Die Grundsteuer muss neu berechnet werden. Die alte Mode war ungenau und basierte auf uralten Einschätzungen – das Bundesverfassungsgericht forderte eine Reform. Entweder muss die Steuer entfallen oder sie muss auf realistischen Werten aufbauen. Entfallen kann die Steuer nicht, denn sie ist eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen.
Auch Mieter müssen zahlen
Diese Steuer betrifft alle in Deutschland. Wer Eigentum selbst nutzt, muss die Steuer selbstverständlich selbst begleichen. Vielen Mietern ist dagegen nicht bewusst, dass diese Steuer wie Gehwegreinigung und Müllgebühren komplett auf die Mieter umgelegt wird und einer der Posten der sogenannten zweiten Miete sind. Vermieter betrifft diese Steuer nur insofern, als sie die Kosten durchreichen. Das war vor der Reform so und diese Praxis wird auch nach der Reform beibehalten.
Genaueres Raster
Nun haben sich Bund und Länder auf "Eckpunkte für die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts" festgelegt. Das einseitige Papier gibt zumindest schon mal die grobe Richtung vor. Wegen des enormen Aufwands werden Grundstücke, Häuser und Wohnungen auch in Zukunft nicht individuell taxiert. Sie werden jedoch in ein sehr viel genaueres Raster einsortiert. In die Berechnung werden die durchschnittlichen Nettokaltmieten einfließen. Dazu werden die aktuellen Bodenpreise in Form der Bodenrichtwerte einfließen und das Alter des Gebäudes. Wie stark dieses Raster verfeinert werden muss wird sich noch zeigen. Denn hinter einem Altbau - gebaut vor 1948 – kann sich ein altersschwaches Gebäude, aber auch eine komplett renovierte Villa verstecken.
Wer teuer wohnt, muss mehr Steuern zahlen
Für Nutzer von Wohnraum – ob nun als Mieter oder Besitzer – sind diese Feinheiten am Ende nicht wirklich entscheidend. Die Eckpunkte setzen nur die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts um. Und die lautet: Die Steuer muss stärker am tatsächlichen Wert der Immobilie anknüpfen. Das hört sich vernünftig an, doch dieser Satz birgt beim Thema Wohnen großen Zündstoff.
Das Problem erkennt man schnell, wenn man sich die Immobilienpreise in einem gefragten Ballungsraum ansieht. In Hamburg-Ottensen kostet eine 100 Quadratmeter große Wohnung derzeit 500.000 Euro und mehr. Im Vorort Niendorf oder Eidelstedt bekäme man die gleiche Wohnung für rund 275.000 Euro. Zieht man in die Umgebung der Großstadt, etwa in einen Ort ohne Bahnanschluss, kann man auch mit 175.000 Euro fündig werden. Die Wohnung in der City ist also etwa dreimal so teuer wie die im Kuhdorf der Umgebung. Unterstellt man gleiche Hebesätze der Steuer, muss der Citybewohner in Zukunft also auch dreimal so viel Grundsteuer zahlen, wie der Pendler im Dorf.
Die Kommunen profitieren von der Spekulation
Zu den hohen Mieten bzw. Kaufpreisen der begehrten Innenstadtlagen kommt in Zukunft noch saftige Grundsteuer obendrauf. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt die Richtung vor: Wer billig wohnt, wird in Zukunft weniger Steuern zahlen, aber alle, die schon jetzt teuer wohnen, müssen mit merklichen Mehrbelastungen rechnen. Die Logik des Vorhabens könnte sogar zu diesem Paradox führen: Angenommen, jemand lebt in guter Lage - aber in einer günstigen Genossenschaftswohnung. Dieser Personenkreis könnte in Zukunft mit einer Steuer belegt werden, die sich hauptsächlich an der luxuriösen Umgebung orientiert.
In jedem Fall wird das Wohnen in der Stadt also noch teurer. Besonders perfide: Die neue Steuer-Logik würde dazu führen, dass der Staat direkt von Wohnraumspekulation, steigenden Immobilienpreisen und Mieten profitiert.
Doch ist es nicht so weit. Noch kann Politik diese Reform entschärfen. Die Vorgabe des Bundesverfassungsgericht ist klar, ebenso, dass die neue Regelung der Vorgabe des höchsten Gerichts entgegenkommen muss. Wie weit, wird man erst sehen, wenn die ersten Einstufungen vorliegen. Denkbar wäre es, dass der aktuelle Wert der Immobilien berücksichtigt wird, aber nicht Eins-zu-Eins in die Höhe der Steuer einfließt..
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