Verbraucher Tohuwabohu um Mieterkündigung

Drunter und Drüber für Mieter: Eigentlich könnten sie seit 1. September 2001 mit einer Frist von nur drei Monaten aus einem unbefristeten Mietvertrag heraus. Dummerweise gelten die neuen Kündigungsfristen nicht für Jedermann.

Drunter und Drüber für Mieter: Eigentlich könnten sie seit 1. September 2001 mit einer Frist von nur drei Monaten aus einem unbefristeten Mietvertrag heraus. Vorher musste man oft doppelt bis vierfach so lang auf den Auszug warten, je nach Wohndauer. Doch das neue, mieterfreundliche Gesetz gilt jetzt nicht mehr für alle. Wer einen älteren Vertrag hat, muss sich nach wie vor auf lange Kündigungsfristen einstellen. So entschied es der Bundesgerichtshof im Sommer. Seitdem herrscht Verunsicherung. Millionen Mieter wissen nicht mehr: Wann kann ich aus der Wohnung raus?

Stichtag: 1. September 2001

Probleme haben vor allem Verbraucher mit Altverträgen, die blind auf die Dreimonatsfrist der Mietrechtsreform vertrauen, kündigen und noch in der Wohnung leben. Rasche Umzugspläne platzen dann wie Seifenblasen. Wer vor 1. September 2001 seinen Vertrag unterschrieb, für den gelten nach dem BGH-Urteil (Aktenzeichen: VIII ZR 240/02) wieder die früheren, gestaffelten Kündigungsfristen. Und die richteten sich immer nach der Wohndauer. Der Auszug kann sich damit um viele Monate, schlimmstenfalls um ein ganzes Jahr verzögern. "Das kann für die Leute haarig werden", warnt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds (DMB) in Berlin.

Nicht jeder Vermieter zu Konzessionen bereit

Haben die Betroffenen gerade eine neue Immobilie gekauft oder bereits einen neuen Mietvertrag abgeschlossen, werden sich finanzielle Doppelbelastungen kaum vermeiden lassen. Der Vermieter kann verlangen, dass sein Mieter wohnen bleibt und/oder das Geld bis zum Ende weiter zahlt. "Längst nicht jeder Vermieter ist zu Konzessionen bereit, wenn er Angst hat, dass er seine Wohnung nicht sofort wieder vermietet kriegt", berichtet Ropertz aus Erfahrung. Die Mieter stecken im Vertrag fest.

Nachbesserung gefordert

Grund für das Tohuwabohu bei den Kündigungsfristen ist nach Ansicht des DMB eine "handwerklich missglückte" Formulierung des Gesetzgebers. Die Bundesregierung habe nicht klar gemacht, was sie wollte: nämlich drei Monate Kündigungsfrist für alle Mieter, soweit nicht im Einzelfall eine anderweitig individuelle Vereinbarung getroffen wurde. Das BGH-Urteil sei die "Quittung" für die Formulierungsfehler. "Unser Ziel ist jetzt die Nachbesserung des Gesetzes", betont Ropertz.

morgenstern

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Bei Paragrafen 565 keine schnelle Kündigung

Bis dahin müssen sich umzugswillige Mieter erst einmal mit den verwirrenden Regelungen herumplagen. Gesetz oder Vertrag - das ist die Frage. Für die meisten Altfälle vor September 2001 wird es wohl bei den unflexiblen Kündigungsfristen von drei, sechs, neun und zwölf Monaten bleiben, immer abhängig von der Wohndauer. Steht beispielsweise im Vertrag: die "Fristen des Paragrafen 565 Absatz 2 BGB" gelten, werden die Passagen wörtlich aufgeführt oder sinngemäß aufgegriffen, dann kommt eine schnelle Kündigung gar nicht erst in Frage.

14-Tagesfrist in DDR-Verträgen gilt

Gibt es dagegen keine Regelung zu den Kündigungsfristen gilt das neue Mietrecht, wie Ropertz betont. Also: drei Monate. Ist in alten DDR-Verträgen noch eine 14-tägige Frist festgeschrieben, kann sich der Mieter darauf verlassen. Wer den Text findet: "Es gelten die jeweiligen gesetzlichen Fristen" darf sich freuen. Dann greift das neue Mietrecht.

Wenige Ausnahmefälle

Sonderlösungen gibt es nur in Ausnahmefällen. Wer aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt ziehen will, wegen Krankheit ins Alters- oder Pflegeheim muss, Nachwuchs erwartet, heiratet und eine größere Wohnung braucht, darf auf eine vorzeitige Kündigung dringen. Sonderkündigungsrechte gibt es auch bei Mieterhöhung auf Vergleichsmiete, nach Modernisierung, für Sozialwohnungen und der Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen. Und all die, denen die Untervermietung ohne triftigen Grund verboten wird, dürfen auch schnell raus. In diesem Fall ist die Dreimonatsfrist möglich.

DPA
Berrit Gräber

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