Insolvenzen Reiche Beute für den Pleitegeier

2003 hat die Anzahl der Unternehmenspleiten in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht: Knapp 40.000 Unternehmen traten den Gang zum Insolvenzgericht an. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Der Pleitegeier hat 2003 in Deutschland wieder reiche Beute gemacht: Die Zahl der Insolvenzen erreichte einen neuen Höchststand. Im vergangenen Jahr traten knapp 40.000 Unternehmen den Gang zum Insolvenzgericht an, teilte die die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag in Düsseldorf mit. Das sind 5,5 Prozent mehr als 2002. Die Pleitenzahl nahm zwar nicht mehr so stark zu. Von einer Trendwende zu sprechen, sei aber verfrüht, hieß es. Die Rekordpleitewelle in Deutschland begräbt nach vielen Traditionskonzernen zunehmend eigenkapitalschwache Mittelständler unter sich.

Für 2004 rechnet Creditreform bestenfalls mit einer Stagnation der Firmenpleiten in Deutschland auf hohem Niveau. Wahrscheinlicher sei ein Anstieg um 5 Prozent auf 42.000 Fälle. "Die Unternehmen befinden sich auf einer Berg-und-Tal-Fahrt zwischen Konjunktur und Konkurs", sagte der Hauptgeschäftsführer der Creditreform, Helmut Rödl.

Kernproblem: Hohe Außenstände und wenig Eigenkapital

Kernprobleme der Unternehmen seien Finanzierungsengpässe und hohe Außenstände. "Vielen Unternehmen geht einfach das Geld aus", schilderte Rödl. Die Banken änderten ihre Finanzierungsstrategie nicht nur mit Blick auf die strengeren Eigenkapitalrichtlinien (Basel II). Die Institute bereinigten ihre Kreditbücher. "Das trifft vor allem die eigenkapitalschwachen Mittelstandsbetriebe in Deutschland ins Mark", betonte der Experte. Die Eigenkapitaldecke sei ohnehin dünn. Im Schnitt könne ein deutscher Mittelstandsbetrieb nicht einmal 10 Prozent seines Finanzierungsbedarfes mit Eigenmitteln abdecken.

Auch im europäischen Vergleich schlecht

Die schlechte Zahlungsmoral der Kunden und Auftraggeber sei in Europa bereits die Ursache für jeden vierten Firmenkonkurs. So dauere es in Italien fast drei Monate, bis das Geld auf dem Empfängerkonto eintreffe. In Deutschland vergingen im Durchschnitt insgesamt 40 Tage, während 24 Tage nach Lieferung ausgemacht waren. Mit insgesamt rund 40.000 Firmenpleiten habe Deutschland im europäischen Vergleich im vergangenen Jahr nur knapp hinter Frankreich gelegen. In beiden Länder gebe es inzwischen jeweils mehr Firmenpleiten als in den USA. Dort sank die Zahl um acht Prozent auf 35.500.

Erstmals Rückgang in den neuen Bundesländern

In den neuen Bundesländern gingen die Firmenpleiten 2003 erstmals seit der Wiedervereinigung um 10 Prozent auf 10.000 zurück. Bezogen auf die Gesamtzahl der Unternehmen sei die Insolvenzhäufigkeit aber weiterhin zweieinhalb mal höher als in den alten Bundesländern.

Die Gesamtschäden, die Unternehmen, Privatleuten und dem Staat durch Insolvenzen in Deutschland entstanden, summierten sich 2003 auf gut 40 Milliarden Euro. Die Zahl der Arbeitsplätze, die von Firmenpleiten akut gefährdet waren, stieg um 23.000 auf 613.000.

DPA
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