Schule, Abitur, Studium, Job: Wer diese Etappen auf dem Weg ins Arbeitsleben nimmt, hat gute Aussichten auf eine spannende Karriere und ein gutes Gehalt. Doch was ist mit denjenigen, die kein Abitur gemacht haben? Die sich für eine Lehre entschieden haben? Die kein Studium absolvieren? Klar ist: In Deutschland muss man viel Disziplin und Engagement mitbringen, wenn man trotzdem aufsteigen will. Einer, der es geschafft hat, ist Matthias Krebs. Seine Schulzeit verlief holprig, danach folgte eine Lehre als Schreiner. Heute ist er als Geschäftsführer und Berater für Firmen erfolgreich. Dem stern erzählt er seine steinige Karriere-Geschichte.
Die Schule war für mich eine höchst nebensächliche Sache. Außer Sport – und hier insbesondere Fußball – interessierte mich ausgesprochen wenig. Ich war also ein mittelmäßiger Schüler, der mit Ach und Krach seinen Abschluss zustande brachte. Aber warum auch in der Schule Gas geben? Für mich war klar, dass ich Profifußballer werden wollte. Das wollte viele andere Jungen auch. Und dazu braucht man kein Abitur. Das Talent als Torwart brachte ich mit und – an dieser Stelle für manche in meinem Umfeld durchaus überraschend – auch das notwendigen Engagement. Natürlich versuchten meine Lehrer und meine Eltern mich zu motivieren, mehr für die Schule zu tun. Aber weder gutes Zureden noch Strafen konnten mich von meinem Weg abbringen. Fußball - alles andere war mir egal.
Zu klein für eine Karriere im Fußball
Doch Fußball ist ein knallhartes Geschäft, es wird gnadenlos gesiebt; nur ein Bruchteil der ambitionierten und talentierten Spieler schafft es bis in die Bundesliga. Ich habe alles für dieses Ziel gegeben und doch kam mit Anfang zwanzig der Tag, an dem ich einsehen musste, dass ein Engagement als Torhüter in der Oberliga die Endstation meiner sportlichen Karriere sein würde. Talent alleine reicht nicht, wenn eine Körpergröße von 1,90 Meter oder mehr gefordert wird und man selbst ausgewachsen deutlich darunter bleibt. An dieser Tatsache kann auch Arbeit und Leidenschaft nichts ändern. Das war sicherlich nicht das, was ich ursprünglich geplant und für das ich mehrere Jahre gekämpft habe. Diese Niederlage musste ich akzeptieren. Ich brauchte dringend ein neues Ziel für mein Leben.
An diesem entscheidenden Tag wurde der Traum vom Fußballprofi ersetzt durch einen anderen, neuen Traum: Starte deine berufliche Karriere!
"Ich war keiner einfacher Lehrling"
Ich entschied mich für eine Lehre als Schreiner und folgte damit einer Familientradition. Mein Opa war handwerklich sehr geschickt und hat mich als Kind immer mit in den Wald genommen, um Holz zu machen. Später, im Alter von sechs Jahren, hat er mir das "Schreinern" beigebracht. Mein Opa war der Grund, warum ich Schreiner lernen wollte.
Ob das auch wirklich etwas für mich ist, war mir selbst nicht wichtig. Am Beginn einer beruflichen Laufbahn können junge Menschen noch gar nicht einschätzen, welche Möglichkeiten wirklich in ihnen stecken. Mein Ausbilder und auch andere Vorgesetzte waren aber schon bald der Meinung, in diesem Beruf würde ich nach der Ausbildung wohl nicht lange arbeiten. Ich wollte schon damals nicht nur Aufträge entgegennehmen und abarbeiten, ich wollte selbst gestalten, zeigte Initiative und war sicher kein einfacher Lehrling.
Erst im Laufe der nächsten Jahre habe ich verstanden, dass die erfahrenen Personen in meinem Umfeld, die ich später gerne zu meinen Mentoren zählte, meinen offensichtlich vorhandenen Führungs- und Gestaltungsanspruch erkannt haben.
Karriere ohne Abitur und Studium
Wer mit Abitur und Studium in die berufliche Karriere startet, hat ein Basiswissen in den notwendigen wirtschaftlichen Fragestellungen mitbekommen. Das hatte ich nur in Ansätzen. Mein Einstieg in den Vertrieb von Werkzeugen war daher zwei oder gar drei Hierarchiestufen tiefer angesiedelt als bei den Uniabsolventen. Um überhaupt mit ihnen in den Wettbewerb treten zu können, musste ich deren Wissensvorsprung schnell ausgleichen. Dazu gibt es verschiedene Wege – von Kursen und Weiterbildungen bis zum Selbststudium mit entsprechender Fachliteratur. Ich habe mich für die Bücher entschieden und Tag und Nacht gebüffelt. Leicht war das nicht, ich musste neben der Arbeitszeit lernen. Das bedeutet eine enorme Kraftanstrengung, die nur mit ganz viel Leidenschaft und Engagement leistbar ist. Kurz gesagt: Controlling-Kennzahlen statt Party, Betriebswirtschaftliche Auswertung statt Kino und Umsatzsteuer statt Disko. Meine Freizeit opferte ich für mein Ziel. Anders ist der Aufstieg nicht machbar. Dennoch kann ich rückblickend sagen: Meine beruflich beste Entscheidung war es auf ein Studium zu verzichten und meinen Mentoren zu vertrauen. Ohne die eigentliche vorausgesetzte Ausbildung dafür zu haben.
