Studieren ist in Deutschland angesagt wie nie: Zum vergangenen Wintersemester stieg die Zahl der Studenten auf den Rekordwert von 2,84 Millionen - das waren 900.000 mehr als noch vor zehn Jahren. Mit dem Studium verknüpft ist immer auch die Hoffnung, später leichter einen gut bezahlten und am besten auch erfüllenden Job zu bekommen.
Doch zumindest an Letzterem weckt eine Studie zur Job-Zufriedenheit gehörige Zweifel. Die Universität Gießen und das Stellen-Portal meinestadt.de befragten dafür mehr als 2000 Menschen zwischen 25 und 65 Jahren, wie zufrieden sie mit ihrem Job sind. Die Hälfte der Befragten waren Akademiker, die andere Hälfte hatte eine Berufsausbildung absolviert. Die Ergebnisse legen nahe, dass ein Studium einen im Job nicht unbedingt glücklicher macht. Denn entgegen der Erwartung waren die Akademiker nicht zufriedener, im Schnitt lagen beide Gruppen etwa gleichauf.
Glücklich ohne Studium
Betrachtet man nur die von ihrem Job besonders Beseelten liegen die Nicht-Akademiker sogar vorne. So bewertete jeder dritte Nicht-Akademiker (33,3 Prozent) seine Job-Zufriedenheit mit mindestens 10 von 11 Punkten. Bei den Akademikern erreichten diese Spitzenwerte nur 28,7 Prozent.
Für den Vorsprung sorgten vor allem die Unterpunkte "sympathische Arbeitskollegen", "faire Vorgesetzte", aber auch "Die Tätigkeiten gefallen mir". Dass die Ergebnisse insgesamt so positiv ausfallen, dürfte auch daran liegen, dass aus beiden Lagern relativ viele Führungskräfte an der Studie teilnahmen (33 Prozent der Nicht-Akademiker und 40 Prozent der Akademiker).
"Büroarbeit ist nichts für mich"
Die Befragten, die mit ihrem Ausbildungsberuf zufrieden sind, betonten vor allem den schnelleren Berufseinstieg sowie die Vorteile praktischer Arbeit. Hier eine Auswahl der Antworten:
- "Studium wird überbewertet, ich steh mehr auf praktische Arbeit."
- "Ein Studium ist mit vielen Kosten und großem Zeitaufwand verbunden. Eine Ausbildung bringt mehr praktisches Wissen und erleichtert den Start in das Arbeitsleben."
- "Ich arbeite gern mit meinen Händen. Büro-Arbeit ist nichts für mich."
- "Ich bin mit meiner Arbeit im Großen und Ganzen zufrieden. Studieren halte ich für praxisfern, da lernt man nur Dinge, die kein Mensch im täglichen Leben jemals brauchen wird."
- "Maurer ist ein sehr guter Beruf, ich bin stolz auf meine Zunft."
- "Mein Traum ist erfüllt. Mache die Arbeit gern. Studium war nicht nötig, wären verlorene Jahre gewesen."
- "Mein Beruf befriedigt mich, macht Spaß und das Gehalt stimmt auch, habe eine Stelle am Wohnort."
- "Weil man mit Fortbildungen, Zertifikaten und Berufserfahrung am Ende erfahrener ist als ein Bulimie-Lern-Student von heutzutage."
- "Wenn jeder studiert, wer macht dann noch die Arbeit?"

Warum Akademiker ihr Studium bereuen
Mangelnder Praxisbezug zählt umgekehrt auch zu den häufigsten Gründen für Unzufriedenheit bei Akademikern. Auf die Frage, "Warum bereuen Sie es, ein Studium absolviert zu haben?" antworten die Akademiker unter anderem so:
- "Bei einem Ausbildungsberuf hat man einen Beruf, beim Studium nicht. Die Ziele sind unkonkreter."
- "Erheblicher Druck in aktueller Position. Fehlende Praxiserfahrung."
- "Handwerkliche Arbeiten geben einem ein schnelleres Erfolgserlebnis."
- "Eine Ausbildung ist etwas Handfestes. Manchmal denke ich, ich wäre gerne Goldschmiedin."
- "Nahm viel Zeit in Anspruch, in der ich nichts verdient habe. Schwerer Übergang."
- "Weil einem vor und im Studium niemand sagt, dass man in eine Bürokratiefalle mit angegliedertem Hamsterrad gerät."
- "Weil ich mein Studium für meinen Beruf gar nicht benötige."
Mehr Nicht-Akademiker bereuen ihre Berufswahl
Die Statements dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unter den Befragten insgesamt deutlich mehr Nicht-Akademiker ihren Ausbildungsweg bereuen als Akademiker ihr Studium (36 Prozent gegenüber 14 Prozent). Viele der befragten Akademiker freuen sich über die beruflichen Möglichkeiten, die ihnen das Studium verschafft hat. Zudem nennen viele auch ausdrücklich die Studienzeit als tollen und bereichernden Lebensabschnitt.
Von den Nicht-Akademikern, die ihren Ausbildungsweg bereuen, beklagen die meisten vor allem zu niedrige Gehälter und fehlende Anerkennung. Letztendlich kann man eben auf beiden Wegen sehr glücklich oder sehr unzufrieden werden.