, einzelne auf bis zu 70 Dollar im Kriegsfall für möglich. Allein ein Anstieg des Ölpreises um zehn Dollar könnte Deutschland nach Analysen von Fachleuten 0,2 bis 0,3 Prozent Wachstum kosten.
Schwacher Dollar würde deutsche Exporte treffen
Auch das Währungsgefüge könnte in Unordnung kommen. Sollte sich der US-Dollar, entgegen früherer Erfahrungen, als Folge eines Krieges weiter abschwächen, ginge das zu Lasten der Europäer und speziell des exportstarken Deutschlands. Ein Eurokurs von 1,30 Dollar könnte Deutschland 0,5 Prozent Wachstum kosten, so das Ifo-Institut. Andere Fachleute rechnen bei einer zehnprozentigen Euro-Aufwertung mit 0,3 Prozent Wachstumsminus. Ein Risiko birgt auch die Aktienmarktentwicklung. Ein Krieg könnte die gebeutelten Aktienmärkte weiter drücken. Das könnte die Kaufkraft der Aktien haltenden Haushalte mindern. In Deutschland sind das zwar so viele nicht, wohl aber in den USA. Und die Entwicklung strahlt letztlich weltweit aus.
Wettbewerbsfähigkeit würde sich verschieben
Auf ein weiteres, langfristiges Risiko wies kürzlich Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hin, nämlich mögliche Verschiebungen in der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Volkswirtschaften. Clement warnte vor einem "Atem beraubenden Prozess" in den USA, dem massiven Ausbau des dortigen militärischen Potenzials: "Daraus kann auf Dauer eine gewaltige technologische Überlegenheit gegenüber dem Rest der Welt folgen."
Waffentechnik pusht andere Entwicklungen
Dahinter steckt die Erkenntnis, dass militärischen Entwicklungen in der Regel technologische Fortschritte auch in den zivilen Bereichen der Wirtschaft folgen. Das Internet, die Satelliten gestützte Telekommunikation oder die Flugzeugindustrie sind Belege für diese These.