Kündigungsschutz Der Preis des Chefseins

Die Bezeichnung "Leitender Angestellte" hat nicht nur Vorteile
Die Bezeichnung "Leitender Angestellte" hat nicht nur Vorteile
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"Leitender Angestellter" klingt besser als Angestellter. Bei der Kündigung ist diese Bezeichnung jedoch nicht vorteilhaft für den Arbeitnehmer. stern.de-Experte Ulf Weigelt sagt, wann und warum Angestellte das Adjektiv "leitend" verweigern sollten.

Leitende Angestellte haben in der Belegschaft eine Sonderstellung - immerhin zählen ihre Aufgaben zur Unternehmensführung und sie können anderen Mitarbeitern Anweisungen geben. Diese herausgehobene Stellung ist für leitende Angestellte aber im Falle einer Kündigung ein Nachteil.

Weniger Schutz als "einfache" Arbeiter

Während "einfache" Arbeitnehmer, durch das Bestandsschutzprinzip geschützt werden und so um ihre Weiterbeschäftigung kämpfen können, profitieren leitende Angestellte davon nicht. Zwar gilt auch für sie das Kündigungsschutzgesetz, bei ihnen bietet es aber nur eingeschränkten Schutz. So können Chefs die Arbeitsverhältnisse leitender Angestellter trotz sozial ungerechtfertigter Kündigungen einseitig beenden - und müssen das nicht einmal begründen.

Nicht verwunderlich also, dass in der Praxis hart um die Frage gerungen wird, wann ein Mitarbeiter ein leitender Angestellter ist. Es gibt sogar nicht wenige Fälle, in denen gewiefte Arbeitgeber zunächst ihre Angestellten in leitende Angestelltenverhältnisse hieven, um sie dann nach einer Anstandszeit zu "entsorgen".

Leitende Angestellte handeln eigenverantwortlich

Abgeleitet aus dem Kündigungsschutzgesetz lässt sich durch einige Fragen die Trennung zwischen einfachen und leitenden Angestellten vornehmen:
• Führt der fragliche Mitarbeiter im Auftrag der Unternehmensleitung oder des Eigentümers wirklich eigenverantwortlich einen abgrenzbaren Teil des Unternehmens - personell und wirtschaftlich?
• Nimmt er bedeutungsvolle unternehmerische Teilaufgaben wahr und ist er dabei entscheidungsbefugt?
Für einen angestellten Geschäftsführer sind diese Fragen schnell positiv beantwortet. Aber schon bei einem nominellen Betriebsleiter können die Antworten darauf unterschiedlich ausfallen.

Entscheidend ist in der Regel die selbstständige Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis für eine bedeutende, abgeschlossene Zahl von Arbeitnehmern. Diese sollen für das Unternehmen von wesentlichem Format sein, eine Teilbefugnis für beispielsweise Aushilfen zählt also nicht. Auch muss die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägen und die Führungsarbeit einen wesentlichen Bestandteil der Tätigkeit ausmachen. Es genügt nicht, dass entsprechende Maßnahmen von Fall zu Fall von der Unternehmensleitung toleriert werden.

Auflösungsvertrag mit Voraussetzungen

Zur Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit einem leitenden Angestellten stellt der Arbeitgeber einen so genannten arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag im Prozess. Dieser muss gewisse Voraussetzungen erfüllen. So dürfen sich die Beteiligten vor Gericht nicht allein um eine außerordentliche Kündigung streiten. Allerdings kann der Arbeitgeber hier einen Kunstgriff wählen, indem er vorsorglich auch ordentlich kündigt.

Das Gericht setzt dann den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses fest. Es endet zu dem Termin, an dem es bei gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Der Arbeitgeber kann den Auflösungsantrag grundsätzlich bis zur letzten Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht im Berufungsverfahren stellen.

Der Sachbuchautor Ulf Weigelt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Weigelt & Ziegler in Berlin-Prenzlauer Berg.

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