Die Bundesregierung plant schärfere Kontrollen bei den Beziehern von Arbeitslosengeld II, weil damit erheblicher Missbrauch betrieben werde, wie sie vermutet. Nach Stichproben der Bundesagentur für Arbeit (BA) könne vermutet werden, dass die Arbeitslosigkeit derzeit um mindestens zehn Prozent überschätzt werde, sagte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) der "Berliner Zeitung". Dies würde bedeuten, dass mehr als 280.000 angebliche Langzeitarbeitslose zu Unrecht Leistungen beziehen würden.
Das Blatt berichtet, ein Maßnahmenpaket des Bundeswirtschaftsministeriums sehe verstärkte Hausbesuche und Anrufaktionen vor. Außerdem solle der Datenabgleich mit den Finanzämtern intensiviert werden, um verborgene Vermögen aufzuspüren. Bei Verdacht auf Missbrauch sollen auch Hausdurchsuchungen durchgeführt werden können.
Das Magazin "Focus" schreibt, die BA stelle 400 Beschäftigte allein für die Überprüfung der Empfänger des Arbeitslosengeldes II ab. Außerdem seien ganztägige Trainingsprogramme vorgesehen, um Schwarzarbeit zu verhindern. Überlegt werde auch, den Auszug arbeitsloser Jugendlicher aus der elterlichen Wohnung unter Genehmigungspflicht zu stellen.
"Jeder Euro, der am Arbeitsmarkt abgezockt wird, steht für eine sinnvolle Unterstützung nicht mehr zur Verfügung", sagte Clement der "Berliner Zeitung". Dass auf das Bundeswirtschaftsministerium im laufenden Jahr Mehrkosten in Höhe von drei Milliarden Euro zukommen werden, hat Wolfgang Clement unterdessen zurückgewiesen. Die "Welt am Sonntag" hatte berichtet, dass die Ausgaben des Bundes für das Arbeitslosengeld II in diesem Jahr 29 Milliarden Euro betragen würden, im nächsten Jahr sogar 31,5 Milliarden Euro.
Diese Zahlen habe Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) beim zweiten Sondierungsgespräch zwischen Union und SPD am vergangenen Mittwoch genannt, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer. Ursprünglich waren für das Arbeitslosengeld II nur 14,6 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2005 eingeplant.
"Für das Jahr 2005 gehen wir von Kosten für den Bund in Höhe von etwa 26 Milliarden Euro aus", sagte am Samstag ein Ministeriumssprecher. Darüber hinaus werde es noch zusätzlich ein Revisionsverfahren zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geben. "Auch die in den Medien genannte Zahl von 31,5 Milliarden Euro als Kosten für das Arbeitslosengeld II für das Jahr 2006 ist aus der Luft gegriffen und falsch."