In dem seit mehr als vier Wochen anhaltenden Arbeitskampf der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gegen längere Arbeitszeiten hat die Gewerkschaft Verdi ihre Bereitschaft zu Verhandlungen unterstrichen. Verdi-Chef Frank Bsirske sagte am Montag auf einer Kundgebung vor mehreren tausend Gewerkschaftern in der Stuttgarter Innenstadt, "wir sind jederzeit verhandlungsbereit." Die Arbeitgeber der Kommunen und der Länder sprächen jedoch nicht mit einer Stimme, kritisierte Bsirkse. Einige Vertreter der Arbeitgeber "gießen immer wieder Öl ins Feuer".
Den jüngsten Vorschlag von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) nannte der Verdi-Chef "hammerhart". Althaus hatte am Wochenende für einen deutlichen Personalabbau und eine Anhebung der Wochenarbeitszeit für öffentliche Angestellte auf 42 Stunden plädiert. "Dann stehen noch mehr Menschen auf der Straße", sagte Bsirkse.
Streik gegen die 42-Stunden-Woche
Die Dienstleistungsgewerkschaft will mit ihren vor vier Wochen in Baden-Württemberg begonnenen Streiks die Anhebung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst im Westen von 38,5 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich verhindern. In Thüringen sollen die Streiks gegen die Anhebung der dort noch geltenden 40-Stunden-Woche auf 42 Stunden am Dienstag anlaufen. Die Beamten in dem ostdeutschen Bundesland arbeiten bereits 42 Stunden pro Woche. Mit Thüringen wäre Verdi zufolge das elfte Bundesland im Streik. Angesichts der Schneemassen im Süden Deutschlands verzichtete Verdi unterdessen bei mehreren Straßenmeistereien auf Streiks. Sechs bayerische Autobahnmeistereien blieben jedoch im Ausstand. "In allen Streikbereichen stellen Notdienste die Entschärfung von Gefahrenstellen und neuralgischen Punkten sicher", sagte ein Gewerkschaftsvertreter.
Begleitet von einer Protestdemonstration hat am Montag in Augsburg die zweiten Runde der Tarifverhandlungen für die rund 710.000 Beschäftigten der bayerischen Metall- und Elektroindustrie begonnen. Die IG Metall fordert fünf Prozent mehr Geld, die Arbeitgeber gingen ohne konkretes Angebot in die Verhandlungen. "Wir wollen erst die Detailforderungen der Gewerkschaft kennen lernen", sagte Arbeitgeber-Verhandlungsführer Helmut Keese. Er nannte die Forderung der Gewerkschaft "beschäftigungsfeindlich".
38,5 Minuten Streik
In Hamburg haben am Montag rund 500 Beschäftigte der Bezirksämter mit einer Menschenkette um das Bezirksamt Mitte gegen eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit protestiert. Exakt 38,5 Minuten lang harrten die streikenden Landesbeschäftigten vor dem Bezirksamt aus. Damit wollten sie ihren Kampf um den Erhalt der 38,5-Stunden-Woche unterstreichen. Für Dienstagvormittag ist eine Kundgebung vor dem Harburger Rathaus geplant, sagte Verdi-Nord-Sprecherin Sabine Bauer.
Für Freitag ist erneut ein Spitzengespräch der Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit Verdi geplant. Für die kommunalen Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gibt es bislang nur einen Tarifabschluss in Hamburg. Diesem in der vergangenen Woche gefundenen Kompromiss werden jedoch keine großen Chancen auf eine Übernahme in anderen Tarifbezirken eingeräumt. Die Gewerkschaft wendet sich mit dem größten Arbeitskampf seit 14 Jahren gegen längere Arbeitszeiten. Diese kosteten mehreren Tausend Beschäftigten den Arbeitsplatz, befürchtet Verdi.
Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) hatte als einer der Verhandlungsführer der Länder am Wochenende Kompromissbereitschaft signalisiert. "Ich will den Interessenausgleich", hatte er in einem Interview gesagt. Der niedersächsische Finanzminister und Länder-Verhandlungsführer Hartmut Möllring (CDU) hatte sich in den vergangenen Tagen hingegen unnachgiebig gezeigt.