Gemunkelt wurde für Medienverhältnisse seit Ewigkeiten - jetzt ist es endlich offiziell: Giovanni di Lorenzo (45) wechselt von der Spree an die Elbe und wird Nachfolger von Josef Joffe (60) und Michael Naumann (62). Die beiden Journalisten sollen zusammen mit Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt der "Zeit" weiter als Herausgeber zur Verfügung stehen und mit di Lorenzo zusammen arbeiten, teilte am Dienstag die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit, der beide Blätter gehören.
Bleibt Tagesspiegel-Herausgeber
Neue Chefredakteure des "Tagesspiegels" werden die bisherigen Stellvertreter Stephan-Andreas Casdorff (45) und Lorenz Maroldt (42). Ursula Weidenfeld, die bisher als Leitende Redakteurin für Wirtschaft zuständig war, rückt als stellvertretende Chefredakteurin auf. Neben Hellmuth Karasek und Hermann Rudolph werde di Lorenzo als dritter Herausgeber auch in Zukunft dem "Tagesspiegel" verbunden bleiben, hieß es weiter.
Mit diesen Personalentscheidungen dokumentiere die Verlagsgruppe ihre Strategie, junge qualifizierte Journalisten zu fördern und ihnen langfristig herausragende und hoch anspruchsvolle Führungspositionen anzuvertrauen, erklärte Holtzbrinck. Joffe und Naumann hätten den bereits unter dem früheren "Zeit"-Chefredakteur Roger de Weck begonnenen Wiederaufstieg des Blattes beschleunigt. Entgegen dem Trend sei die verkaufte Auflage in den vergangenen drei Jahren um mehr als 40.000 Exemplare gestiegen. Sie liegt heute bei etwa 447.000 Exemplaren.
Bleibt auch Talkmaster
Bereits seit Monaten war in der Medienbranche über den Wechsel di Lorenzos zur "Zeit" spekuliert worden. Der Journalist, der weiterhin einmal im Monat die Talkshow "III nach neun" von Radio Bremen moderieren wird, hatte die Gerüchte immer wieder dementiert und erklärt, er wolle Berlin nicht verlassen. Holtzbrinck hatte im vergangenen Jahr seine Absicht erklärt, den Not leidenden "Tagesspiegel" zu verkaufen und das Konkurrenzblatt "Berliner Zeitung" von Gruner + Jahr zu übernehmen. Das Geschäft scheiterte am Veto des Bundeskartellamtes.
Di Lorenzo, der seit Anfang 1999 den "Tagesspiegel" leitete, hatte das vor allem im Westen Berlins verankerte Blatt mit neuem Layout und neuen Themen für eine jüngere Leserschaft öffnen wollen. Gleichzeitig bekräftigte er den Anspruch, den "Tagesspiegel" als führende Hauptstadtzeitung mit überregionaler Ausstrahlung zu etablieren. In den vergangenen Jahren war die Auflage stetig auf zuletzt rund 140.000 Exemplare gestiegen.