Die Ziele im Job nicht zu hoch stecken
Wenn manche junge Menschen heute auf die Frage nach dem Berufswunsch tatsächlich ernsthaft 'Superstar' antworten, dann ist das natürlich in mehrfacher Hinsicht unsinnig. Der Karriereweg sowohl im Showbusiness als auch im Wirtschaftsleben ist gesäumt von vielen Rahmenbedingungen, auf die wir selbst nur sehr bedingt Einfluss nehmen können. Daher sind sehr weit gesteckte Ziele nicht hilfreich. Meine Karriere habe ich in kleinen Schritten geplant, die sich jeweils gut und zügig realisieren ließen: Eine neue Position, ein größeres Aufgabengebiet, eigene Budgets, Personalverantwortung – immer einen Schritt nach dem anderen. Keine Luftschlösser, sondern das realistisch Machbare im Blick behalten. So konnte ich mich auf diesen Karriereschritt konzentrieren und verzettelte mich nicht.
Für mich bedeutete dies zunächst den Einstieg bei einem mittelständischen Unternehmen, später dann den Wechsel in einen Konzern. Hier musste ich noch etwas lernen: Bleib räumlich und geistig flexibel. Wer sich ein Leben außerhalb des angestammten Umfelds mit Familie, Freunden und der immer gleichen Firma nicht vorstellen kann, wird diesen Weg nicht gehen können.
Mein Privatleben hat nicht gelitten, obwohl ich nur an wenigen Feierlichkeiten oder bei Geburtstagspartys da war. Das wurde von meinem Umfeld hingenommen. Ich habe das große Glück, dass ich von einer kleinen, aber wundervollen Gruppe Menschen umgeben bin, die meine Karriere immer unterstützt haben.
Wer Karriere will, muss auch Ellenbogen einsetzen
Mit jedem Karriereschritt ergab sich für mich stets ein neues Ziel. Nicht irgendwann, sondern unmittelbar nach Erreichen des Etappenziels. Wer vorankommen möchte, der darf sich nicht ausruhen. Nettigkeiten und Harmoniebedürfnis gehören nicht zur Grundausstattung der beruflichen Karriere. Das erscheint jetzt sehr hart und abgebrüht - doch im Grunde ist es oft die Position des eigenen Chefs, die man als nächste erreichen möchte. Das klingt nach Ellbogenmentalität, nach Ehrgeiz und abgesägten Stuhlbeinen – und nicht selten ist es auch so. Was im angelsächsischen Raum als ganz normal angesehen wird, gilt bei uns als eher unfein.
Ich selbst habe sowohl ausgeteilt als auch eingesteckt. Schließlich ist der Weg nach oben ein Trichter, der nur wenige durchkommen lässt. Ab einer gewissen Hierarchiestufe wird dieses Verhalten als vollkommen normal angesehen, Freundschaften werden da nicht mehr geschlossen. Auch das gehört zur Wahrheit.
Der Weg als Unternehmer in die Selbstständigkeit
Rückblickend stelle ich für mich fest, dass sich etwa alle zwei Jahre eine Veränderung eingestellt hat. Dieses Muster ergab sich aus dem ständigen Hunger nach Neuem und dem Willen zur Gestaltung. Mit einer schnellen Auffassungsgabe habe ich Probleme erkannt und versucht, sie zu lösen. Dieses hohe Tempo hat viele in meinem Umfeld überfordert – Mitarbeiter, Kollegen und manchmal auch meine Chefs, letztendlich alle etablierten Strukturen in den Unternehmen. Sie fühlten sich zuweilen regelrecht überfahren. Damit wurde der Weg als Firmengründer in die Selbstständigkeit quasi zur Selbstverständlichkeit. Wenn ich andere Firmen berate, dann ist meine Geschwindigkeit mein größter Trumpf - denn genau das wird von mir ja erwartet. So habe ich die für mich passende Beratungslücke entdeckt und schon nach sehr kurzer Zeit erfolgreich besetzen können.
Der Gesellschaft etwas zurückgeben
Wenige bekommen die Chance, ohne Studium so eine Karriere zu machen. Mir wurde von meinen Mentoren schon früh viel zugetraut. Für das Vertrauen und die daraus resultierten Momente bin ich sehr dankbar. Sicherlich - mein Wille und mein Fleiß waren wichtig für meine Karriere. Aber ohne meine Familie, meine Eltern und meine Partnerin, die bedingungslos zu mir gestanden haben, wäre mein Leben vielleicht anders verlaufen.
Meine beruflichen Ziele habe ich damit weitgehend erreicht: Ich kann agieren und gestalten, wie ich es für richtig halte. Das wird mich auf Dauer aber nicht befriedigen – daher denke ich schon über den nächsten Schritt nach. Das könnte die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung sein, um der Gesellschaft etwas von dem zurückzugeben, was sie mir ermöglicht hat. Denn ich hatte großes Glück, dass mich großartige Menschen auf den richtigen Weg gebracht haben. Das möchte ich auch anderen ermöglichen.
