Frage: "Seit Corona fühle ich mich irgendwie orientierungslos. Mir ist klargeworden, dass wir so vieles gar nicht steuern können und dass einiges auch weniger relevant ist, als ich vorher dachte – vor allem in Bezug auf meine Arbeit. Ich frage mich, wie es für mich weitergehen soll. Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, etwas muss sich ändern."
Krisen wie die aktuelle Pandemie erschüttern unser Leben, wie wir es kennen. Sie rütteln Dinge auf, die schon lange festgefahren waren, und fördern verborgene Persönlichkeitsanteile und Lebensthemen zutage, die im Alltagstrott seit einer Weile übersehen wurden. Das ist zunächst unangenehm , bietet uns aber auch viele Chancen. Ich zeige Ihnen verschiedene Blickwinkel, mit denen Sie die Krise zur Neuorientierung nutzen können.

Warum Sie in Krisen die richtigen Entscheidungen treffen
Ausnahmesituationen bringen uns dazu, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: Das Aufregen über Kleinigkeiten wird nichtig – stattdessen setzen wir unsere Prioritäten neu, entdecken wieder unsere wahren Werte, nehmen eigene Bedürfnisse verstärkt wahr und lernen unser "normales" Leben vor der Krise zu schätzen. Uns wird klar: Eigentlich geht es uns im weltweiten Vergleich ziemlich gut. Und das öffnet den Blick für das, was wir wirklich wollen: Bei Entscheidungen, die wir jetzt treffen, lassen wir uns weniger von Nebensächlichem ablenken, sondern werden im Angesicht der Gefahr mutiger und kompromissloser in unseren Wünschen. Das führt zu selbstbewussten, ehrlichen Entschlüssen! Wenn Sie es schaffen, mit negativen Gefühlen wie Angst und Unsicherheit umzugehen, kann die Krise also dafür sorgen, dass Sie besonders authentisch entscheiden.
Sich das Gefühl von Kontrolle zurückholen
Etwas kontrollieren zu können, verleiht uns ein Gefühl von Sicherheit – können wir die Zukunft "vorhersagen", fühlen wir uns in der Gegenwart geborgen. Die derzeitige Lage nimmt uns das: Allen fehlt die Orientierung und die Zukunft ist ungewiss; wir können im Außen gerade wenig bis nichts kontrollieren. So bleibt uns nur übrig, unsere ersehnte Sicherheit über innere, psychische Stabilität zurückzuerobern. Und das gelingt, indem wir unser Leben passend zu unserer Persönlichkeit gestalten: Wer jetzt Pläne für sein eigenes (Berufs-)Leben schmiedet und Entscheidungen trifft, gewinnt ein Stück weit sein Kontrollgefühl zurück.
Das eigene Leben hinterfragen
Die Bedrohung durch die Pandemie rückt unser Leben in ein anderes Licht: Sie verdeutlicht uns, welche Werte uns wirklich wichtig sind – und wie viele Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten viele von uns in Deutschland eigentlich haben. Diese Erkenntnis führt zu einem Gefühl der Dankbarkeit. Auf dieser Basis ermutigt uns die Krise, unser bisheriges Leben zu hinterfragen und wirklich wichtige Fragen zu stellen: Wer bin ich, wer will ich sein, welches Leben will ich führen? Das Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit der Normalität lädt Sie dazu ein, tief in sich hineinzuhören, was Sie noch erreichen und wie Sie künftig leben möchten.
Mehr Mut in unwägbaren Zeiten
Während ohnehin alles unsicher ist, kann die Krise uns auch mutiger für radikale Entscheidungen werden lassen und in uns die Kraft für grundlegende Veränderungen freisetzen. Das kommt unter anderem daher, dass wir uns jetzt weniger an "sozialer Erwünschtheit" orientieren: In einer Zeit, in der fast jeder in seinen wichtigsten Lebensbereichen erschüttert wird und sich neu positionieren muss, macht uns die Frage "Was würden die anderen denken?" weniger Angst. So sind riesige Entwicklungssprünge möglich, ohne dass wir uns von Zweifeln und Kritik anderer abhalten lassen.
Zeit für Reflexion
Ein weiterer Effekt der Krise ist eine Art "Verlangsamung" unseres Lebens: Durch soziale Distanzierung sind wir auf uns selbst zurückgeworfen und haben automatisch mehr Zeit und Raum für Introspektion und inneren Dialog. Ohne die ständige "Busyness" unseres gewohnten Alltags tauchen Themen wie von selbst aus unserem Unbewussten in unsere bewusste Wahrnehmung auf. Verdrängtes, Sehnsüchte, Unzufriedenheit: Was unterdrückt oder vergessen war, kommt jetzt hoch – und damit die Frage, ob wir daran nicht endlich etwas ändern sollten.
Step by step: So analysieren Sie Ihren beruflichen Status Quo
Halten Sie Ihre Antworten auf die folgenden Fragen schriftlich fest:
- Wie zufrieden bin ich mit meinem Leben allgemein, wie sehr mit einzelnen Lebensbereichen (wie Job, Beziehung, Familie, Freundschaften oder Gesundheit)?
- Pro und Contra: Welche Punkte sprechen für meinen aktuellen Job, welche dagegen?
- Welche (beruflichen) Werte sind mir wichtig? Sind diese bei meiner aktuellen Arbeit erfüllt?
- Kommen meine Talente und Fähigkeiten in meinem Job zum Einsatz? Oder erledige ich vorwiegend Aufgaben, die mir schwerfallen?
- Kann ich mich in meinem Job authentisch zeigen, wie ich wirklich bin, oder muss ich mich eher verstellen?
- Angenommen, weder Angst noch Geld würden eine Rolle spielen: Welcher Tätigkeit würde ich dann nachgehen? Was davon könnte ich künftig realistisch umsetzen?
Lassen Sie Ihre Erkenntnisse auf sich wirken und ziehen Sie dann die entsprechenden Schlüsse. Entweder ist Ihr Job nicht mehr das Richtige für Sie und Sie sollten sich in eine andere Richtung neu orientieren. Oder der Beruf passt prinzipiell schon zu Ihnen, nur könnten ein paar Abwandlungen dafür sorgen, dass Sie noch produktiver und erfüllter arbeiten. Oder vielleicht finden Sie heraus, dass es eher andere Lebensbereiche sind, in denen Sie etwas verändern möchten.
Sie müssen nicht sofort handeln
Warum Sie jetzt, mitten in der Krise, unbedingt mutige Karriereentscheidungen treffen sollten, habe ich bereits erklärt. Selbstverständlich können und müssen Sie jedoch nicht sofort entsprechend handeln. In vielen Bereichen sind die Arbeitsbedingungen gerade Einschränkungen unterworfen, sodass die ganz großen Veränderungen wie ein Branchenwechsel oder ein Schritt in die Selbstständigkeit besser nicht in den nächsten Wochen realisiert werden sollten. Trotzdem empfehle ich Ihnen, Ihre Karriereentscheidungen jetzt zu treffen, da es Sie ungemein motivieren wird und Sie diese Energie in die Vorbereitung stecken können, während das restliche Leben "auf Sparflamme" läuft. Eine Vision Ihrer beruflichen Zukunft verleiht Ihnen außerdem Kraft, um leichter durch diese Zeit zu kommen und hoffnungsvoll auf das Leben "nach Corona" zu blicken.